Am Freitag (23. Oktober) kommt nach langer Entstehungszeit die epische Verfilmung von Sönke Wortmann in die österreichischen Kinos. Die düstere Biografie der wissbegierigen Johanna, die von Verstand und Schicksal bis auf den Stuhl Petri befördert wird, bleibt nahe an der Romanvorlage und atmet durch die charismatische Johanna Wokalek in der Titelrolle.
Die Treue zum Buch bekennt “Die Päpstin” vor allem durch das sorgsame Erzählen von Johannas brutaler Kindheit und Jugend. Als Tochter eines jähzornigen Dorfpriesters muss sie früh erfahren, dass ihr nach kirchlicher Lehre als Mädchen keine Bildung zusteht – und auch sonst nicht viel. Aber die Lust am Lernen und ihre ungewöhnliche Geistesschärfe bringen sie in die Scola und in die Obhut des Ritters Gerold, mit dem sie schon bald viel mehr als Dankbarkeit verbindet. Blutige Kriegswirren und fiese Verschwörungen später trifft sie jene Entscheidung, die Autorin Cross hinter so mancher mittelalterlicher Lichtgestalt vermutet: Sie säbelt sich die Haare ab, schnürt ein Tuch eng um ihre Brüste und nimmt den Namen ihres toten Bruders an. Als Bruder Johannes Anglicus eilt ihr bald der Ruf als genialer Arzt bis ans Krankenbett des Pontifex voraus – und einmal im Vatikan, machen die unergründlichen Wege des Herrn sie schließlich selbst zu seiner Stellvertreterin auf Erden.
Wortmann, der das Ruder der Verfilmung nach dem Zerwürfnis der Produzenten mit Volker Schlöndorff übernommen hat, bebildert den abenteuerlichen Stoff in kräftigem grau in grau: Armut, Gewalt und Schmutz umgeben die Mönchin in ihrer grauen Kutte, aber Johanna Wokalek, mit rasierter Franziskanerglatze und sanfter, nie zu dick aufgetragener Androgynität, überstrahlt selbst als bleiches Papst-Bubi das düstere Drama und gibt mit David Wenham als noblem Feldherr Gerold sogar ein glaubhaftes Liebespaar. Weniger glaubhaft, aber trotzdem ein netter Lichtblick ist John Goodman als Papst Sergius, der einige deplatzierte Minuten Vatikan-Comedy in den zweieinhalbstündigen Historienschinken mischt.
Der historische Wahrheitsgehalt der Geschichte ist zunächst einmal drittrangig. Ob die Legende um die weibliche Päpstin, deren Pontifikat von 853 bis 855 von zahlreichen Anekdoten mehr unterfüttert als untermauert ist, nun ein eigentlich nicht besonders schändlicher Schandfleck der Kirchengeschichte ist oder eine Fabel mit einer jedenfalls wertvollen und in ihrem hohen Alter jedenfalls bemerkenswerten Message, das ist zunächst egal: Denn erstens wird sie spannend erzählt und zweitens könnte man sie zumindest eine verschwörungstheoretische Viertelstunde nach dem Abspann noch für wahr halten. Wer die Existenz einer Päpstin Johanna aufgrund der Quellenlage noch für eine plausible Geschichtsvertuschung gehalten hat, wird dies jedoch nach einem so effektiv überzeichneten Kinoerlebnis später wohl doch eher ad acta, oder besser ad fabulam legen.
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