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Die braunen Flecken der Blumeninsel Mainau

Die Insel Mainau aus der Luft (Archivbild 2009).
Die Insel Mainau aus der Luft (Archivbild 2009). ©AP
Dafür musste eine neue Generation her: Mehr als 65 Jahre nach Kriegsende will die Adelsfamilie Bernadotte die Zeit des Nationalsozialismus auf der "Blumeninsel" Mainau aufarbeiten.

Insbesondere die Zeitspanne zwischen 1930 und 1945 sowie die frühen Nachkriegsjahre soll eine Kommission unter der Leitung des Konstanzer Historikers Lothar Burchardt in den kommenden Monaten beleuchten, teilte die Mainau GmbH mit. Demnach sollen erste Ergebnisse noch 2012 präsentiert werden.

Blumeninsel an Nazis verpachtet

Während des Krieges war die Mainau an die Nazis verpachtet. Die NS-Zeit verlief für das Adelshaus alles andere als ruhmreich. Der Konstanzer Historiker Arnulf Moser begrüßte die Entscheidung der Familie, sich dem Thema zu stellen: “Früher war man auf der Mainau wohl der Ansicht, dass das nicht zum Image der ‘Blumeninsel’ passte.” Moser hatte bereits 1995 das Buch “Die andere Mainau 1945. Paradies für befreite KZ-Häftlinge” veröffentlicht.

Auf Anregung der Deutsch-Französischen Vereinigung Konstanz nahmen Bettina Gräfin Bernadotte und ihr Bruder Björn die Aufarbeitung in Angriff. Schließlich stelle sich keine Schuldfrage, gibt Moser zu bedenken: “Die Familie Bernadotte war ja in Schweden damals.”

Erholungsheim für Rüstungsindustrielle

Lennart Graf Bernadotte (1909-2004) hatte die Insel laut Moser 1943 an die Nazi-Organisation Todt verpachtet, die mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern Verkehrswege, Rüstungsfabriken und Wehranlagen an der deutschen Westgrenze bauen sollte. Nach Angaben des Direktors der Städtischen Museen Konstanz, Tobias Engelsing, wurden die Insel und ihre Gebäude in diesen Jahren gepflegt und renoviert, um als Erholungsheim für Rüstungsindustrielle zu dienen.

Französische Nazi-Kollaborateure auf der Insel

Kurz vor Kriegsende quartierten sich französische Nazi-Kollaborateure auf der Mainau ein. Unter anderen saß Jacques Doriot, Chef der faschistischen Parti populaire francais, mit seinen Leuten auf der Mainau, als die Vichy-Regierung von September 1944 bis April 1945 im Sigmaringer Schloss Domizil bezogen hatte.

Unter der französischen Militärregierung kamen in den Monaten nach Kriegsende 1945 rund 4000 französische KZ-Häftlinge zur Genesung und in Quarantäne auf die Inseln Mainau und Reichenau. 33 von ihnen starben auf der Mainau an den Folgen der KZ-Haft. Nun schlägt die Deutsch-Französische Vereinigung vor, mit einer Gedenktafel an sie zu erinnern.

Lennart Graf Bernadotte lehnte die Untersuchung der Rolle der Mainau im Nationalsozialismus zeitlebens ab. Für den Leiter des Hauses der Geschichte in Stuttgart, Thomas Schnabel, ist die Bereitschaft zur Untersuchung nun ein normales Phänomen. “Erst die nachfolgenden Generationen haben eine ausreichende Distanz zur Aufarbeitung”, sagte Schnabel. “Das ist ein generationelles Problem.” (APA)

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