Die ganze Existenz verspielt
Lukratives Einkommen, gute Beziehung, schöne Wohnung: Christian* hatte einmal alles. Heute ist nichts mehr davon übrig. Der 57-jährige Oberländer verspielte seine Existenz in Casinos und Spielhallen. Rund 100.000 Euro kostete ihn seine Hoffnung auf den großen Gewinn, der doch nie kam. „Für meine Situation bin allein ich verantwortlich”, stellt Christian nüchtern fest. Doch er bedauert, dass es niemanden gab, der ihn aufgehalten hätte. „Vielleicht wäre ich dann früher aus diesem Teufelskreis herausgekommen”, grübelt er. Als gar nichts mehr ging, ließ er sich aus eigenem Antrieb für die Casinos sperren und begann eine Therapie bei der Suchtberatungsstelle „Clean”.
Verantwortung eingefordert
Christian möchte seine Geschichte erzählen. Aber nicht, weil er Mitleid oder eine Rechtfertigung sucht. Vielmehr wünscht er sich, dass „auch Angehörige versuchen sollten zu verstehen, dass Spielsucht eine Krankheit ist” und „Casinos ihre Verantwortung Betroffenen gegenüber stärker wahrnehmen”. Als er sich sperren lassen wollte „musste ich geradezu betteln darum”, erzählt Christian. Immer wieder sei er gefragt worden, ob er denn schon wisse, was das für ihn bedeute. Auf jeden Fall wusste er was es bedeutet, wenn er diesen Schritt nicht tun würde. „So klar war ich damals.”
Christine Köhlmeier, Leiterin der Suchtberatungsstelle „Clean”, kennt diese Schwierigkeiten auch von anderen Klienten. Sie habe Problematik bereits bei den Casinos Austria deponiert. Denn: „Sich freiwillig sperren zu lassen braucht große Überwindung.” Köhlmeier sieht ebenso die Politik in der Pflicht. Die Spielsucht werde viel zu wenig als Krankheit wahrgenommen. Wie bei Nikotin sollte ihrer Ansicht nach die Werbung auch für das Glückspiel überdacht werden. Köhlmeier: „Die hat sich nämlich deutlich verschärft.”
Mithilfe einer Therapie versucht Christian, sein Dasein wieder in den Griff zu bekommen. Langsam gelingt es ihm. Doch der Weg zurück ist steinig. Immer wieder redet er „vom Känzele”, wenn das Gröbste geregelt sei. Christine Köhlmeier kennt auch das. Unter Spielsüchtigen gibt es einen hohen Anteil von Suiziden. „Viele schämen sich und warten zu, bis die Ausweglosigkeit zu groß wird”, sagt Köhlmeier. Was ihnen helfen kann ist, Spielsucht als Krankheit zu akzeptieren.
Den Artikel lesen Sie auch hier in der aktuellen Ausgabe der Vorarlberger Nachrichten.
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