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Ein Büro wie ein Baum

©Petra Rainer
Zuerst konzipierte Architekt Reinhold Hammerer das Headquarter der SafeSide Consulting als ideales Büro im Plus-Energie-Standard. Dann fand sich dafür ein Grundstück im Zentrum von Ludesch: Dort steht nun ein lehmverputzter, zweistöckiger Quader mit einem auskragenden Solarzellendach, das wie eine Baumkrone wirkt. Es schützt die Fassade und schafft einen schattigen Zwischenraum für Balkone und lauschige Plätze.
Ein Büro wie ein Baum

Hier gibt es kein Gramm Styropor, das ist eines der besten Büros in Vorarlberg“, erklärt Michael Nicolussi stolz. Der Geschäftsführer der Safe Side Consulting GmbH ist kein Mann der faulen Kompromisse, sondern ein Überzeugungstäter. „Durch Freude an der Arbeit und Fachkomptenz begeistern wir unsere Kunden“, lautet der Grundsatz der Firma, die sich auf Sicherheit, Umwelt, Management und Weiterbildung spezialisiert hat. „Unsere Lösungen sind nicht kompliziert. Sie stehen auf dem Boden der Tatsachen und stellen die Arbeit in den Mittelpunkt.“ Als sich abzeichnete, dass das Unternehmen mit den angemieteten Büroflächen im Gemeindezentrum Ludesch von Hermann Kaufmann auf Dauer kein Auslangen finden würde, entschied sich Nicolussi für einen Neustart. Er beauftragte Architekt Reinhold Hammerer damit, das ideale Safe-Side-Headquarter zu konzipieren: in ihm sollten sich Grundwerte und Philosophie des Unternehmens gleichermaßen materialisieren.

Reinhold Hammerer arbeitet viel in der Schweiz, ist in Ludesch geboren und hat dort auch im Gemeindezentrum ein kleines Büro. „Für mich waren es ideale Bedingungen“, sagt der Architekt. „Mit diesem Headquarter haben wir einen Lebenstraum des Bauherren verwirklicht. Alle Grundwerte der Firma sind darin umgesetzt.“ Hammerer plante ein ökologisch einwandfreies, zweigeschoßiges Plus-Energiehaus, das allen zwölf SafeSide-Mitarbeitern mit angenehmem Raumklima, guter Akustik, wohlproportionierten Arbeitsplätzen, Besprechungsräumen und grünen Vorbereichen im Freien ein optimales Umfeld für professionelle Arbeit bietet. „Ich wollte, dass die Mitarbeiter sich wie zu Hause fühlen“, so Nicolussi. Also kein Großraumbüro, hier teilt man sich maximal zu zweit ein Zimmer. Sobald die Pläne fertig waren, ging der Bauherr damit zum Bürgermeister. Der bot ihm eine Parzelle an, die nur einen Steinwurf vom Gemeindezentrum entfernt ist. Nun steht dort ein Büro wie ein Baum in einem schön gestalteten Garten mit heimischen Pflanzen, Hölzern, Steinen und einem kleinen Biotop. Auch das bessert das Klima.

„Gute Architektur ist einfach, nachvollziehbar und hat eine Seele“, lautet das Credo von Reinhold Hammerer. „Den Körper um sie herum zu schaffen, ist eine konstruktive Aufgabe mit hohem funktionalem Anspruch. Es bedeutet aber auch Kommunikation und Dialog, denn das Haus baut Beziehungen auf.“ In den Proportionen, Grundrissen und Materalien dieses Büros drückt sich aus, dass das Wohlbefinden des Menschen hier im Mittelpunkt steht. Der 20 Meter lange, zwölf Meter breite und sieben Meter hohe Quader ist ganz mit Lehm verputzt. Dieses archaische, komplett recyclebare Baumaterial ist total ökologisch. Lehmputz isoliert gut, nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf, gibt sie nur langsam wieder ab, bindet Schadstoffe, verhindert Schimmelbildung, schützt vor Elektrosmog und ist daher atmosphärisch und raumklimatisch höchst wirksam. Mittels Besenstrich wurde ihm außerdem eine sehr feine, ansprechende Struktur verliehen. Als Putz an der Außenfassade aber ist Lehm sehr empfindlich: er kann von Wind, Regen und Schnee leicht abgetragen werden. Daher, und auch, um das Büro ausreichend zu beschatten und ihm gleichermaßen eine witterungsgeschützte, halb- öffentliche, auch klimatisch wirksame Pufferzone zwischen draußen und drinnen vorzuschalten, entwarf Hammerer ein übergroßes, auf drei Seiten je drei Meter, vor der Eingangsfassade im Südosten sogar sieben Meter weit auskragendes Flachdach. Es ist mit 288 semitransparenten Glasplatten belegt, von denen einige als Photovoltaik-Elemente ausgebildet sind. Sie erzeugen ökologisch hochwertige Energie.

An der Stahlkonstruktion, die dieses Dach trägt, ist im ersten Stock eine umlaufende Schicht mit verschiebbaren, gleichfalls lichtdurchlässigen Aluminiumpaneelen angebracht. Steht man also auf einem der Balkone vor den Chefbüros oder dem Besprechungsraum im ersten Stock, kann man sich damit unmittelbar Privatheit oder Schatten schaffen. Die Balkone sind beliebte Aufenthaltsbereiche im Freien.

Daten & Fakten

Objekt SafeSide Headquarter, Büro-/Seminargebäude, Ludesch
Eigentümer/Bauherr SafeSide Consulting GmbH, www.safeside.at
Architektur HAMMERER Architekten ztgmbh, Ludesch (A), Aarau (CH), www.hammerer.co
Statik UBC-GmbH, www.unternehmenbau.at
Fachplaner Bauphysik, Ökologie: Ökoberatung Bertsch, Ludesch, www.oekoberatung.at
Planung 12/2013–3/2015
Ausführung 4/2015–12/2015
Grundstück ca. 1200 m²
Nutzfläche ca. 400 m²
Bauweise: Stahlbetonbodenplatte auf Dämmschicht aus Recyclingglasschotter. Monoziegelmauerwerk 50 cm innen und außen mit Lehm verputzt. Stahlkonstruktion mit transluzentem Photovoltaik-Dach
Besonderheiten: Lehmputz innen und außen in Besenstrichoptik. Die Kombination aus transluzenten PV-Dachelementen, den Lochblechschiebeelementen und den Akustiklichtelementen garantieren ein hochwertiges Raumklima Sommer wie Winter.
Ausführung. Baumeister: Gort, Frastanz; Zimmerer: Holzbau Sutter, Ludesch Ort; Fenster: Tiefenthaler, Ludesch; Lehmputz: Preite Bürs; Photovoltaik-Anlage: Doma, Satteins; Bodenbeläge: Burtscher Böden Nüziders; Maler: Bitschnau Nüziders; Stahlbau: KM Design, Zirl; Elektro: Licht und Wärme Raggal; HLS: Egele, Vandans; Stühle: Reiter Rankweil; Tischler: Tischlerei Schneider Ludesch
Energiekennwert 15 kWh/m² im Jahr

Leben & Wohnen – Immobilienbeilage der VN

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