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Ein Festival der digitalen Überraschungen

©VOL.AT/Steurer
Nachdem die Interactive West im vergangenen Jahr coronabedingt digital stattfand, wurde heuer die Rückkehr auf die große Bühne im Messequartier Dornbirn gefeiert.
Das war die #IAW21
Das war die #IAW21 II

Über 650 Teilnehmer begaben sich dabei mit auf die Reise in die digitale Welt. „Digitalisierung und Transformation gehören zusammen. Wir wollen Digitales greifbar machen“, betonte Moderator und Russmedia-Geschäftsführer Gerold Riedmann bei der Begrüßung.

Überraschendes entdecken und sich endlich wieder persönlich auszutauschen - so das Credo des Digital-Festivals.

Umfage unter den Besuchern

Interviews mit den Ausstellern

DIE SPEAKER

Die Speaker, die auf der größten Digitalkonferenz im Bodenseeraum auftraten, spannten dabei einen breiten Bogen vom Wissenschaftskommunikator Martin Moder (Science Busters) über die Digitalexperten Martin Skoff (Microsoft), Christine Antlanger-Winter (Google), Thomas Wlazik (TikTok) und „Miss LinkedIn“ Céline Willers über Keynote-Speaker Christoph Holz, Finanzexperte Pascal Egloff und Skisprunglegende Toni Innauer. Matthias Moosbrugger von der Rhomberg Bau Gruppe brachte den Baustellenroboter mit und Start-up Gründerin Clarissa Steurer (ClarissaKork) gab spannende Einblicke in ihre Tätigkeit.

Ein Blick hinter die Kulissen: Google-Chefin im Gespräch

Selbst der Tech-Gigant Google blieb von der Pandemie nicht verschont. Christine Antlanger-Winter, Chefin Google Österreichs, beschreibt im Podiumsgespräch wie ihre Mitarbeiter, die "Googler", im vergangenen Jahr auf Videokonferenzen und Hybrid-Lösungen zurückgreifen mussten. Im Heimbüro begann sie die Selbstständigkeit zu schätzen, nahm jedoch die Pandemie auch als Möglichkeit wahr, um Punkte wie Chancengleichheit und Female Empowerment im Unternehmen mittels internen Weiterbildungskursen anzugehen. Der Kontakt vor Ort sei bei der Unternehmenskultur jedoch nach wie vor unabdingbar: "Wenn Menschen physisch zusammenkommen, ob an den Kaffeemaschinen oder sonst im Büro, entstehen coole Ideen." Der kundenorientierte Innovationsprozess bei Google setzt derzeit vermehrt auf Nachhaltigkeit. In diesem Sinne wurden heuer beispielsweise Fahrradwege in Googles Navigationsapplikation implementiert.

"Trends entstehen auf TikTok"

"Niemand ist auf Tiktok falsch - der einzige Fehler einer Marke ist, keinen Account zu haben", schlussfolgert Charles Bahr. Der 19-jährige ist der diesjährige Überraschungsgast bei der Interactive West und wurde selbst mit viralen Hits auf TikTok berühmt. Mittlerweile arbeitet er dort als Strategic Partner Manager. Auch sein Kollege Thomas Wlazik, Managing Director TikTok Germany, schlägt in dieselbe Kerbe: "TikTok ist viel mehr als Tanzvideos, es gibt mittlerweile sehr diversen Content. Auch aktuelle gesellschaftliche Themen wie zum Beispiel Black Lives Matter hat sehr viel Aufmerksamkeit generiert." Trends entstehen auf TikTok, das sieht man an dem Lied "Wellerman", das derzeit im Radio rauf und runter gespielt wird. Ins Leben gerufen wurde es von einem 26-jährigen schottischen Postboten auf der Plattform. In Europa gibt es mittlerweile über 100 Millionen aktive Nutzer und der Unterschied zu anderen sozialen Netzwerken ist, dass es um den Inhalt und nicht um die Follower geht. Unternehmen machen sich das natürlich auch zu Nutze, denn TikTok fällt unter Langzeitunterhaltung und kann deshalb mit Netflix konkurrieren.

Menschen und Unternehmen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz

„Nicht Technologien verändern die Welt, sodern Menschen.“ Distopische Zukunftsvorstellungen wie aus der Matrix oder Terminator ist KI-Experte Armin Skoff skeptisch gegenüber: „Ohne den Menschen kann die künstliche Intelligenz nicht funktionieren.“ Nichtsdestotrotz bezeichnet der Marketing Advisor die Künstliche Intelligenz als wichtiger Bestandteil der Zukunft für Unternehmen jeglicher Branche. Die KI, welche selber immer dazulernt, helfe die Unmengen an Daten, die in der heutigen Zeit gesammelt und gespeichert werden, auszuwerten, um darauf die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Künstliche Intelligenz sei bereits Realität, jedoch vetrauen 49 % der österreichischen Geschäftsführern den artifiziellen Intelligenzen noch nicht über den Weg. Armin Skoff will an diesem Vertrauen arbeiten, auch wenn dies nicht von einem Tag auf den anderen geschehe.

Mitarbeiter als Influencer? Willkommen auf LinkedIN

Was vor drei Jahren im Studentenzimmer begonnen hatte, ist heute eine eigene Unternehmung: The People Branding Company. Durch Bildinhalte plaziert CEO Céline Willers gezielt Mitarbeiter und Geschäftsführer von Unternehmungen als Markenbotschafter auf LinkedIN, der führenden Plattform der professionellen Sozialen Medien. Ihre viralen, sekundenlangen Videos sollten dabei aussagekräftiger sein, als eine gewöhnliche Pressemitteilung, da die Mitarbeiter insgesamt über eine höhere Reichweite verfügen, als die Unternehmen selbst. Dies aus dem einfachen Grund, da Benutzer der digitalen Plattform lieber anderen Menschen Aufmerksamkeit schenken als Nutzerkonten von Unternehmungen. Authentizität sei dabei der Schlüssel, um sich von der Masse abzuheben und somit seine Reichweite zu vergrössern. Ein mittlerweile alltägliches Smartphone reiche dabei volkommen aus, um die Inhalte zu produzieren und ins Netz zu stellen. Firmen sollten vielmehr auf interne Weiterbildungen setzten, um den Angestellten beizubringen, das Unternehmen angemessen auf LinkedIN zu vertreten, denn die Plattform sei gerade dabei richtig durchzustarten.

(c) Sams

Von der Skisprunglegende zum Start-up-Unternehmer

„Prozessorientiert arbeiten ist die Lösung. Wenn man nur ergebnis­orient arbeitet, kann das blockieren. Man muss den Prozess lieben. Bei den Olympischen Spielen habe ich mich damals nicht auf die Goldmedaille konzentriert, ich habe mich gefreut nach vier Jahren endlich wieder das tun können, was mir am meisten Spaß macht“, erzählt Toni Innauer über seine erfolgreiche Skispringerzeit. Mittlerweile ist der Vorarlberger noch viel mehr: Er schreibt Bücher, hält Vorträge über mentales Trainung und hat ein Start-up gegründet. Das Unternehmen Saphenus Medical Technology befasst sich mit Phantomschmerzen, denn Innauer weiß, wie sehr das blockieren kann. Er erzählt auf der Bühne über die Weiterentwicklung im Sport: „Wir sind damals ohne Sturzhelm und ohne Sicherheitsbindung gesprungen. Mittlerweile wird jeder kleine Wind ausgeglichen. Der Sport hat viele Branchen revolutioniert.“ Unter seiner Führung gab es das erste Mal einen ÖSV Trainer Pointner, der mit Daten arbeitete und diese erfassen und weiterverarbeiten konnte. Das betraf auch die Zeit der Superadler. Seit 2010 hat er sich aber vom ÖSV zurückgezogen und konzentriert sich nun auf sein eigenes Business.

(c) Sams

Bitcoin & Digitalwährungen: Hype oder Innovation?

Blockchain, Bitcoin und Co. sind momentan in aller Munde, die Begriffe wahrhaftig verstehen tun aber nur die Wenigsten. Professor Ernesto Turnes bringt mit seiner Präsentation an der IAW Licht ins Dunkel und klärt das Publikum über den Krypto-Hype auf. Er hält fest, dass es sich bei der Blockchaintechnologie um eine Dezentrale-Transaktionsdatenbank handelt. Kurz bedeutet dies, dass für die Überprüfung von Transaktionen keine Zentrale, keine Bank mehr nötig ist. Bei der Blockchain handle es sich ferner um eine Infrastruktur, die Applikationen kommen dagegen in Form von Digitalwährungen daher. Nebst dem Bitcoin existieren weltweit über 11.000 Kryptowährungen. Zukünftig sieht Turnes ein dezentralisierter Finanzmarkt vor. Das Eingehen von Kreditgeschäfte, Abschliessen von Versicherungen und Handel von Wertanlagen sollte dereinst digital ablaufen. Erreicht werde dies unter anderem durch Stabilität im Krypto-Markt, ökologischere Transaktionen und eine digitale Identität. Am Ende seines Referats hält der Schweizer Professor fest: „Ja es gibt einen Hype in dieser Bewegung, aber es entsteht etwas, was auch in Zukunft Bestand hat.“

(c) Sams

Ein Hund, vor dem niemand Angst hat

Normalerweise ist Roboterhund Spot weniger auf Bühnen und mehr auf Baustellen unterwegs. Aber auf der Bühne der Interactive West fühlt er sich sichtlich wohl und vollführt einige Kunststücke bei seiner Präsentation. Diese wird von Matthias Moosbrugger, Mitglied der Geschäftsleitung von Rhomberg Bau, durchgeführt. Seit August 2020 hilft Spot tatkräftig auf den Baustellen in Vorarlberg mit und sammelt Daten. Entwickelt wurde der elektronische Vierbeiner in Zusammenarbeit mit der Rhomberg Bau Gruppe, Microsoft und Swisscom, denn Moosbrugger ist sich sicher: „Daten und Kreativität sind die Zukunft.“ Es wurde eine Toolbox entwickelt und je nach Belieben kann diese für diverse Baustellen abgewandelt werden. Der erste Einsatz für Spot erfolgte in einer Tunnelbahnbaustelle: Da dort das mobile Netz nicht ausreichend funktionierte, wurde der Roboter konzipiert, um die Daten zu speichern und später in einer Cloud hochzuladen. „Spot war für uns ein Perspektivenwechsel, um einen anderen Blick auf unsere Themen zu bekommen. Mit Technologie können wir Ressourcenschonung stark vorantreiben“, erzählt Moosbrugger und macht damit auch auf den Nachhaltigkeitsgedanken hinter dem Roboterhund aufmerksam. Die Datenverarbeitung stellt nämlich ein eigenes Geschäftsmodell dar, mit der Bauindustrie hat das nichts mehr zu tun. So können sich Unternehmen auch mehrere Standbeine aufbauen. Der Eyecatcher beweist später noch, dass er mit einem Gewicht von rund 30 Kilogramm beladen werden kann und serviert den Besuchern in der Pause die Getränke auf seinem Rücken.

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Der digitale Revolutionär aus Tirol

Der Auftritt von Christoph Holz beginnt schon skurril: Er kommt auf einem Segway-Ninebot angefahren. Ein Gerät, auf das man sich hinaufstellt und nur mit dem Körpergewicht steuert. Der Tiroler hält immer wieder Ted Talks auf YouTube, die schon Millionen von Zugriffen aufweisen. Bei seinem Ted Talk auf der Interactive West Bühne wiederum gibt er viele private Anekdoten zum Besten und schlachtet allerlei Klischees aus. „Zeige mir die Software, die du verwendest, und ich sage dir wer du wirst.“ Das ist die Devise von Christoph Holz und er ist davon überzeugt, dass wir Augenhöhe herstellen müssen, damit es eine gute digitale Revolution wird. Worin genau diese Augenhöhe besteht, führt er nicht weiter aus. Holz bringt noch einige weitere Gedankenbeispiele wie zum Beispiel „Antivirus Software gegen Pandemie“ oder „Gesundheit ohne Krankenhaus“ auf die Bühne. Holz ist davon überzeugt, dass es eine neue digitale Infrastruktur gibt, um Beziehungen zu pflegen: das Smartphone. Durch diese Verknüpfung wäre es wohl egal, ob man seine Zeit in der Stadt oder am Land verbringt.

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Kork-Teppiche made im Bregenzerwald

Die Vorarlberger Start-up Queen Clarissa Steurer hat ihr Unternehmen vor allem über Social Media aufgezogen. „Uns war bewusst, dass es in Vorarlberg nicht genug Kunden für unsere Strategie gibt. Deswegen haben wir von Beginn an auf Instagram und Influencer als wichtigstes Marketinginstrument gesetzt“, erzählt die Vorarlbergerin. Sie betreibt mittlerweile eine eigene Manufaktur, auch wenn das zuerst anders geplant war. Aber um die Qualität halten zu können, hat sie das selbst in die Hand genommen. Und das durchaus erfolgreich: bis Ende des Jahres rechnet die ClarissaKORK GmbH mit einem Umsatz von zwei Millionen Euro. Pro Tag werden rund 50 Pakete von Steurer und ihrem Team verpackt und versendet. Anfang des Jahres war sie bei der Sendung „2 Minuten 2 Millionen“ zu Gast. Die Unternehmer wollten in sie investieren, aber schlussendlich hat Steurer abgelehnt, um sich und ihrem Unternehmen treu bleiben zu können. Für die Zukunft plant sie, in den skandinavischen und italienischen Markt einzusteigen. Für Start-ups sieht sie gute Startbedingungen: „Wir haben super Experten im Ländle.“

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Digitalpreis für Landeswarnzentrale

Dornbirn Philipp Bachmann von der Landeswarnzentrale erhielt den ersten Vorarlberger Digitalpreis für die Umsetzung der Corona-Test- und Impf-Abwicklungsplattform. Auf der IAW-Bühne erzählte er von den Anfängen. „Zu Beginn der Pandemie ging es darum, wie können wir so effizient wie möglich testen?“ Für Landeshauptmann Markus Wallner war es eine Frage des Tempos. „Wir haben nie analog gedacht. Es war noch nie so wichtig, schnell zu sein.“

Land will Universität nach Vorarlberg holen

Bei der Digitalkonferenz Interactive West hatte Wirtschaftskammerpräsident Hans Peter Metzler eine spannende Nachricht im Gepäck: In Vorarlberg soll es bald ein Forschungsinstitut der HSG St. Gallen geben. Träger sind das Land, die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung. Zwei Stiftungsprofessuren, unter anderem für „School of computing science“ sollen die Eckpunkte bilden. Landeshauptmann Markus Wallner bestätigt die Pläne. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir wollen das aber gemeinsam mit der Wirtschaft machen.“ Gespräche mit Unternehmen dazu würden laufen. „Ohne dieses Commitment geht es nicht.“

(c) Sams

(VN/red)

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