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"Du musst immer kämpfen"

Schwarzach – Nach 31 Jahren als Bürgermeister freut sich Helmut Leite auf das Gefühl der Freiheit.

Einen „Bürger­meisterzopf“ hat er vor sich liegen. So nannte der Bäcker Mittelberger den köstlich duftenden und schmeckenden Strudel mit Mohn, Topfen und Nuss, den er Helmut Leite ins Büro geschickt hat. „Bürgermeisterzopf deswegen, weil so viele verschiedene Zutaten drinnen sind. Und weil ein Bürgermeister eben auch mit vielen verschiedenen Menschen und Dingen zu tun hat. So hat es mir der Bäcker erklärt.“

Der Stress

Der Strudl schmeckt. Genauso wie Helmut Leite 31 Jahre lang den Schwarzachern schmeckte. Jetzt wird er, 63-jährig, sein Amt an Manfred Flatz übergeben. „Am Donnerstag gibt’s die konstituierende Sitzung der neuen Gemeindevertretung, schon am Freitag bin ich dann auf Kur in Hofgastein“, schmunzelt Leite. Er wolle dort abnehmen. Und er ist guter Dinge, dass ihm das auch nachhaltig gelingt. „Denn mich machte eigentlich der Stress dick. Da habe ich gerne gegessen und zugenommen. Jetzt sollte das nicht mehr passieren.“ Helmut Leite freut sich auf eine neue Leichtigkeit in seinem Leben. „Ich will sporteln und für die Familie da sein. Dafür habe ich ja jetzt Zeit.“ Den Blick zurück auf 31 Jahre an der Spitze der Gemeinde Schwarzach richtet der am längsten dienende Bürgermeister Vorarlbergs mit Zufriedenheit. „Das Sportzentrum, die Ansiedlung des Vorarlberger Medienhauses, die B-200-Umfahrung. Das waren doch wichtige Meilensteine in der Entwicklung des Ortes in den letzten Jahrzehnten“, so Leite. Nicht umsonst sei Schwarzach 1994 zur wirtschaftsfreundlichsten Gemeinde Österreichs gekürt worden. Und da ist ja auch noch jenes Ereignis, das für Helmut Leite emotional wichtig war – die Rettung der Maschinenbau-Firma Schelling. „Ich habe ja selber dort gearbeitet, Franzjörg Schelling war es auch, der mich überredete, in die Politik zu gehen.“ Leite setzte sich mit voller Kraft für die Existenz des Schwarzacher Unternehmens ein. Und das letztlich mit Erfolg.

Schicksalsschlag

„Als guter Bürgermeister muss man kämpfen. Da kann man nicht immer nur reden, da musst du handeln und Probleme anpacken“, formuliert Leite sein Credo, dem er sich in seinen vielen Amtsjahren verpflichtet gefühlt habe. Nachsatz: „Es ist für einen Bürgermeister heutzutage wahrscheinlich schwerer als es das früher war. Du kannst als Einzelner nicht mehr so viel bewegen und eigenständig handeln.“ Zu den negativen Erfahrungen seines Bürgermeister-Daseins zählt Leite den Umgang mit „völlig sturen und destruktiven Menschen“. Seine schwerste Stunde erfuhr Leite allerdings nicht im Amt, sondern als Vater. Vor sechs Jahren musste er den Tod seines ältesten Sohnes verkraften.

Weg vom Land

Dass Helmut Leite künftig unbedarft am Gemeindehaus vorbeispazieren kann, will er sich noch nicht richtig vorstellen. „Daher ist es wohl das beste, wenn ich mein Leben als Nicht-mehr-Bürgermeister außerhalb des Landes beginne. In einer Kur und an einem Ort, wo ich zur Ruhe kommen kann.“

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