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Donaufestival will "echte Wirklichkeit zeigen"

Letztes Donaufestival unter künstlerischem Leiter Zierhofer-Kin
Letztes Donaufestival unter künstlerischem Leiter Zierhofer-Kin
Alles geht einmal zu Ende: Für Tomas Zierhofer-Kin ist es im heurigen Jahr die Verbindung zum Donaufestival als dessen künstlerischer Leiter. Seine letzte Ausgabe (29. April bis 7. Mai) bringt für das Mehrspartenfestival in Krems in beinahe schon traditioneller Art gesellschaftskritische Produktionen und Performances. Aber: "Es ist keine nostalgische Revue, das wäre zu billig", so Zierhofer-Kin.


Stattdessen soll es “ein Best-of im Sinne einer inhaltlichen Zuspitzung” werden, wie er bei der Programmpräsentation am Donnerstag in Wien betonte. Gerade angesichts der gesellschaftlichen und politischen Lage in Europa gelte es insbesondere Künstlern zuzuhören. “Kunst muss vollkommen neue Lösungsansätze liefern, sie muss die echte Wirklichkeit zeigen und diese auseinandernehmen.” Zierhofer-Kin, der den Veranstaltungsreigen Ende April und Anfang Mai als postkoloniales Festival begreift, strich neuerlich den Fokus auf Nicht-Normatives hervor.

Gelingen soll dies allen voran mit zwei zentralen Produktionen: Einerseits bringen God’s Entertainment mit “Teil II der neuen europäischen Tragödie” die Flüchtlingsthematik in die Messehalle von Krems und konstatieren im vorangestellten Titel überspitzt “Niemand hat euch eingeladen.” Andererseits setzt sich Saint Genet rund um Kreativkopf Derrick Ryan Claude Mitchell mit Migration auf einer historischen Ebene auseinander: In “Frail Affinities”, das in Krems zur Uraufführung kommt, wird mittels einer Performance und Installation die Suche einer Gruppe US-amerikanischer Siedler nach einer neuen Heimat im Jahr 1846 auf die Bühne gebracht – mit “Grenzzuständen an Bildern, Emotionen und geistigen Zuständen”, so Zierhofer-Kin. 2017 soll das Vorhaben übrigens bei den Wiener Festwochen, die er dann verantwortet, weitergesponnen werden.

Wer sich schon vor dem Festivalauftakt mit Saint Genets meist sehr einprägsamen Bildwelten auseinandersetzen will, erhält dazu ab 13. März in der Kunsthalle Krems Gelegenheit: Dort ist “Who With Their Fear Is Put Beside Their Part” in der zentralen Halle zu sehen. “Man kann also in dieses Bühnenbild eintreten und damit interagieren”, sprach Zierhofer-Kin eine Empfehlung aus. Mit “migrantischen Körpern” beschäftigt sich auch Elisabeth Bakambamba Tambwe, die mit einer Installation, einem Video sowie einer Performance in Krems vertreten sein wird. Dabei begegnet man unter anderem “dem überzüchteten europäischen Huhn als Symbol von Massenkonsum”.

Als Österreichische Erstaufführung ist “Dschingis Khan” von Monster Truck und Theater Thikwa zu sehen. Darsteller mit Downsyndrom, früher auch als “mongoloid” bezeichnet, führen die Besucher dabei in die Welt der Mongolen ein. “Das geht sehr tief rein und zeigt, wie Rassismus oder Behindertenfeindlichkeit doch Themen sind, die wir nicht vom Tisch wischen dürfen”, bekräftigte Zierhofer-Kin. Missstände anderer Art zur Anzeige bringen kann man hingegen bei der “Kunstinspektion Donau”, einem Vorhaben von Julius Deutschbauer, David Jagerhofer und Barbara Ungepflegt, die ihr Wachzimmer im Stadtcafé Ulrich einrichten.

Wie immer sehr eklektisch gestaltet sich die musikalische Schiene: Neben bekannteren Acts wie den schottischen Postrockern Mogwai, die ihre Soundtrackarbeit “Atomic” mitbringen, oder dem syrischen Sänger Omar Souleyman gibt es etliche Künstler aus dem arabischen und afrikanischen Raum zu erleben. Auch hier sollen Darbietungen abseits der Norm sowie kulturelle Interaktionen vorherrschend sein. Das Faible für prononcierte elektronische Musik am Puls der Zeit unterstreicht das Festivalteam mit Namen wie DJ Koze, Tim Hecker, Pantha Du Prince oder Fuck-Buttons-Mitglied Ben Power, der mit seinem Soloprojekt Blanck Mass die Wände zum Erzittern bringen dürfte.

Alles in allem eine sehr vielversprechende Zusammenstellung, wie wohl auch Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) findet. Er streute dem scheidenden Intendanten bei der Pressekonferenz Rosen: “Sie werden mir wirklich fehlen.” Schließlich habe Zierhofer-Kin das Donaufestival “sehr pointiert positioniert, was nicht selbstverständlich ist”. Auf dieses “selbstbewusste Profil”, mit dem man junges, kritisches Publikum ebenso ansprechen konnte wie einen “wesentlichen Beitrag zur Unverwechselbarkeit der niederösterreichischen Kulturlandschaft” erbrachte, wolle man weiterhin bauen. Thomas Edlinger, der künftig das Donaufestival-Zepter schwingen wird, hofft jedenfalls, “das in mich gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen”.

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