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Ein Dornbirner in Shanghai: So bekämpft China Corona

Kommunikationsprofi Bernhard Hagen aus Dornbirn lebt und arbeitet seit 2008 in Shanghai.
Kommunikationsprofi Bernhard Hagen aus Dornbirn lebt und arbeitet seit 2008 in Shanghai. ©handout/Hagen
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Seit 2008 lebt und arbeitet Kommunikationsberater Bernhard Hagen (41) in der chinesischen Metropole. Im VOL.AT-Interview spricht der Dornbirner über seinen Alltag, die neue Normalität in der Volksrepublik und seine Impfung mit dem chinesischen Vakzin Sinovac.

VOL.AT: Wie lange bist du schon in Asien tätig, wieso hat es dich nach Shanghai verschlagen?

Bernhard Hagen: Ich habe 2008 ein Jobangebot in Shanghai angenommen. Damals war ich für den Aufbau der Medienarbeit beim Swiss Center Shanghai zuständig und bin mit vielen Unternehmen in Kontakt gekommen. Die meisten hatten ähnliche Problemstellungen: eine im Vergleich zu den Heimatmärkten geringe Bekanntheit, zu wenig Sichtbarkeit in chinesischen Medien, eine starke asiatische Konkurrenz. Da entstand die Idee, europäischen Firmen in der Medien- und Social Media Arbeit in Asien unter die Arme zu greifen. 2009 habe ich Hagen PR gegründet.

VOL.AT: Wie hat sich deine Sicht auf China oder Asien seit Anbeginn der Pandemie verändert?

Bernhard Hagen: Eigentlich gar nicht. Viele asiatischen Länder haben effizientes Krisenmanagement gezeigt – Taiwan, Singapur, Vietnam, Thailand, auch andere. In China war die erste Reaktion die Unterdrückung von Ärzten, die gewarnt haben. Dann wurden Wuhan und andere Teile Hubeis von der Außenwelt abgeschnitten, mit allen Vor- und Nachteilen.

VOL.AT: Inwiefern unterscheidet sich die chinesische Strategie der Corona-Bekämpfung vom Rest der Welt?

Bernhard Hagen: Die Einreise-Kontrollen sind extrem streng. Wenn überhaupt, kann man nur mit mehreren Tests und verpflichtender zweiwöchiger Quarantäne einreisen. Es kam dennoch zu vereinzelten lokalen Ansteckungen, zum Beispiel durch Flughafenpersonal. Dann wurden in kürzester Zeit Zigtausende getestet und ganze Stadtviertel abgesperrt, um eine Ausbreitung zu verhindern. Contact Tracing wird großgeschrieben. QR-Codes in Handy-Apps zeigen an, ob man sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Reisen innerhalb Chinas sind nur mit grünem QR-Code problemlos möglich.

VOL.AT: Außerhalb von China scheint es, als ob die Volksrepublik das Virus größtenteils unter Kontrolle hätte. Welchen Eindruck hast du persönlich? Ist das Leben auf die Straßen Chinas vollumfänglich zurückgekehrt?

Bernhard Hagen: Ja, es herrscht weitgehend Normalität. Fürs erste geblieben ist die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und der angesprochene QR-Code. Aber es gibt wieder Konzerte und Marathonläufe mit tausenden Teilnehmern. Restaurants und Bars sind seit einem Jahr ganz normal geöffnet. Das zeigt schon, dass vieles auch gut gemanagt wurde.

VOL.AT: Wie reagiert die Bevölkerung auf die Maßnahmen?

Bernhard Hagen: Masken werden selbstverständlich getragen, da gibt es keinen Widerstand. Auch vor der Pandemie war es z.B. normal, dass Erkältete eine Maske tragen, um niemanden anzustecken. Oder aber bei schlechter Luft. Ich glaube, die Mehrheit hier ist mit dem Covid-Management der Regierung zufrieden.

VOL.AT: Du wurdest mit dem chinesischen Impfstoff Sinovac geimpft. Hattest du Bedenken?

Bernhard Hagen: Nein. Und auch keine Auswahl.

VOL.AT: Wirtschaftlich schlägst du Brücken zwischen Europa und China. Was hat sich durch die neuen Sanktionen verändert?

Bernhard Hagen: Wegen der Pandemie war 2020 für viele europäische Firmen in China kein einfaches Jahr. Es gab stagnierende Nachfrage, kaum Produktneuheiten. Aber das zieht schon wieder merklich an. Chinas Wirtschaftsmotor brummt, es wird kräftig importiert und exportiert. UBS geht für 2021 von einem chinesischen BIP-Wachstum von 9 Prozent im Jahresvergleich aus!

VOL.AT: Denkt man an diverse Rohstoffe, wie z.B. in der Halbleiter-Industrie, hängt die Welt quasi am Rockzipfel Chinas. Wie beurteilst du generell die aktuelle Dynamik auf dem Weltmarkt?

Bernhard Hagen: Experten rechnen damit, dass China schon vor 2030 zur größten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen wird. Aber die chinesische Wirtschaft wächst nicht nur, sie wandelt sich: China wird vom Billigproduzenten zum Innovator, wobei der Westen in den meisten Hightech-Industrien noch klar vorne liegt. Durch die rasch wachsende und kaufkräftige Mittelschicht wird China als Absatzmarkt immer wichtiger. In Branchen, in denen unsere Kunden tätig sind, ist China ein dynamischer Markt und wichtiger Handelspartner, mit steigender Nachfrage nach qualitativ anspruchsvollen Produkten und Dienstleistungen.


VOL.AT: Wer wird deiner Meinung nach auf internationaler Ebene am stärksten aus der Krise kommen?

Bernhard Hagen: China war 2020 die einzige große Volkswirtschaft, die trotz Covid-19 ein leichtes Wirtschaftswachstum verzeichnet hat. Chinas Außenhandel im ersten Quartal 2021 boomt. Aber auch in den USA und anderen westlichen Volkswirtschaften gibt es guten Grund zu Optimismus.

(VOL.AT)

Weitere Infos zur Corona-Pandemie im VOL.AT-Special.

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