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Ein Duo segelte in die Rekordbücher

Hohenems - Ländle-Segelflieger Werner Amann und Heinz Hämmerle erzielten neue Bestmarken im Streckenflug.
Fakten der Rekord-Flieger
Segelflieger auf Redkordjagd

Segelfliegen bedeutet, ein Flugzeug ohne jegliche Art eines Motors in einem Gleitflug zu bewegen. Dieser motorlose Flug unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Steuerung anderer Luftfahrzeuge. Jedes Flugzeug mit Flügelflächen kann gleiten. Dies bedeutet, dass die aus Eigengewicht und der Ausgangshöhe resultierende potenzielle Energie des Flugzeugs für den Vortrieb genutzt wird. Je nach vorhandener Höhe, Fluggewicht und aerodynamischer Qualität des Flugzeugs kann man unterschiedlich weit fliegen. Neben dem Know-how der Aerodynamik sind auch Kenntnisse der Meteorologie und der Auswirkungen der Topologie erforderlich. Zwei Vorarlberger, die mit diesen Tugenden seit vielen Jahren bestens vertraut sind, sind Werner Amann (SFG Hohen­ems) und Heinz Hämmerle (SFG Dornbirn).

Ideale Bedingungen für Rekordjagd

Vor rund zwei Wochen, genau am Freitag, dem 26. August, nutzten die beiden Ländle-Piloten die ausgezeichneten Flugbedingungen zu Rekorden. Amann: „Ich hatte schon längere Zeit das Wetter beobachtet und hatte am Tag zuvor schon ein gutes Gefühl, dass der 26. August zu einem Rekordtag werden könnte.“ Kurz vor acht Uhr waren die Vorbereitungen getroffen, und nach dem Start am Flugplatz Hohenems klinkte sich der 41-jährige Amann auf Höhe des Hohen Kasten vom Schleppflugzeug ab. Von nun an lief die Rekordjagd. Zunächst nutzte Amann den Föhn und steuerte seinen Ventus 2cx nach Schänis im Westen des Walensees. Dort flog er den ersten der insgesamt sieben erlaubten Wendepunkte. Von nun an ging es Richtung Eisenerz, danach zurück nach Landeck, dann nach Aigen im Ennstal, ehe Amann die guten Windbedingungen über den Alpen nutzte und noch einmal Richtung Walensee steuerte, ehe es zurück zum Heimatflugplatz ging.

Am Ende zeigte das vorgeschriebene GPS unglaubliche 1559,4 Kilometer an. Damit gelang Amann eine neue österreichische Bestmarke, die zugleich auch Europarekord bedeutete. „Es war einfach unglaublich. Ich bin über zwölf Stunden in der Luft gewesen, doch von einer körperlichen Belastung war fast nichts zu spüren. Erst einige Stunden später ist mir bewusst geworden, welch genialer Flug mir gelungen war“, erklärt der Hohenemser. Die bisherige Höchstmarke von Amann lag bei 1425 Kilometern, aufgestellt am 6. September 2008. Mit dem neuen Rekord übernahm Amann auch die Spitze in der Staatsmeisterwertung 2011. Hier werden die drei besten Leistungen eines jeden Piloten in einer Saison gewertet, Abschluss ist am 30. September.

50-jähriges Flugjubiläum

Doch nicht nur Amann, auch der 68 Jahre alte Heinz Hämmerle erkannte frühzeitig die idealen Bedingungen am 26. August und unternahm ebenfalls einen Rekordflug. Vorarlbergs Doyen des Segelflugsports startete wenige Minuten nach Amann ebenfalls von Hohenems aus. Doch der in wenigen Tagen sein 50-jähriges Flugjubiläum feiernde Dornbirner nahm eine andere Route. Via Funk hatte er von Amann erfahren, dass für die deutlich leichtere Standardklasse die Windverhältnisse in der Schweiz nicht so ideal wären. Deshalb drehte Hämmerle von Walensee in Richtung Österreich ab, flog via Achensee, Schruns, Hieflau wieder zurück in die Nähe von Einsiedeln, machte eine Zusatzschleife nach St. Anton am Arlberg bzw. in Richtung St. Gallen und kehrte rechtzeitig vor dem „Sunset“, dem offiziellen Ende eines Flugtages, wieder zum Flughafen Hohenems zurück.

Am Ende standen 1292,5 Kilometer zu Buche, die dem Dornbirner ebenfalls einen neuen österreichischen und gleichzeitig europäischen Rekord einbrachten. „Die Bedingungen waren einfach perfekt, und es hat alles fast nach Wunsch geklappt“, betonte Hämmerle. Wäre der Dornbirner nach dem „Sunset“ – gleichbedeutend mit den Sonnenuntergang – gelandet oder wäre er an einem anderen Standort als dem Ausgangspunkt gelandet, hätte dies einen Punktabzug bedeutet. So aber darf sich der Aeroclub Vorarlberg über zwei neue Rekordflieger freuen. Und unisono erklärten sowohl Amann als auch Hämmerle, dass dies nicht der letzte Rekord gewesen sein soll.

Stichwort: Segelflug

Der Segelflug ist das motorlose Fliegen mit Segelflugzeugen, Motorseglern und Gleitflugzeugen. Bei dieser Art des Fliegens werden Aufwinde genutzt, deren Energie in Höhe und/oder Geschwindigkeit umgesetzt wird. Jedes Segelflugzeug muss beim Start zuerst mit fremder energetischer Hilfe auf eine gewisse Ausgangshöhe gebracht werden, bevor es selbstständig weiterfliegen kann. Auf den meisten Flugplätzen sind das Ausklinkhöhen zwischen 300 und 600 Meter. Nach dem Ausklinken des Schleppseils kann das Segelflugzeug ohne weiteren Antrieb im Gleitflug weiterfliegen. Dabei sinkt das Flugzeug je nach Bauart und Geschwindigkeit mit etwa 0,5 bis 2 m pro Sekunde. Bei großem „Saufen“ (fliegerdeutsch für „starkes Sinken“ der das Segelflugzeug umgebenden Luftmasse) oder bei sehr schnellem Flug kann das Segelflugzeug auch mit 5 bis 10 m pro Sekunde sinken.

Das Verhältnis von Horizontalgeschwindigkeit und Sinkgeschwindigkeit ist die Gleitzahl. Durch Nutzung natürlicher Energiequellen wie Thermik, Hangwind oder Leewellen kann das Segelflugzeug an Höhe gewinnen (bei engen Aufwinden im sogenannten „Kurbeln“, bei günstigen Aufwindaufreihungen aber auch im Geradeausflug). Dieser Höhengewinn ermöglicht dem Segelflieger, längere Zeit in der Luft zu bleiben und im Gleitflug einen weiteren Aufwind zu erreichen. Bei entsprechender Wetterlage sind Flüge von mehreren Stunden Dauer und Streckenflüge von über 1000 km, in einigen besonders geeigneten Gebieten wie beispielsweise den Anden auch bis zum derzeitigen Rekord von 3000 km Distanz möglich.

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