Brasilien und Indien kündigten am Donnerstag ihren Ausstieg aus den Gesprächen mit den USA und der Europäischen Union zur weiteren Liberalisierung des Welthandels an. Der brasilianische Außenminister Celso Amorim sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem indischen Handelsminister Kamal Nath, angesichts dessen, was auf dem Tisch liege, sei die Fortsetzung der Gespräche unnötig.
Der EU-Handelskommissar Peter Mandelsohn bemerkte zum Scheitern des informellen Treffens, die Europäer seien darauf vorbereitet, viel zu bezahlen. Sie könnten dies jedoch nicht tun, wenn sie im Gegenzug weniger als nichts erhielten. Mandelsohn fügte hinzu, er sei bereit gewesen, seine letzte Karte auf den Verhandlungstisch zu legen. Darauf habe er jedoch verzichtet, nachdem er festgestellt habe, dass seine Partner eine derartige Geste mit keinerlei Zugeständnis honoriert hätten. Näheres über das von ihm geplante Angebot teilte Mandelsohn nicht mit. Für die USA nahm an den am Dienstag in Potsdam aufgenommenen Gesprächen die Handelsbeauftragte Susan Schwab teil.
Amorim führte das Scheitern der Gespräche auf Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Agrarsubventionen zurück. Dies ist auch einer der Hauptgründe dafür, warum die Verhandlungen im Rahmen der so genannten Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) seit Monaten festgefahren sind. Brasilien und Indien stehen gemeinsam der G-20-Gruppe aus Entwicklungs- und Schwellenländern vor. Die WTO-Verhandlungen waren Ende Juli vergangenen Jahres ohne Ergebnis unterbrochen worden; ursprünglich sollten die Verhandlungen schon Ende 2006 abgeschlossen sein. Eine Einigung innerhalb der G-4 gilt als entscheidend für einen Durchbruch insgesamt.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac erklärte, Ziel des von der Öffentlichkeit abgeschirmten Potsdamer Treffens sei gewesen, einen für die vier Beteiligten annehmbaren Kompromiss auszuloten – ohne Beteiligung der vielen kleinen Entwicklungsländer. Zusammen mit mehr als 70 anderen Organisationen und Gruppen der internationalen Zivilgesellschaft kritisierte Attac das Treffen als intransparent und undemokratisch und forderte dessen sofortigen Stopp.
Die WTO, der mittlerweile 150 Staaten angehören, versucht seit den Verhandlungen im November 2001 in der katarischen Hauptstadt Doha, den Welthandel umfassend zu liberalisieren. In dem angestrebten Abkommen soll unter anderem der Abbau von Hemnissen erreicht werden, die in Entwicklungs- und Schwellenländern den Marktzugang für Agrar- und Industrieprodukte sowie Dienstleistungen aus Industriestaaten zum Ziel haben. Im Gegenzug müssten die Industriestaaten ihre Exportsubventionen, direkten Agrarbeihilfen sowie Zölle abbauen.
Kritikern zufolge bringt die WTO-Freihandelspolitik unter anderem massive Importe von billigen subventionierten Nahrungsmitteln in Entwicklungländer mit sich. Dadurch werde die einheimische Agrarproduktion kaputt konkurriert. Im Zuge der Armutsbekämpfung sei es daher dringend erforderlich, gerechte Handelsregeln zu etablieren, die dem Agrar-Dumping ein Ende setzen, erklärte etwa die Hilfsorganisation Oxfam Deutschland zu den Potsdamer Gesprächen.
Pröll: Besser gescheitert als schlechtes Ergebnis
Pröll: Besser gescheitert als schlechtes Ergebnis
In Österreich ist man über das vorläufige Scheitern der G-4-Verhandlungen nicht unglücklich. Besser ein Scheitern der Runde als ein für die österreichischen Bauern schlechtes Ergebnis, das den Entwicklungsländern nichts nützt, sagte Landwirtschaftsminister Josef Pröll (V) am Donnerstagnachmittag in einer ersten Reaktion zur APA.
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