Die USA und Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen

Im Februar 2003 lieferte der damalige US-Außenminister Colin Powell im UNO-Sicherheitsrat mutmaßliche Beweise, dass Bagdad weiter nach Massenvernichtungswaffen strebe und die Waffenkontrollore der Vereinten Nationen systematisch hinters Licht führe.
Powell: “Schandfleck meiner Karriere”
Im September 2005 bedauerte Powell in einem Fernsehinterview seinen Auftritt in dem Gremium als “Schandfleck” in seiner Karriere.
UNO: keine Massenvernichtungswaffen
Die UNO-Inspekteure hatten vor dem Beginn des Irak-Krieges mehrfach erklärt, dass sie keine Massenvernichtungswaffen gefunden hätten. Nach ihrer Einschätzung hatte Bagdad die Bestände abgebaut, über die es vor dem Golfkrieg von 1991 noch verfügte.
Rechtfertigung beruht auf falschen Analysen
Ein Untersuchungsausschuss des US-Senats kam in einem im Juli 2004 vorgelegten Bericht zu dem Schluss, dass die Rechtfertigung für den Krieg gegen den Irak auf falschen und ungedeckten Analysen des Geheimdienstes beruhte. US-Waffeninspektoren bestätigten wenig später, dass keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden. Allerdings habe Saddam Hussein den Ehrgeiz nie aufgegeben, solche Waffen wieder herzustellen. Knapp zwei Jahre nach Beginn des Irak-Kriegs stellte die Expertengruppe die Suche ohne jeden Fund ein.
Bush: “Hatte wirklich keine Zweifel”
Der damalige US-Präsident George W. Bush sagte im November 2010 in einem Fernsehinterview, er habe 2003 “wirklich keine Zweifel” daran gehabt, dass Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfügt habe. Dennoch sei der Krieg richtig gewesen.
Der Irak-Krieg 2003 – eine Chronologie
Knapp eineinhalb Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 greifen die USA und ihre Verbündeten den Irak an.
Ein Rückblick:
11.09.2001: Beim Anschlag muslimischer Al-Kaida-Terroristen mit gekaperten Flugzeugen kommen in den USA nahezu 3.000 Menschen ums Leben. Im Oktober greifen die USA Afghanistan an, dessen Regime Al-Kaida Unterschlupf gewährt hatte.
29.01.2002: US-Präsident George W. Bush bezeichnet in seiner Rede zur Lage der Nation den Irak, den Iran und Nordkorea als “Achse des Bösen”. Er werde nicht zulassen, dass sie den Weltfrieden mit Massenvernichtungswaffen bedrohten.
03.08.2002: Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärt im Wahlkampf, seine Regierung stehe für das “Abenteuer” eines Irak-Krieges nicht zur Verfügung. Auch Russland und Frankreich verweigern sich.
12.09.2002: Bush bekräftigt vor den Vereinten Nationen die Entschlossenheit der USA, notfalls im Alleingang gegen den Irak vorzugehen. Das Land hatte bisher Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats zur Waffenkontrolle weitgehend ignoriert.
24.09.2002: Der britische Premierminister Tony Blair, Bushs wichtigster Verbündeter, verlangt, Iraks Präsident Saddam Hussein müsse “gestoppt werden”. Er könne innerhalb von 45 Minuten chemische und biologische Waffen einsetzen. Zudem arbeite der Irak an der Entwicklung von Atomwaffen, heißt es in Blairs Vorwort zu einem Dossier.
10./11.10.2002: Der US-Kongress erlaubt dem Präsidenten, mit militärischer Gewalt gegen die “andauernde Bedrohung” durch das irakische Regime vorzugehen. Starke Truppeneinheiten und Marineverbände werden Richtung Golfregion in Marsch gesetzt.
2003
05.Februar: US-Außenminister Colin Powell legt dem Sicherheitsrat angebliche Beweise vor, wonach der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt und Verbindungen zu Terrororganisationen hat. Jahre später bedauert er seinen Auftritt.
15. Februar: Weltweit demonstrieren Millionen Menschen gegen einen drohenden Krieg.
16. März: Bei einem Gipfeltreffen auf den Azoren verlangen die USA, Großbritannien und Spanien vom Weltsicherheitsrat, sich bis zum nächsten Tag für eine harte Haltung gegen den Irak zu entscheiden.
17. März: In einer Fernsehansprache gibt Präsident Bush dem irakischen Diktator eine letzte Frist von 48 Stunden. Sollten Saddam und seine Söhne das Land nicht verlassen, würden die USA zu einem “Zeitpunkt ihrer Wahl” angreifen.
20. März: Der Krieg beginnt ohne UNO-Mandat mit gezielten Luftangriffen auf die Hauptstadt. Die Bodenoffensive startet von Kuwait aus. Drei Wochen nach dem Fall von Bagdad erklärt Bush am 1. Mai an Bord des Flugzeugträgers “Abraham Lincoln”, die größeren Kampfhandlungen seien beendet (“Mission Accomplished”).
9. April: US-Kommandanten erklären Saddam Husseins Herrschaft in Bagdad für beendet.1. Mai: US-Präsident George W. Bush erklärt auf einem Flugzeugträger die wichtigsten Kampfhandlungen im Irak für beendet.
13. Juli: Der von den USA eingesetzte Regierungsrat in Bagdad mit 25 Mitgliedern konstituiert sich.
19. August: Bei einem Anschlag auf das UNO-Hauptquartier in Bagdad sterben 22 Menschen, darunter der UNO-Sonderbeauftragte Sergio Vieira de Mello. Die Vereinten Nationen beenden daraufhin ihren Einsatz im Irak
15. November: Der US-Zivilverwalter Paul Bremer und der Regierungsrat verständigen sich auf einen Plan zur Machtübergabe an die Iraker bis zum 1. Juli 2004.
27. November: Bush stattet den US-Soldaten im Irak einen zweieinhalbstündigen Blitzbesuch ab und begeht mit ihnen das Thanksgiving-Fest.
13. Dezember: Der gestürzte irakische Präsident Saddam Hussein wird in einem Bunker bei Tikrit gefunden und gefangen genommen.
2004
April: Fotos dokumentieren den Missbrauch irakischer Gefangener im Gefängnis Abu Ghraib, US-Offensive gegen Rebellen in der Stadt Falluja.
30. Juni: Die USA übergeben Saddam Hussein der irakischen Justiz.
7. November: Angesichts der zunehmenden Gewalt verhängt die irakische Regierung den Ausnahmezustand.
2005
30. Jänner: Wahl zur Nationalversammlung, zu 18 Provinzräten und zum kurdischen Parlament. Die klerikalen Schiiten gewinnen.
3. Mai: Der schiitische Politiker Ibrahim al-Jaafari wird als erster demokratisch gewählter Ministerpräsident des Iraks vereidigt.
15. Dezember: Bei der Parlamentswahl werden schiitische Parteien stärkste politische Kraft.
2006
22. Februar: Nach einem Anschlag auf den schiitischen Schrein in Samarra kommt es zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen mit Sunniten.
20. Mai: Nach schwieriger Regierungsbildung wird der Schiite Nuri al-Maliki neuer Ministerpräsident.
8. Juni: Bei einem US-Luftangriff wird der Anführer der Al-Kaida im Irak, Abu Musab al-Zarqawi (Sarkawi), getötet.
5. November: Saddam Hussein wird zum Tode verurteilt.
23. November: Anschlagserie in Sadr-City mit über 200 Todesopfern
30. Dezember: Saddam Hussein wird hingerichtet.
2007
10. Jänner: US-Präsident Bush kündigt die Entsendung von mehr als 20.000 zusätzlichen Soldaten in den Irak an. Bis August steigt die Gesamtzahl auf den Höchststand von über 160.000.
7. Juli: Mindestens 150 Todesopfer bei Anschlag auf Marktplatz bei Kirkuk.
14. August: Bei Selbstmordanschlägen auf Siedlungen der kurdischen Yazidi (Jesiden) werden mindestens 520 Bewohner getötet.
6. September: Mitarbeiter der US-Sicherheitsfirma Blackwater erschießen in Bagdad 17 Zivilisten. Der Vorfall löst ähnliche Empörung aus wie der Folterskandal von Abu Ghraib.
16. Dezember: Die britischen Streitkräfte übergeben die Kontrolle über die Provinz Basra an irakische Behörden.
2008
März/April: Offensive von Regierungstruppen gegen schiitische Mahdi-Miliz in Basra mit mindestens 700 Toten. Weitere mehr als 400 Tote im April bei Gefechten in Sadr-City (Bagdad).
2. Juni: Abzug australischer Einheiten mit 550 Mann.
1. September: Die US-Armee übergibt die Kontrolle über die ehemals schwer umkämpfte Westprovinz Anbar an irakische Sicherheitskräfte.
5. November: Barack Obama wird zum neuen US-Präsidenten gewählt. Im Wahlkampf versprach er den Abzug der US-Truppen aus dem Irak.
15. November: Die USA und der Irak verständigen sich auf ein Sicherheitsabkommen, das das UNO-Mandat für militärische Einsätze ablösen soll. Danach müssten alle US-Soldaten bis Ende 2011 das Land verlassen haben.
3. Dezember: Die Zahl der Anschläge im Irak ist nach US-Angaben im November auf den niedrigsten Stand seit der Invasion gesunken.
11. Dezember: Mindestens 55 Tote bei Selbstmordanschlag bei Kirkuk.
14. Dezember: Bei seiner Abschiedspressekonferenz in Bagdad wird Bush von einem irakischen Journalisten mit einem Schuh beworfen.
2009
1. Jänner: Der Irak übernimmt die Kontrolle über das Regierungsviertel in Bagdad.
20. Jänner: Obama tritt das Amt des US-Präsidenten an. Die irakische Regierung begrüßt seine Zusage, die amerikanischen Truppen auf verantwortungsvolle Weise aus dem Land abzuziehen.
21. Februar: Das berüchtigte Foltergefängnis Abu Ghraib wird unter neuem Namen als Zentralgefängnis Bagdad wiedereröffnet
27. Februar: Obama stellt den Zeitplan für die Beendigung des Irak-Kriegs vor. Danach sollen nach dem Abzug aller Kampftruppen bis August 2010 noch 35.000 bis 50.000 Soldaten zurückbleiben, um die Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte zu unterstützen.
22. März: Zum sechsten Jahrestag des Einmarschs im Irak fordern in den USA tausende Demonstranten ein sofortiges Ende des Kriegs.
7. April: Obama kommt zu einem Überraschungsbesuch nach Bagdad und trifft Premier Maliki.
1. Mai: Die britischen Streitkräfte beenden offiziell ihren Kampfeinsatz im Irak.
Ende Juni: Neue Gewalteskalation mit mehr als 200 Toten bei Anschlägen innerhalb einer Woche.
1. Juli: Die US-Streitkräfte ziehen sich aus den Städten und Dörfern des Irak zurück. Bagdad erklärt den 1. Juli zum “Tag der nationalen Souveränität”
7. Juli: 70 Tote bei Anschlagsserie gegen Schiiten.
25. Oktober: 155 Menschen sterben bei Anschlägen auf Regierungsgebäude in Bagdad.
7. Dezember: Nach monatelangem Tauziehen einigt sich das irakische Parlament auf ein neues Wahlgesetz.
12. Dezember: 127 Tote bei neuerlicher verheerender Anschlagsserie in Bagdad.
2010
25. Jänner: Saddam-Cousin Ali Hassan al-Majid (“Chemie-Ali”) wird hingerichtet. Er soll für das Massaker im kurdischen Halabja mit 5.000 Toten im Jahr 1988 verantwortlich gewesen sein.
7. März: Kein klarer Sieger bei Parlamentswahl. Die Lager des säkularen Ex-Premiers Iyad Allawi erreicht 91 der 325 Mandate, jenes des bisherigen Regierungschefs Maliki 89.
Juli/August: Angesichts des Machtvakuums nach der Parlamentswahl und des näher rückenden US-Abzugstermins nimmt die Gewalt im Irak wieder zu.
17. August: Mindestens 60 Tote bei Selbstmordanschlag auf Rekruten im Zentrum von Bagdad.
19. August: Letzte US-Kampftruppen verlassen den Irak. US-Außenamtssprecher Philip Crowley spricht von einem “historischen Moment”. 50.000 Soldaten bleiben bis Ende 2011 zur Terrorbekämpfung und Armee-Ausbildung im Land. (APA; red.)
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