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Die Plagegeister in der Nachbarschaft

Zum Schreien zumute ist in Vorarlberg so manchem genervten Nachbarn.
Zum Schreien zumute ist in Vorarlberg so manchem genervten Nachbarn. ©Symbolbild/bilderbox.de
Schwarzach - Laute Musik weit nach Mitternacht, penetranter Grillgeruch vom Balkon nebenan und Pflanzen, die auf das eigene Grundstück wachsen: Nachbarn können die Pest sein. Was man dagegen unternehmen kann – und was die Vorarlberger besonders nervt an ihren Nachbarn.
Was Vorarlberger an ihren Nachbarn nervt
Experte Gerhard Scheidbach im Interview

Wer kennt das nicht: Gerade hat man eine anstrengende Arbeitswoche hinter sich. Jetzt will man es sich einfach nur noch auf der Couch gemütlich machen, ein paar Seiten in dem Buch lesen, das man doch eigentlich recht spannend findet – aber nie Zeit hat, darin weiter zu lesen. Und dann ab ins Bett und sich erholen vor dem Wochenende. Bedauerlicherweise hat das junge Pärchen in der Nachbarwohnung andere Pläne: Dort steigt bis sechs Uhr morgens eine Monster-Party, mit grölenden Menschen und Hammerbässen, die das Schlafen unmöglich machen.

Sich gütlich einigen – oder wehren

Der geplagten Seele bleiben jetzt drei Möglichkeiten: Zu den Nachbarn gehen und mitfeiern. Resignieren und sich still ärgern. Oder sich zur Wehr setzen. Das kann man im Gespräch mit dem Nachbarn machen – oder den Weg einer Zivilklage beschreiten. In Vorarlberg landet man dann oft bei Anwalt Gerhard Scheidbach, Experte für Nachbarschaftsrecht in Feldkirch. Wir haben ihn zu den häufigsten Konfliktfeldern zwischen Nachbarn befragt.

Das meint der Experte

1. Muss man sich den Lärm aus der Wohnung/dem Haus nebenan gefallen lassen?

Hier gilt das Kriterium der Ortsüblichkeit. Entscheidend ist demnach, was das Gericht als für den jeweiligen Ort „normale“ Lärmbelastung ansieht. „Wenn Lärm noch im üblichen Maß geschieht, wird man sich das gefallen lassen müssen“, so Scheidbach. Die Quelle des Lärms ist dabei unerheblich: Ob laute Musik, spielende Kinder, bellende Hunde oder die amourösen Aktiviäten des Paares von neben. Sehr wohl entscheidend ist der Unterschied zwischen Tag und Nacht: Die Riesenparty um Mitternacht wird vor Gericht wohl eher nicht als „ortsüblich“ durchgehen.

2. Kann man sich gegen Grillgeruch wehren?

Auch hier gilt – wie bei den meisten Immissionen – das Kriterium der Ortsüblichkeit. Scheidbach dazu: „Wenn der Nachbar ein übliches Grillfeuer entfacht, werde ich das sehr wohl zu dulden haben.“ Eine Grenze überschritten wird dann, wenn der Nachbar im oberen Stock quasi „keine Luft mehr zum Atmen“ hat. Spätestens dann wäre ein klärendes Gespräch wohl angebracht.

3. Was kann man gegen Pflanzenwuchs vom Nachbarsgrundstück tun?

Spätestens seit Stefan Raabs „Maschendrahtzaun“ wissen wir, dass fremdes Grünzeug auf dem eigenen Grundstück einer harmonischen Beziehung mit den Nachbarn eher abträglich ist. „Grundsätzlich gilt, dass der Nachbar alle Äste abschneiden darf, die über die Grenze hängen.“ Eines gilt es aber zu beachten: „Das Abschneiden muss sach-und fachgerecht erfolgen. Die Pflanze darf grundsätzlich keinen Schaden erleiden.“ Und: Die Kosten dafür hat der Beeinträchtigte selbst zu tragen. Außer, der üppige Pflanzenwuchs hat bereits zu Schäden auf dem nachbarschaftlichen Grundstück geführt.

4. Was sind „negative Immissionen“?

Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Immission – wie eben Lärm, Geruch, Wasser und dergleichen mehr, die vom einen auf das andere Grundstück übertreten – haben negative Immissionen mit dem Entzug von etwas zu tun. Besonders „beliebt“: Der Entzug von Licht durch hohe Pflanzen auf dem Nachbargrundstück. Das Ganze funktioniert auch mit dem Entzug von Luft – wie das allerdings genau funktionieren könnte, ist selbst Scheidbach ein Rätsel. Gründsätzlich gilt: Die Grenze der Zumutbarkeit muss eindeutig überschritten sein, damit man vor Gericht recht bekommt.

5. Kann ich die Polizei rufen, um einem lästigen Nachbarn Herr zu werden?

Hier fragen wir Susanne Dilp von der Landespolizeidirektion. Die Polizei kann dann tätig werden, wenn tatsächlich eine Gefahr vom Nachbarn auszugehen scheint – wenn dieser etwa droht, gewalttätig zu werden. Darüber hinaus kann die Polizei auch bei Lärmbelästigungen einschreiten. Grundlage dafür bildet das Gesetz über Maßnahmen gegen Lärmstörung und über das Halten von Tieren. In diesem Bereich könne bereits durch Streitschlichtungsmaßnahmen sehr viel erreicht werden, so Dilp. Für alles andere ist die Polizei nicht zuständig – trotzdem sei es auch dann gelegentlich notwendig, streitschlichten einzugreifen. Damit ein fröhliches Grillfest nicht buchstäblich mit einem blauen Auge sein bitteres Ende findet. (MST)

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