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Effekte-Spezialist lernt Hollywood das Sparen

Volker Engel will Hollywood das Sparen lehren. Der aus Deutschland stammende Effekte-Spezialist hat in den USA gerade den Action-Film „Coronado“ abgedreht.

Sein Streifen hat nur einen Bruchteil dessen gekostet, was die großen Studios normalerweise dafür ausgeben. Engels Rezept: Planung. Der Abenteuerfilm kommt voraussichtlich Mitte nächsten Jahres im deutschsprachigen Raum in die Kinos.

Der gebürtige Bremerhavener lebt und arbeitet seit sieben Jahren in den USA. Für den ebenfalls aus Deutschland stammenden Regisseur Roland Emmerich realisierte er die Effekte in „Universal Soldier“ und „Godzilla“. Für seine Spezialeffekte in „Independence Day“ bekam er 1997 als erster Nicht-Amerikaner einen Oscar als „Visual Effects Supervisor“.

Nach Jahren im Dienst großer Studios hatte der 1965 geborene Engel die Nase voll: „Meine Arbeit war eher organisatorisch als kreativ“, berichtet er beim Filmfestival eDIT in Frankfurt. „Ich raste mit dem Auto zwischen den Firmen herum, die an den Effekten beteiligt waren.“ Vor drei Jahren gründete Engel zusammen mit seinem Partner Marc Weigert eine eigene Produktionsfirma namens „Uncharted Territory“:
„Wir wollten beweisen, dass man einen hochwertigen Action-Film mit einem Catering-Budget machen kann.“ Der Film habe so viel gekostet, wie die großen Studios für das Essen ausgeben.

325 Leute hätten an den Effekten für „Independence Day“ gearbeitet, erzählt Engel, bei „Coronado“ seien es zwölf gewesen. Ein einzelner „Special Effects Shot“ kostet Engel zufolge in einem Hollywood-Blockbuster heutzutage zwischen 50.000 und 100.000 Dollar, bei „Coronado“ reichten 2000 Dollar pro Schuss. Wie viel der Film insgesamt gekostet hat, will der Produzent nicht sagen.

Die „Indiana Jones“-artige Geschichte kommt spektakulär daher:
Flugzeuge brechen aus Wasserfällen heraus, Holzbrücken im Dschungel knicken unter Lastwagen weg, Eisenbahnen rammen explodierende Jeeps von den Schienen, Tausende Rebellen schwören sich in einem verfallenen Maya-Tempel auf ihre Mission ein.

„Die Rebellen“, schmunzelt Engel, „das waren 30 Mann“. Erst der Computer setzte die Fackel schwingende Phalanx Reihe um Reihe hintereinander. Den Maya-Tempel baute sich die Postproduktions-Crew aus Versatzstücken zusammen: die Fassade ist ein Modell, die Pyramide die verwitterte Treppe eines Tennisplatzes, die verfallenen Säulen entstanden am Computer. Der Crash zwischen Zug und Jeep fand nie statt: nur der Zug ist real, der Jeep war vier Zentimeter groß. Da der Film komplett digital gedreht wurde, entfiel zudem das aufwendige Hin- und Herkopieren für die nachträgliche Bearbeitung. So konnten selbst Kamerafahrten nachgeahmt werden, die es nie gab.

Die Konkurrenz in Hollywood habe es zuerst gar nicht glauben können, dass solche Effekte mit so wenig Geld und mit so wenig Leuten möglich seien, berichtet eDIT-Kongressleiter Sebastian Popp: „Alle Fachleute haben das Budget zehn Mal so hoch geschätzt.“

Bedingung für eine solch schlanke Produktion ist, dass der Effekte-Supervisor von Anfang an in die Planung mit einbezogen ist. sagt Engel. Wenn Actionfilme billig sein sollen, müsse der Effekte-Supervisor schon beim Entstehen des Drehbuchs dabei sein und den Regisseuren ausreden, was später Löcher ins Budget reißt, ohne dass es den Film voranbringt. Die wichtigste Regel aber ist für Engel: Lange im Voraus gut zu planen. Eine deutsche Tugend für Hollywood? Naja, sagt er: „Das Planen habe ich von Roland Emmerich gelernt.“

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