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Durchbruch bei EU-Nahverkehrsrichtlinie

Die EU-Staaten haben neue Auftragsbestimmungen für den öffentlichen Nahverkehr beschlossen. Nach knapp sechsjährigen Verhandlungen einigten sich die EU-Verkehrsminister auf einen Kompromiss.

Der Kompromiss soll mehr Wettbewerb bei Bus, Straßenbahn und U-Bahn bringen. Der Kompromiss sei von einer überwältigenden Mehrheit unterstützt worden, sagte der amtierende Ratsvorsitzende, Verkehrsminister Hubert Gorbach. Lediglich Tschechien, Griechenland, Luxemburg und Malta enthielten sich der Stimme.

Für Österreich ändert sich durch die neue Verordnung vorerst wenig. In Ausnahmefällen, die etwa die Stadt Wien in Anspruch nehmen kann, müssen Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn-Linien auch weiterhin nicht ausgeschrieben werden. Eisenbahnlinien sind generell aus der Ausschreibungspflicht ausgenommen.

Bus-Angebot soll steigen

Nach dem Beschluss der neuen Nahverkehrsrichtlinie erwartet die EU-Kommission in Zukunft ein größeres Bus- und Bahnangebot im Nahverkehr. „Die neuen Regeln sollten es ermöglichen, den städtischen Öffentlichen Verkehr auszubauen“, sagte EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot in Luxemburg vor Journalisten. Auch Verkehrsminister Hubert Gorbach (B) sagte, die Attraktivität des Öffentlichen Nahverkehrs werde durch den zusätzlichen Wettbewerb gestärkt.

Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka (V) sagte nach dem Beschluss, dass die städtischen Nahverkehrsstrukturen in Österreich durch die neue EU-Verordnung nicht beeinträchtigt würden. Auch im Bus-Bereich werde es keine Veränderung geben. „Durch zahlreiche Ausnahmebestimmungen bleibt auch in Zukunft die österreichische Vielfalt in der klein- und mittelständischen Buswirtschaft erhalten“, so Kukacka.

Geregelt wird durch die neue Verordnung in erster Linie, wann die Behörden neue Bus-, Straßenbahn und U-Bahn-Linien ausschreiben müssen, damit sich mehr private Personenbeförderungsunternehmen für Nahverkehrsstrecken bewerben bewerben können. Der nun beschlossene Kompromiss sieht allerdings vor, dass Behörden an Unternehmen, die in ihrem direkten Einfluss stehen – bei der Stadt Wien etwa die Wiener Linien – auch in Zukunft Aufträge direkt ohne Ausschreibung erhalten können.

Dazu kommt, dass Bus-Linien mit einer Jahresstrecke von unter 300.000 Kilometer generell nicht ausgeschrieben werden müssen. Ist der Auftragnehmer ein Kleinbetriebe mit maximal zwanzig Bussen, muss der Auftrag erst über einem erhöhten Schwellenwert von 500.000 Kilometer oder 1,7 Mio. Euro Jahresauftragswert ausgeschrieben werden.

Um die Kritiker dieser Ausnahmebestimmungen – allen voran Großbritannien – ruhig zu stimmen, sieht der Kompromiss dafür kürzere Vertragslaufzeiten vor. Direkt vergebene Bus-Aufträge sowie Straßenbahn- und U-Bahn-Aufträge generell dürfen in Zukunft nur noch eine Laufzeit von zehn – statt ursprünglich geplant 15 – Jahren haben. Darüber hinaus regelt die Verordnung bei direkt vergebenen Aufträgen auch die angemessene Höhe der Zahlungen an den Bus- oder Bahnbetreiber.

Für die neuen Bestimmungen gilt eine generelle Übergangsfrist von 15 Jahren. Alte Verträge, die bereits vor dem Jahr 2000 abgeschlossen wurden, können noch bis zu 30 Jahre weiterlaufen.

Die neue EU-Regelung war notwendig geworden, nachdem immer mehr Unternehmen gegen die Direktvergabe von Nahverkehrsaufträgen geklagt hatten. Vor allem Deutschland hatte sich bis zum Schluss gegen die Bestimmungen gesperrt, nachdem es sein funktionierendes System basierend auf Verkehrsverbünden und über 4.000 klein- und mittelständischen Nahverkehrsunternehmen in Gefahr sah. Mit dem Kompromiss werde sich nun aber auch für Deutschland nichts ändern, sagte Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee nach dem Beschluss.

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