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Drogenabhängige Kriminelle: Keine Kontrollen in Entzugseinrichtungen

Die Option "Therapie statt Strafe" wird auch von findigen Strafverteidigern gern ausgenutzt.
Die Option "Therapie statt Strafe" wird auch von findigen Strafverteidigern gern ausgenutzt. ©pixabay.com
Einrichtungen, die suchtgiftabhängige Straftäter behandeln, werden von der Justiz nicht kontrolliert. Das kam ans Tageslicht, da eine Einrichtung gefälschte Drogentests verkauft hat.
Falsche Drogentests ausgestellt
Vertrag mit Verein gekündigt

“Die jeweiligen Richterinnen und Richter, die ‘Therapie statt Strafe’ anordnen (…), können nur entscheiden, dass eine bestimmte Therapie absolviert werden muss, nicht jedoch, in welcher Einrichtung”, hält Moser fest. Wie die betreffenden Einrichtungen dabei vorgehen und ob die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, wird von der Justiz nicht überprüft. “Aus justizieller Sicht ist eine Kontrolle der Einrichtungen nicht möglich und auch nicht vorgesehen”, teilte Moser mit. Es sei aber eine Kontrolle durch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) vorgeschrieben.

Einrichtung verkaufte falsche Drogentests

Für die therapeutische und medizinische Behandlung Suchtmittelabhängiger – darunter fallen die Kosten für das Maßnahmen-Paket “Therapie statt Strafe”, das therapiefähigen und -willigen Straftätern das Gefängnis ersparen kann – hat die Justiz im Jahr 2016 rund 8,41 Millionen Euro aufgewendet. Im vergangenen Frühjahr wurde bekannt, dass in einer von insgesamt sieben therapeutischen Einrichtungen, mit denen das Justizministerium entsprechende Rahmenverträge abgeschlossen hatte, falsche Drogentests verkauft wurden. Ein im betreffenden Verein tätiger Psychotherapeut hatte zwei Männern gegen Entgelt bescheinigt, “clean” zu sein, ohne dass die beiden Harnproben abgeben mussten. Der Vertrag mit diesem Verein wurde vom Justizministerium mit Ende Juni gekündigt.

Weiterer Verein macht Probleme

Probleme soll es allerdings auch mit zumindest einem weiteren Verein geben. Strafrichter berichten in vertraulichen Gesprächen von Häftlingen, die darum ersuchen, nicht in dieser Einrichtung die Therapie absolvieren zu müssen, weil dort angeblich mit Drogen gehandelt wird. Diese Problematik hat sich offenbar nicht bis zum Justizminister durchgesprochen: Moser verweist in seiner Anfragebeantwortung auf die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums, dem “Besichtigungen an Ort und Stelle” möglich wären, sowie die Suchtkoordinatoren der Länder, die ebenfalls zu unangemeldeten Kontrollen ermächtigt sind. “Bisher wurden keine negativen Ergebnisse bekannt”, stellte Moser fest.

Therapie statt Gefängnis

Kritisiert wird von NEOS-Justizsprecherin Irmgard Griss zudem eine Praxis, die gewiefte Strafverteidiger an den Tag legen. Sie besorgen ihren suchtkranken Mandanten im Vorfeld einer Hauptverhandlung einen Behandlungsplatz und beantragen damit im Prozess einen Strafaufschub nach dem Motto “Therapie statt Strafe”, um die Drogenabhängigkeit der Angeklagten kurieren zu lassen. Die Gerichte können diese Anträge vor allem dann nicht übergehen, wenn gleichzeitig eine Art “Vorgutachten” vorgelegt wird, das dem Ansuchenden eine grundsätzliche Therapiefähigkeit und -willigkeit bescheinigt.

Dass es die aktuelle Gesetzeslage erlaubt, dass diese “Vorgutachten” just dieselben Einrichtungen ausstellen, die später die kostspielige Behandlung durchführen, ist der NEOS-Justizsprecherin ein Dorn im Auge. “Hier braucht es eine klare Gesetzeslage. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, mögliche Interessenskonflikte von vornherein zu verhindern. Wir werden im Herbst einen Antrag dazu einbringen”, so Griss gegenüber der APA.

(APA/red)

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