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Dürr-Schwiegervater im Visier der Doping-Ermittler

Vom Ski-Weltverband (FIS) ist der während Olympia in Sotschi als EPO-Dopingsünder entlarvte Langläufer Johannes Dürr im Juni für zwei Jahre gesperrt worden. Ob in Österreich Anklage gegen ihn erhoben wird, steht noch nicht fest. Indes geriet Dürrs Schwiegervater, Biathlon-Weltverbands-Vizepräsident Gottlieb Taschler, ins Visier der italienischen Staatsanwaltschaft.


Der Südtiroler Taschler soll seinen Sohn Daniel mit dem lebenslang gesperrten Mediziner Michele Ferrari in Kontakt gebracht haben. Die “Gazzetta dello Sport” hatte Mitschnitte von Telefongesprächen veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass Daniel Taschler ab 2010 Ferrari mehrmals getroffen haben soll, nachdem sein Vater den Kontakt hergestellt hatte. Gegenüber der “Neuen Südtiroler Tageszeitung” hatte Gottlieb Taschler gemeint: “Es ging um ein medizinisches Problem meines Sohnes, nicht aber um Doping.”

Noch am Donnerstag reagierte er aber auch mittels Presseerklärung auf den Verdacht. “Ich habe nie ‘meinen Sohn aufgefordert, sich zu dopen’ und auch nie daran gedacht, eventuell illegale Tätigkeiten vonseiten von Dr. Ferrari für Daniel anzufordern. Die Schlussfolgerungen, die im genannten Artikel aus den Prozessakten einer noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Untersuchung gezogen werden, gehen in Richtung Verleumdung und Sensationsjournalismus. Um mein Ansehen und meine Ehre zu schützen, habe ich den Bozner Anwalt Flavio Moccia beauftragt, einzugreifen, damit mein guter Ruf nicht zerstört wird.”

Dürr, der beim Zoll in Innsbruck arbeitet und laut eigenen Angaben mit seiner Familie in Antholz lebt, sagte am Freitag auf Anfrage der APA – Austria Presse Agentur zu den Vorwürfen gegen seinen Schwiegervater: “Ich kann zu den Anschuldigungen nichts sagen, weil sie aus einer Zeit stammen, in der ich meine Frau und ihre Familie noch nicht gekannt habe. Mehr möchte ich nicht dazu sagen.”

Dürr ist mit Mirjam Taschler verheiratet. 2013 übersiedelten die beiden wenige Monate nach der Geburt von Söhnchen Noah von Göstling nach Antholz. Ob Dürr nach Ablauf seiner Sperre in den aktiven Sport zurückkehren wird, ist noch offen. “Ich mache gerne Sport, es war mein Leben und wird es bleiben. Ob der Spitzensport wieder ein Thema wird, darüber habe ich mir noch nicht wirklich Gedanken gemacht.”

Ob der 27-Jährige strafrechtlich belangt wird, ist ebenfalls noch nicht entschieden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien – die Untersuchungen laufen in Richtung Sportbetrug sowie unerlaubten Besitzes, Handels und Weitergabe einer größeren Menge von verbotenen Substanzen im Sinne des Anti-Doping-Gesetzes – sind noch nicht abgeschlossen. Wie Behördensprecher Thomas Vecsey auf APA-Anfrage erklärte, sind noch Zeugenbefragungen vorgesehen.

Hintergrund dürfte sein, dass Dürr seine anfängliche Zusicherung, umfassend mit den Behörden zu kooperieren, nicht wahr gemacht hat. Der Sprecher des Bundeskriminalamts, Mario Hejl, das den Langläufer bereits Ende Februar befragt hatte, wollte das am Freitag gegenüber der APA nicht kommentieren. Dem Vernehmen nach soll sich Dürr speziell zu seinen Kontakten und Hintermännern in Bezug auf die bezogenen Dopingmittel bisher bedeckt gehalten haben. Angesichts der jüngsten Entwicklungen um seinen Schwiegervater Gottlieb Taschler erscheint dieses Schweigen nun in einem ganz neuen Licht.

Der Biathlon-Weltverband wollte sich am Freitag im Rahmen des Weltcups in Hochfilzen nicht weiter zu den Vorwürfen gegen Vizepräsident Gottlieb Taschler äußern. “Die Faktenlage ist für uns derzeit einfach noch zu dünn. Erst wenn sich Herr Taschler, der aber nicht in Hochfilzen anwesend ist, erklärt, werden wir von der IBU eine weitere Stellungnahme abgeben”, sagte IBU-Kommunikationsdirektor Peer Lange zur APA.

Abwartend gab sich auch Klaus Leistner, der Generalsekretär des Österreichischen Skiverbands (ÖSV), der ebenfalls Vizepräsident der IBU ist. “Die IBU weiß auch nur das, was in den Zeitungen steht. Das Ganze muss erst evaluiert werden. Erst wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, wird sich die IBU dazu äußern. Alles andere wäre weder sorgfältig und auch nicht fair”, meinte Leistner.

Die zuständige Bozener Staatsanwalt zeigte sich indes verärgert darüber, dass Ermittlungen gegen Gottlieb und Daniel Taschler öffentlich geworden sind. “Die Geschichte ist ärgerlich”, sagte Staatsanwalt Guido Rispoli der “Neuen Südtiroler Tageszeitung”. Mit der Veröffentlichung der Abhörprotokolle seien laufende Ermittlungen beeinträchtigt worden, berichtete die dpa.

Auf der Grundlage der Akten über den lebenslang gesperrten Mediziner Michele Ferrari seien in Bozen vor mehr als einem Jahr Ermittlungen eingeleitet worden, die nicht nur Biathlon betreffen, sondern auch Sommersportarten wie Radsport oder Triathlon. Der Plan sei gewesen, die begonnene Wintersportsaison noch abzuwarten.

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