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Deutschland: Koalitionsvertrag am Freitag

Union und SPD wollen am Freitag die zweite große Koalition in der Geschichte der deutschen Bundesrepublik besiegeln. Merkel muss bei der Kanzlerwahl mit SPD-Gegenstimmen rechnen.

Dazu werden die Spitzen von CDU, CSU und SPD den 191 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag im Foyer des zum Bundestag gehörenden Paul-Löbe-Hauses in Berlin unterzeichnen. Anders als die rot-grüne Vorgängerregierung 2002 planen die neuen Koalitionäre eine schlichte Zeremonie.

Um 12.00 Uhr werden zunächst die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Edmund Stoiber (CSU) und Matthias Platzeck (SPD) kurze Ansprachen halten, wie ein CDU-Sprecher am Donnerstag mitteilte. Danach werden sie das von den drei Parteien bereits gebilligte Vertragswerk unterzeichnen. Wer für die Union der dritte Unterzeichner sein wird, sollte erst am Nachmittag feststehen. Für die SPD werden zudem der designierte Vizekanzler Franz Müntefering und möglicherweise eine führende Sozialdemokratin unterschreiben.

Bei der Kanzlerwahl am 22. November im Bundestag muss Merkel allerdings mit Gegenstimmen rechnen. Die Sprecherin des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Petra Ernstberger, sagte der „Netzeitung“ am Donnerstag, sie sei sich sicher, dass Merkel Gegenstimmen bekommen werde. „Eine hundertprozentige Wahl kann ich mir nicht vorstellen“, fügte sie hinzu. Doch werde Merkels Ergebnis “überzeugend“ sein.

CSU-Generalsekretär Markus Söder warnte die SPD im Nachrichtensender N24, gegen Merkel zu stimmen. Es wäre „kein gutes Signal, wenn eine große Koalition, die ja auch ein gegenseitiges Vertrauen braucht, mit solchen Dingen startet“, sagte Söder. Er hoffe, dass Merkel ein einstimmiges Ergebnis der schwarz-roten Koalition erhalte.

Als ein möglicher Grund für Gegenstimmen aus der SPD gilt das relativ schlechte Abschneiden von Wolfgang Thierse (SPD) bei der Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten. Mit Blick auf die damaligen Nein-Stimmen für Thierse aus der Union sagte der parlamentarische Sprecher der SPD-Linken, Michael Müller, der „Netzeitung“, er könne nicht verstehen, wenn Söder jetzt von Vertrauen spreche. „Vertrauen der Union hätten wir schon bei der Wahl Thierses zum Bundestagsvizepräsidenten erwartet“, sagte Müller.

Nach der Wahl der Bundeskanzlerin und ihrer Vereidigung soll am Dienstagabend im Berliner Kanzleramt eine förmliche Amtsübergabe stattfinden. Das teilte das Bundespresseamt am Donnerstag auf Anfrage mit. Bundestagspräsident Norbert Lammert veröffentlichte die Tagesordnung für die Sitzung, in der die neue Bundesregierung der großen Koalition ihre Amtsübernahmen vorbereitet.

Danach wird zunächst (ab 10.00 Uhr) Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Bundestag gewählt. Sie braucht dazu die „Kanzlermehrheit“ aller 614 Abgeordneten, also mindestens 308 Stimmen. Anschließend wird die Sitzung unterbrochen, und Merkel fährt zu Bundespräsident Horst Köhler, um sich ihre Ernennungsurkunde abzuholen.

Danach (14.00 Uhr) leistet sie ihren Eid vor dem Bundestagspräsidenten und dem Parlament. Es folgt wieder eine Sitzungsunterbrechung, während der die Regierungschefin sich mit ihrer Kabinettsriege wiederum zu Köhler begibt, der den Ministerinnen und Ministern ihre Urkunden überreicht. Darauf geht es zurück ins Parlament, und die Kabinettsmitglieder werden nacheinander vereidigt. Dann kommt die Amtsübergabe. Anschließend wiederum will sich sich das neue Kabinett zu seiner ersten förmlichen Sitzung versammeln, wie es seit Jahrzehnten üblich ist.

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