Drittel der Bevölkerung hält aktive Info-Suche für unnötig
Besonders stark ist das Phänomen bei Personen, die Nachrichten (phasenweise) gezielt vermeiden, ausgeprägt. In Summe geben 75 Prozent der rund 1.000 im September Befragten - die Studie ist repräsentativ für die webaktive Bevölkerung ab 16 Jahren - an, dass sie regelmäßig oder gelegentlich Nachrichten aktiv meiden. Frauen finden sich etwas häufiger als Männer und jüngere Personen häufiger als ältere Befragte darunter. Auch Bildungsgrad und finanzielle Lage spielen eine Rolle: Leute mit den höchsten Bildungsabschlüssen tendieren eher zu Nachrichtenvermeidung, ebenso Personen, die finanzielle Schwierigkeiten haben.
Viele Nachrichtenvermeider führen ein verspürtes Unbehagen (53 Prozent) als Grund an. Gallup-Leiterin Andrea Fronaschütz erklärte das mit einer "Aneinanderreihung von Krisen": "Irgendwann sagt man: 'Jetzt drehe ich mal ab'". In geringerem Ausmaß folgt Desinteresse an der Nachrichtenlage und Misstrauen. Speziell Personen, die mit den Grünen sympathisieren, machen Unbehagen für die Nachrichtenvermeidung verantwortlich. Das Misstrauen ist dagegen bei FPÖ-Sympathisanten am stärksten ausgeprägt. Und bei jüngeren, nachrichtenmeidenden Personen ist Desinteresse (33 Prozent) weit verbreitet. Medienhäuser müssten sich also die Frage stellen: "Mit welchen Themen bin ich relevant und von Interesse für die Jungen?", so Fronaschütz.
Fake News speziell bei Gratiszeitungen und Alternativmedien vermutet
Danach gefragt, welche Medien Fake News bzw. Falschinfos verbreiten, rangieren Gratiszeitungen und deren Online-Portale (37 Prozent) ganz oben. Im rechten oder rechtspopulistischen Bereich angesiedelte "Alternativmedien" wie unzensuriert.at, "Info-Direkt" oder exxpress.at folgen mit 35 Prozent. Den Kanälen oe24.tv und krone.tv attestieren 28 Prozent, dass sie Falschinfos verbreiten, während das 20 Prozent mit Blick auf ORF-Fernsehprogramme tun.
Diese Einschätzungen variieren aber stark nach Parteisympathie. So vermuten 44 Prozent der FPÖ-Sympathisanten Fake News beim ORF und verspüren im Gegenzug deutlich weniger Misstrauen gegenüber Gratiszeitungen und Alternativmedien. NEOS- und Grünen-Sympathisanten sind dagegen besonders kritisch gegenüber Gratiszeitungen und Alternativmedien eingestellt. "Wir sehen hier eine Verfestigung. Es entwickelt sich immer mehr auseinander", sagte Medienhaus-Wien-Geschäftsführer Andy Kaltenbrunner. "Es wird immer schwieriger, eine gemeinsame Basis des faktenorientierten Diskutierens zu finden, wenn der ORF von fast der Hälfte der Wählerschaft der stimmenstärksten Partei als faktenfern angesehen wird", mahnte Kaltenbrunner eine medienpolitische und gesellschaftspolitische Debatte darüber ein.
Medien relevant für Demokratie
Dass unabhängige Medien wichtig für die Demokratie in Österreich sind, sehen fast alle der Befragten so (95 Prozent). Den Beitrag, den sie aber tatsächlich zur Demokratie leisten, stufen jedoch nur zwei Drittel als sehr oder eher groß ein. Das Bild von Journalistinnen und Journalisten ist dennoch selbst bei regelmäßigen Nachrichtenvermeidern "überwiegend positiv", legte Fronaschütz dar. Es liege also nicht am journalistischen Personal, sondern etwa an der Eigenverfasstheit und der generellen Lage, die zur Nachrichtenvermeidung führt.
Kaltenbrunner sieht diesbezüglich einen "Kipppunkt" erreicht. "Das Risiko ist, dass immer mehr verloren gehen. Wenn Journalismus aber darauf reagiert, gibt es noch eine Chance, weiterhin einen Nachrichtenkonsum bei großen Teilen der Bevölkerung sicherzustellen." Als möglichen Ausweg sieht der Medienexperte etwa, dem Journalismus ein Gesicht zu verleihen und aufzuzeigen, wie Nachrichten gemacht werden.
(APA)
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