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Die kurzlebige ungarische Räterepublik von 1919 und ihr Scheitern

Vor 90 Jahren, im März 1919, hatte sich im Gefolge des verlorenen Ersten Weltkrieges und des Scheiterns einer linksbürgerlichen republikanischen Regierung in Ungarn eine Räterepublik nach sowjetrussischem Vorbild konstituiert.

Innen- , wirtschafts- und außenpolitisches Versagen führten zum Scheitern dieses Räteregimes nach fünf Monaten.

Die sich abzeichnende Niederlage der Mittelmächte gegen Ende des Ersten Weltkrieges führte in der ungarischen Reichshälfte der Donaumonarchie zu chaotischen Zuständen. In Budapest wurde demonstriert und revoltiert, der ehemalige Ministerpräsident Istvan Tisza (1903-05, 1913-17) wurde am 31. Oktober 1918 von Revolutionären als “Urheber des nationalen Unglücks” ermordet. Einen Tag vorher hatte Kaiser Karl (als ungarischer König Karl IV.) nach dem Rücktritt der Regierung unter Sandor Wekerle den Vorsitzenden eines am 25. Oktober gebildeten Nationalrates, Graf Mihaly Karolyi, zum neuen Regierungschef ernannt.

Karolyis Regierung rief alle ungarischen Verbände der K. und K. Armee zur Einstellung der Kämpfe und Rückkehr in die Heimat auf, dies beschleunigte die Auflösung der K. und K. Armee. Österreich hatte am 3. November 1918 bei Padua einen Waffenstillstand mit den Alliierten geschlossen. Karolyis Regierung schloss mit den Alliierten am 8. November in Belgrad einen eigenen Waffenstillstand, veranlasste die staatsrechtliche Trennung Ungarns von Österreich und ersuchte die Mächte um einen Verständigungsfrieden mit Ungarn.

Den mit seiner Familie auf Schloss Eckartsau (Niederösterreich) weilenden König Karl IV. rief die Regierung zur Abdankung auf. Karl, der schon am 11. November auf die Teilnahme an den Regierungsgeschäften in Österreich verzichtet hatte, ohne formell abzudanken, gab am 13. November eine in drei Sätzen verfasste ähnliche Erklärung bezüglich Ungarns ab. Darin hieß es, er wolle nicht, dass seine Person der freien Entwicklung der ungarischen Nation, der gegenüber er unwandelbare Liebe hege, zum Hindernis werde. Er verzichte auf die Teilnahme an den Staatsangelegenheiten, nicht aber auf den Thron selbst. Zugleich erklärte Karl, die Entscheidung, mit der Ungarn seine Staatsform für seine Zukunft festlege, werde von ihm akzeptiert.

Am 16. November 1918 wurde in Ungarn die Republik ausgerufen und Karolyi zu ihrem ersten Präsidenten gewählt. Innenpolitisch versuchte er, eine radikale Bodenreform und mit ihr eine Gesellschaftsreform durchzuführen. Außenpolitisch verfolgte er einen ententefreundlichen Kurs, es gelang ihm aber nicht, die Siegermächte zu einer entgegenkommenden Haltung gegenüber Ungarn, besonders in der Grenzfrage zu bewegen. Infolge der Demobilisierung der Armee konnte Karolyi die Besetzung Oberungarns (Slowakei) durch die Tschechen, Siebenbürgens und des Banates durch Rumänien und Südungarns (Batschka und Vojvodina) durch die Serben nicht verhindern. Die in ihrem Nationalstolz getroffene Bevölkerung sah darin ein Versagen Karolyis und seiner linksbürgerlichen Regierung.

Erfolglos in der Friedensfrage, innenpolitisch machtlos gegenüber der Radikalisierung von Teilen der Bevölkerung, wichen Karolyi und seine Regierung am 21. März 1919 einem sozialistisch-kommunistischem Revolutionsrat, der am gleichen Tag die Räterepublik Ungarn ausrief und am 2. April eine Räteverfassung erließ. Starker Mann des neuen Regimes war der aus Moskau zurückgekehrte Außenkommissar des Regimes, Bela Kun, der an der Seite Lenins die Kommunistische Internationale mitbegründet hatte.

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