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Die Goldfahrt am verhassten Berg

Patrick Ortlieb auf der Fahrt zu Gold: Bei den Winterspielen 1992 gelang ihm eine perfekte Fahrt.
Patrick Ortlieb auf der Fahrt zu Gold: Bei den Winterspielen 1992 gelang ihm eine perfekte Fahrt.
Vor 20 Jahren schrieb Patrick Ortlieb mit Abfahrtsgold ein Stück Olympiageschichte.
Patrick Ortliebs Karriere als Sportler und Politiker

Sonntag, 9. Februar 1992, Val dIsère. Patrick Ortlieb rast mit der Startnummer eins am berühmt-berüchtigten „Face de Bellevarde“ zum Olympiasieg. Als glatter Außenseiter, der bis dahin ohne Weltcupsieg dastand, auf einer ihm verhassten Strecke, an der er im Vorfeld kein gutes Haar gelassen hatte. Nach 18 Kurven, fünf Sprüngen, 42 Richtungstoren und 2809 Metern stand für den damals 24-jährigen Oberlecher eine Zeit von 1:50,37 auf der Anzeigetafel. Fünf Hundertstel Sekunden (oder 1,32 Meter) betrug am Ende der Vorsprung von Ortlieb auf Franck Piccard – auf die Fahrt des favorisierten Franzosen musste der Olympiasieger im Ziel lange 50 Minuten warten.

Langes Warten nach guter Fahrt

„Eine meiner schönsten Erinnerungen“, blickt Ortlieb heute zurück. „Es ist noch sehr viel von damals präsent. Der Tagesablauf, die Vorbereitung, die Siegerehrung, die Medaillenfeier. Ich habe auch nach meiner Fahrt sofort gewusst, dass sie sehr gut war.“ Die Startnummer eins war kein Nachteil, gibt Ortlieb zu. „Das Warten hat natürlich Nerven gekostet, weil Piccard mit einer hohen Startnummer erst spät dran war.“ Für den hatte man als Hausherrn auf der Olympiastrecke von Val dIsère alles getan, damit er zu Gold fahren konnte. „Piccard hat sich die ganze Saison nur auf dieses eine Rennen vorbereitet“, erklärt Ortlieb. „Und die Piste wurde vor seiner Fahrt nochmals picobello hergerichtet.“ Aber auch für Ortlieb war der Gold-Clou akribisch geplant. Abfahrtstrainer Kurt Engstler steckte zum Einfahren für das ÖSV-Team einen Super-G. „Das passt perfekt, hat Kurt nachher gesagt. Er bereitete uns auf diesen Tag so gut vor, dass wir mit Selbstvertrauen vollgepumpt waren.“ Und Head-Servicemann Heinz Hämmerle, der heute die Ski von Lindsey Vonn schnell macht, hat ein neues Brettl, 2,15 m lang, ausgepackt. „Der Heinz hat ganz genau gewusst, welcher Ski an diesem Tag passt.“ Die Kritik an der Strecke am „Face de Bellevarde“ hält er bis heute aufrecht. „Ich habe ja nicht gesagt, dass die Abfahrt nicht olympiawürdig war. Es hat damals die Tendenz gegeben, Kurvenorgien zu veranstalten. Für mich gehört zu einer klassischen Abfahrt neben den Kurven und Sprüngen allerdings auch ein Gleitstück. Und das hat es damals nicht gegeben.“ Vorarlberg ist bei der Olympiafahrt „halb närsch wora“, wie es der ehemalige Sport-Landesrat Fredy Mayer ausdrückte. Und eine der ersten Gratulantinnen bei Mama Gertrud Ortlieb in Oberlech war die niederländische Königin Beatrix.

Medaillen-Lawine losgetreten

Mit einer Mär räumt Ortlieb nachträglich auf. Die für Gold kolportierte Prämie von 120.000 Schilling hat es nicht gegeben. „Ich habe vom Österreichischen Olympischen Komitee einen Satz Philharmoniker-Münzen bekommen, das war es.“ Der heutige Präsident des Vorarlberger Skiverbandes hatte mit dem Abfahrtsieg in Val dIsère eine Medaillen-Lawine für Österreich losgetreten: 21 Mal Edelmetall brachte das Olympiateam 1992 aus Albertville mit nach Hause. Vorarlberg feierte neben Ortliebs Gold auch noch zwei Silberne von Anita Wachter (Riesentorlauf, Kombination) sowie Team-Bronze in der nordischen Kombination von Stefan Kreiner. Damit war das Ländle in der Bilanz besser aufgestellt als die Schweiz mit einmal Gold und zweimal Bronze . . .

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