AA

Die Welt in Sorge: "Ohrfeige gegen Amerikaner" ängstigt Staatschefs

©AP
"Krieg nützt nur Terrorgruppen" - Destabilisierung der Region kann zur Wiedererstarkung des IS führen - Für Israel könnte ein Angriff auf den Iran wieder zur Option werden - Goldpreis steigt auf Rekordhoch.
Iran: Raketenangriffe auf US-Militär
Passagierflugzeug nahe Teheran abgestürzt
Soleimani-Trauerzug in Kerman
Iranischer General getöet

Nach dem Vergeltungsangriff des Irans auf US-Stützpunkte im Irak ist die Welt besorgt, wie es zwischen den USA und dem Iran weitergeht. Die Staatsträger verschiedenster Länder befinden sich seit Stunden in höchster Alarmbereitschaft und rufen zur Deeskalation auf. Die Angst vor einer weiteren Verschärfung der Lage im Nahen Osten greift um sich.

Chamenei: Iranischer Angriff "Ohrfeige gegen die Amerikaner"

Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei hat den Angriff gegen US-Militärstützpunkte im Irak als "Ohrfeige gegen die Amerikaner" bezeichnet. Chamenei würdigte in Teheran am Mittwochmorgen vor Anhängern den durch die USA getöteten General Ghassem Soleimani, bevor er sich zu den Luftangriffen vom Vorabend äußerte.

"Die Amerikaner haben in dieser Region nur Krieg und Zerstörung angerichtet", sagte der Ajatollah, der auch oberster Befehlshaber der iranischen Streikräfte ist. Die breite Anteilnahme im Iran und Reaktion auf den Tod des Generals zeige, dass die Revolution immer noch am Leben sei. Iran verfolge keine Kriegsabsichten, habe aber auf die Tötung Soleimanis reagieren müssen, so Chamenei.

Der Iran hatte die Raketenangriffe als "Akt der Selbstverteidigung" bezeichnet.

So reagiert Trump auf den Angriff auf Amerika

US-Präsident Donald Trump kündigte für Mittwoch ein Statement an.

Britischer Außenminister: Krieg nützt nur Terrorgruppen

Der britische Außenminister Dominic Raab hat den iranischen Vergeltungsangriff auf US-Soldaten im Irak als "rücksichtslose und gefährliche Attacke" verurteilt. Ein solcher Angriff dürfe sich auf keinen Fall wiederholen. Raab forderte am Mittwoch Teheran auf, stattdessen die "dringend nötige Deeskalation" weiter zu verfolgen. "Ein Krieg im Nahen Osten würde nur dem Islamischen Staat und anderen Terrorgruppen nützen".

Schallenberg: Entwicklungen der Nacht "brandgefährlich"

Außenminister Alexander Schallenberg hat am Mittwoch seinen Appell nach Deeskalation in der Krise im Nahen Osten bekräftigt. "Die Entwicklungen der letzten Nacht sind brandgefährlich", betonte der Minister in einer der APA übermittelten Stellungnahme. "Die Logik Auge-um-Auge führt nirgendwo hin. Was wir jetzt brauchen, ist Dialog."

Das habe er in seinem Telefonat am Dienstag auch dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif gesagt. "Die beiden Parteien müssen dringend an den Verhandlungstisch zurückkehren - die Spirale der Gewalt darf nicht aus dem Ruder laufen. Eine Destabilisierung der Region kann zur Wiedererstarkung des IS führen, das bereitet uns große Sorgen."

Für Israel könnte ein Angriff auf den Iran wieder zur Option werden

Israel hat sich angesichts der jüngsten Eskalation im Konflikt zwischen dem Iran und den USA bislang zurückgehalten und versucht einzuschätzen, was sie für das Land bedeutet. Aber es dürfte schwer sein, an der Seitenlinie zu bleiben, wenn Teheran seine jüngste Ankündigung wahr macht und sich gänzlich vom internationalen Atomdeal aus dem Jahr 2015 abwendet.

Israel ist fest davon überzeugt, dass der Iran versucht, Atomwaffen zu entwickeln und hat wiederholt erklärt, dass es das nicht zulassen werde - auch wenn dazu ein riskanter Militärschlag nötig wäre.

Philippiner sollen Land verlassen

Die Philippinen haben ihre rund 5.000 Staatsbürger im Land zur Evakuierung aufgefordert. Die Anweisung, den Irak zu verlassen, sei verpflichtend, teilte das Außenministerium am Mittwoch in Manila mit. Die Philippiner sollten sich an die Botschaft in Bagdad wenden, wenn sie Hilfe bräuchten.

Die meisten von ihnen arbeiten im Irak für die amerikanische Seite auf den Militärbasen oder als Bauarbeiter in kurdischen Gebieten. Einige sind auch in Restaurants tätig.

Live-Nachrichtensendung zum Raketenangriff auf US-Militärbasis

Emirate rufen zu Deeskalation auf

Es sei äußerst wichtig, dass sich die Region von den derzeitigen "beunruhigenden Spannungen" zurückziehe, erklärte der VAE-Staatsminister für Auswärtiges, Anwar Gargasch, am Mittwoch über Twitter. "Deeskalation ist sowohl klug als auch notwendig. Ein politischer Pfad Richtung Stabilität muss folgen", schrieb er weiter.

Die VAE sind zusammen mit dem benachbarten Saudi-Arabien ein wichtiger Partner der USA am Golf. Die Emirate hatten jedoch gegenüber dem Iran in den vergangenen Monaten zurückhaltendere Töne angestimmt, weil sie sich vor einem Krieg auf eigenem Boden fürchten.

EU-Kommissionspräsidentin: Gebrauch von Waffen muss jetzt aufhören

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. "Der Gebrauch von Waffen muss jetzt aufhören um Raum für Dialog zu schaffen", sagte sie am Mittwoch nach einer Sondersitzung der EU-Kommission zur Irankrise. Alle seien dazu aufgerufen, Gespräche wieder aufleben zu lassen. "Und davon kann es nicht genug geben."

Die EU könne dabei auf ihre ganz eigene Weise beitragen. Man habe bewährte Beziehungen zu vielen Akteuren in der Region und darüber hinaus, um zur Deeskalation beizutragen.

Zudem machte von der Leyen deutlich, dass die EU an dem stark gefährdeten Atomabkommen mit dem Iran von 2015 festhalten will. Die Lage im Nahen Osten werde am Nachmittag auch Thema bei ihrem Treffen mit dem britischen Premierminister Boris Johnson in London sein. 

Maas verurteilt iranische Raketenangriffe

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat die iranischen Raketenangriffe auf Militärstützpunkte im Irak verurteilt. "Wir fordern Iran auf, alle Schritte zu unterlassen, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten", teilte der Minister am Mittwoch in Berlin mit. "Wir stehen seit Tagen in Kontakt mit allen Seiten, um auf eine Beruhigung der Lage hinzuwirken. Alle sind aufgefordert, in dieser Lage Besonnenheit und Zurückhaltung zu üben."

Lufthansa streicht Flug nach Teheran

Die Lufthansa hat den einen für Mittwoch geplanten Flug von Frankfurt in die iranische Hauptstadt Teheran gestrichen. Dies sei "vorsorglich" wegen der derzeitigen Lage in der Region geschehen, sagte eine Lufthansa-Sprecherin auf Anfrage in Frankfurt. Ein Sprecher der Fluggesellschaft ergänzte, die Lufthansa halte sich an die Sperrung des dortigen Luftraums: "Wir überfliegen derzeit weder Iran noch Irak."

Börsen noch verhalten

Die iranischen Raketenangriffe auf US-Stützpunkte im Irak haben die Finanzmärkte am Mittwoch verunsichert und riskantere Anlagen wie Aktien belastet. Allerdings beruhigten sich die Märkte nach anfangs heftigen Reaktionen wieder. Der japanische Leitindex Nikkei sackte zwischenzeitlich unter die Marke von 23 000 Punkten ab, erholte sich dann aber ein Stück weit. Letztlich schloss er mit 23 204,76 Punkten und damit 1,6 Prozent tiefer als am Vortag.

Auch der ATX zeigt sich am Mittwochvormittag stabil.

Dass die Finanzmärkte nach einer zunächst reflexartig stark negativen Reaktion am Ende doch nicht noch stärker unter Druck gerieten, zeigt laut Devisenexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank, dass Anleger offenkundig nicht mit einer weiteren Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran rechnen.

Analyst Jim Reid von der Deutschen Bank wies darauf hin, dass sich US-Präsident Donald Trump in der Vergangenheit mit Maßnahmen gegen den Iran zurückgehalten habe, wenn bei Anschlägen des Iran keine US-Bürger getötet worden seien. "Das lässt ein wenig hoffen, dass der Konflikt in der Region Naher Osten nicht vollständig eskaliert." 

Goldpreis steigt in Euro auf Rekordhoch

Die Furcht vor einem erneuten Krieg in der Golf-Region sorgt bei Anlegern für eine rege Nachfrage nach Gold. Der Preis der "Antikrisen-Währung" steigt um 2,4 Prozent auf ein Sieben-Jahres-Hoch von 1.610,90 Dollar je Feinunze. Für europäische Investoren ist das Edelmetall mit 1.443,07 Euro sogar so teuer wie noch nie.

(APA) (Red.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Welt
  • Die Welt in Sorge: "Ohrfeige gegen Amerikaner" ängstigt Staatschefs