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Dieter Egger: erfolgreich ins Abseits

Schuld ist Egger selbst, der mit seinem allgemein als antisemitisch empfundenen Ausritt gegen den Direktor des Jüdischen Museums Hohenems die ÖVP dazu bewegte, künftig nicht mehr mit den Freiheitlichen regieren zu wollen.

Bis vor wenigen Wochen galt der Hohenemser noch als vergleichsweise gemäßigter FPÖ-Vertreter entsprechend der eher liberalen freiheitlichen Tradition in Vorarlberg. Dieses Image wurde am 21. August korrigiert. Beim offiziellen Wahlkampf-Auftakt der Blauen in seiner Heimatstadt ritt Egger eine wilde Attacke gegen den Direktor des Jüdischen Museums, Hanno Loewy, und bezeichnete den Deutschen als “Exil-Juden aus Amerika”, der sich nicht in die Vorarlberger Politik einmischen sollte.

Dieser Satz wird Eggers Karriere wohl nachdrücklich prägen. Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) forderte den freiheitlichen Obmann auf, sich zu entschuldigen, der Freiheitliche lehnte ab und wurde von der ÖVP für die Zukunft aus der Regierung geschmissen. So dürfte Egger auch sein Wahlerfolg vom Sonntag persönlich rein gar nichts nützen. Die FPÖ fliegt erstmals nach Jahrzehnten aus der Regierung und Egger muss sich statt mit einem Sitz in der Landesregierung mit dem Posten des Klubobmanns begnügen.

Sein Vorgänger in dieser Funktion Fritz Amann und auch andere in der Partei werden es Egger in den kommenden Jahren wohl nicht einfach machen, sehen sie doch in ihm den Schuldigen, dass die FPÖ im Land künftig noch weniger mitzureden hat – und das obwohl sie ihren Stimmenanteil etwa verdoppelt hat.

Politischen Kummer ist Egger freilich schon gewöhnt. Bei seiner ersten Landtagswahl als Spitzenkandidat und noch ziemlich unbeschriebenes Blatt, kassierte der heute 40-Jährige 2004 eine Ohrfeige. Die Ländle-FPÖ wurde nach den freiheitlichen Turbulenzen im Bund halbiert und fiel auf 12,9 Prozent und damit auch hinter die SPÖ zurück.

Wenig später musste er einen weiteren Sturm überstehen: Die Abspaltung des BZÖ kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, kurz vor der Vorarlberger Gemeinderatswahl 2005. Um zu retten, was zu retten war, trennte Egger seine Landespartei von der Bundes-FPÖ, um sich ein Jahr später nach einigen Unfreundlichkeiten wieder einzugliedern. Im Juni 2008 wurde Egger als Parteiobmann mit 94,95 Prozent bestätigt.

Egger musste in seiner Funktion als Parteichef und Regierungsmitglied gleich mehrere Spagate schaffen. Die Übermacht der ÖVP in der Landesregierung, deren einziger FPÖ-Landesrat Egger ist, machte es dem Hohenemser schwer, sich zu profilieren – zumal ihm vom Riesenressort von Vorgänger Hubert Gorbach nach der Wahlniederlage 2004 nur mehr wenig medienwirksame Bereiche wie Hochbau, Wasser- und Abfallwirtschaft blieben. So balancierte Egger mit seinem fünfköpfigen Landtagsteam stets auf einem schmalen Grat zwischen Regierung und Opposition, von der ÖVP gelegentlich daran erinnert, was vom “kleinen” Regierungspartner erwartet wird.

Auch innerparteilich fiel der Spagat manchmal schwer. Traditionell sind die Vorarlberger Freiheitlichen eher liberal ausgerichtet. Wenn auch offiziell zwischen Egger und Bundespartei-Chef Heinz-Christian Strache bestes Einvernehmen herrscht, kam im Ländle die Wiener Wortwahl bisweilen nicht gut an. Bei der jüngsten EU-Wahl verzichtete Egger darauf, “Abendland in Christenhand” plakatieren zu lassen.

Dies sei nicht der Stil der Ländle-FPÖ, entgegnete Egger. Mittlerweile hat er es sich offenbar anders überlegt. Gecoacht von Werbestrategen, die auch die rechts-populistische Schweizer Volkspartei betreuten, fuhr Egger einen klassischen freiheitlichen Ausländer-Wahlkampf und schaffte es mit seinen antisemitischen Äußerungen auch bundesweit tagelang in die Schlagzeilen. Aus Wien kam wenig überraschend Rückendeckung für den Ländle-Blauen.

Im Geschäft ist Egger mittlerweile auch schon lange. Der FPÖ-Chef wurde am 13. Jänner 1969 in Hohenems geboren. 1995 stieg er als Stadtvertreter und Fraktionsobmann der Freiheitlichen in die Politik seiner Heimatstadt ein. 1999 wurde er Landtagsabgeordneter, im Jahr 2000 Klubobmann. Egger folgte dem 2003 als Minister nach Wien gewechselten Gorbach als geschäftsführender Parteiobmann und Landesstatthalter (Landeshauptmannstellvertreter) nach. 2004 verlor er bei der Landtagswahl historisch hoch, schaffte es aber immerhin, als Juniorpartner der absolut herrschenden ÖVP nochmals in der Regierung unterzukommen.

Auch wenn es mit dem Landesrat-Posten nun nichts mehr werden sollte, dürfte an Eggers Stuhl angesichts der freiheitlichen Stimmengewinne vorerst nicht gerüttelt werden. Ob der oft als ein wenig glatt beschriebene Egger das Oppositionshandwerk beherrscht, muss er in den kommenden fünf Jahren beweisen. Privat ist Egger seit 1990 verheiratet, er hat einen Sohn und eine Tochter. Seine Freizeit verbringt er am liebsten in der Natur und beim Tennis.

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