AA

Ein Don Giovanni als Leporello - Erwin Schrott debütiert in Salzburg

Seine Verlobte Anna Netrebko musste ihren Auftritt bei den Salzburger Festspielen wegen der Schwangerschaft mit dem gemeinsamen Sohn absagen. Erwin Schrott selbst steht dort allerdings sehr wohl auf der Bühne, statt in seiner Paraderolle als Don Giovanni allerdings als dessen spitzfindiger Diener Leporello.

Auch für diese Partie streute die Kritik dem aus Uruguay stammenden Bassbariton bereits wortreich Rosen. Selten kommen Rezensionen oder Porträts jedoch ohne die Erwähnung des Offensichtlichen aus: Der schöne Latin-Lover, der bald seine nicht minder attraktive Operndiva heiraten wird.

In der Rolle der schwächeren Hälfte eines hübschen Opern-Traumpaares lässt sich Schrott allerdings ungern feiern. Für ihr Privatleben erbat sich das seit dem Jahreswechsel verlobte Paar immer wieder Ruhe, nachbohrende Fragen beantwortete Schrott stets diplomatisch. Sie seien ein ganz normales Paar, er koche gerne für sie und lerne langsam ein wenig Russisch, solange sie nicht gemeinsam auf der Bühne stünden, ginge ihre Beziehung niemanden etwas an. Mit Bekanntwerden der Schwangerschaft im Februar und Netrebkos Absage für Gounods “Romeo et Juliette” hat das Paar allerdings wieder jede Menge Gesprächsstoff geliefert – bis zur für September erwarteten Geburt sollte er jedenfalls reichen.

Denn schließlich kann Erwin Schrott auch singen. Seine Stimme, die passenderweise gern mit Prädikaten wie “sinnlich”, “dunkel” oder gar schlicht “männlich” geschmückt wird, verhalf dem 1972 in Montevideo geborenen Schrott ab 1998 zu einer steilen Karriere. 22-jährig hatte er in seiner uruguayischen Heimatstadt als Roucher in “Andrea Chenier” debütiert, ab 1996 studierte er in Italien, von wo aus er bei einer Reihe von Debüts an wichtigen Opernhäusern internationale Beachtung errang. In Wien absolvierte er seinen ersten Auftritt im März 1999 als Banquo in “Macbeth”, eine Partie, mit der er auch den “Operalia”-Wettbewerb Placido Domingos im Jahr 1998 gewann.

2003 sang er in den USA zum ersten Mal jene Rolle, in der er bald am gefragtesten wurde: als “verführerischster und witzigster Don Giovanni”, den die “New York Times” je gesehen hatte. Statt dem ruchlosen Verführer verkörpert Schrott bei seinem Debüt in Salzburg allerdings dessen Diener Leporello. Ein “Riesenspaß”, wie er in der aktuellen Ausgabe des Magazins “News” bekennt. “Der Dienercharakter ist verzwickter – drei Akte voller Freude, Angst, Wut. Die menschliche Natur eben, die Don Giovanni mit seinem teuflischen Charakter fehlt.” Seinen Leporello, den er “pfiffiger und aufrichtiger als Don Giovanni” empfindet, konnte man bereits in Wien hören, einen Vorgeschmack bietet auch seine erste CD, die soeben bei Decca erschienen ist.

Beliebte Arien aus beiden Partien der Mozart-Oper, aber auch aus “Macbeth”, “Don Carlos”, “Faust” und “Figaros Hochzeit” bieten darauf einen breiten stimmlichen Eindruck abseits von bühnenerprobtem Sex-Appeal und machen mit mehreren Kostproben Vorfreude auf Oktober, wenn Schrott im Haus am Ring wieder den Figaro verkörpern wird. An der Metropolitan Opera, wo er die Spielzeit 07/08 mit dieser Rolle begann, ist Schrott in der kommenden Saison ebenso Stammgast wie in Wien – mit seiner Paraderolle, dem Don Giovanni. Der Verführer in New York, der verzweifelte Liebende in Wien, der heißblütige Stierkämpfer Escamillo (“Carmen”) an der Scala. Und in Salzburg dem Don Giovanni Christopher Maltman zu Diensten, statt selbst die hohe Kunst der Untreue zu zelebrieren. Schließlich steht seine Donna Anna auch nicht singend auf der Bühne, sondern klatschend im Publikum.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Kultur
  • Ein Don Giovanni als Leporello - Erwin Schrott debütiert in Salzburg