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"Diese Dreistigkeit hat mich sprachlos gemacht"

Strobel/VOL.AT
Strobel/VOL.AT
Ein Vorarlberger nutzt den Vermietungsservice eines Baumarkts und leiht sich einen Transporter direkt auf dessen Parkplatz. Wenige Stunden später werden ihm mehrere Hundert Euro von der Kreditkarte abgebucht. Was folgt, ist ein wochenlanger Kampf gegen ein System, das stark nach Abzocke riecht.

Nach einem Großeinkauf im OBI Dornbirn mietet Radek einen Transporter. Der Baumarkt kooperiert dabei mit einer Firma namens "123 Shared Mobility GmbH". Alles im Ablauf scheint reibungslos zu funktionieren – doch kurz nach der Rückgabe des Fahrzeugs erhält Radek zwei Mitteilungen: 295 Euro für „Rauchen im Fahrzeug“ und 45 Euro für eine wenige Sekunden dauernde Geschwindigkeitsüberschreitung. Im Videointerview spricht der Geschädigte ausführlich über den Fall.

Das Unternehmen überwacht seine Kunden mit Rauchdetektoren im Fahrzeug und GPS-basierter Geschwindigkeitsmessung. „Ich bin Nichtraucher. Und laut deren eigener Auswertung soll das zwischen 15 und 18 Uhr passiert sein – ich habe den Wagen aber erst um 18 Uhr übernommen“, sagt Radek. Dennoch: Das System buchte die Beträge direkt von seiner Kreditkarte ab – ohne Rückfrage, ohne Beweisfoto, ohne Möglichkeit zum Einspruch.

Beschwerden halfen nicht – erst der Anwalt brachte Bewegung

Radek versucht alles: Hotline, E-Mail, Beschwerden bei der Plattform. Keine Antwort. Stattdessen folgen Mahnungen – und schließlich ein Inkassoschreiben. Erst als ein Anwalt eingeschaltet wird, bucht das Unternehmen das Geld zurück – kommentarlos.

Der beauftragte Anwalt, Daniel Vonbank aus Bregenz, stellt gegenüber VOL.AT klar: Strafzahlungen für Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rauchwerte, die auf Sensorik basieren, sind ohne behördliche Grundlage rechtlich sehr fragwürdig.

„Das Unternehmen ist keine Behörde. Und allein GPS-Daten oder ein Sensor reichen nicht aus, um rechtlich abgesicherte Strafen zu verhängen – vor allem nicht ohne Beweismittel.“ Dass die Rückzahlung sofort erfolgte, nachdem ein Anwalt involviert war, sei ein deutliches Zeichen dafür, dass die Praxis selbst vom Anbieter nicht für uneingeschränkt korrekt gehalten werde.

Die Rechnung die Radek kurze Zeit nach der Miete erhalten hat. ©ZVG/VOL.AT

Verbraucherschutz: Kein Einzelfall

Auch bei der AK Vorarlberg ist man mit solchen Fällen vertraut. Zwar geht es häufig um die Rückzahlung von Kautionen, doch auch Beschwerden über Zusatzgebühren nach der Nutzung häufen sich.

„Oft sind die Buchungsvorgänge nicht transparent, und die AGB werden vorab akzeptiert, ohne dass wirklich klar ist, was darin steht“, erklärt Karin Hinteregger vom Konsumentenschtz. „Wenn wir einschreiten, kommt es häufig zu Rückzahlungen – aber das Verhalten gegenüber den Kunden ist aus unserer Sicht eindeutig kundenunfreundlich.“

Eine genauere Recherche zeigt: Radek ist kein Einzelfall – sowohl in Österreich als auch in Deutschland häufen sich die Berichte über ähnliche Vorfälle, zahlreiche Medienvertreter haben bereits über die umstrittene Praxis berichtet.

Die Firmen? Plötzlich sprachlos

Selbstverständlich hat die VOL.AT-Redaktion auch den Baumarkt und die Verleihfirma kontaktiert. Der Baumarkt teilt mit, dass es sich bei dem Anbieter um einen externen Partner handle. Die Abwicklung erfolge unabhängig, man sei für die Geschäftspraktiken des Unternehmens nicht zuständig. Bei Unklarheiten müsse man sich direkt an die Mietwagenfirma wenden. Diese hingegen reagiert auch nach mehreren Anläufen: Gar nicht.

(VOL.AT)

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