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Deutsche Parteien bereiten Wahlkampf vor

Noch vor der Entscheidung des deutschen Bundespräsidenten über eine vorgezogene Neuwahl hat der Wahlkampf die Parteien voll im Griff. Die SPD hat die Schwerpunkte ihres Wahlprogramms festgezurrt.

Den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zog es am Freitagabend in seine Heimatstadt Hannover, um die Basis auf die bevorstehenden Auseinandersetzungen einzuschwören. Bei Landesparteitagen werden an diesem Wochenende vielerorts die Kandidaten für die geplante Wahl aufgestellt.

Schröder hatte den deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler am Freitag nach seiner Niederlage bei der Vertrauensabstimmung um die Auflösung des Bundestags gebeten. Köhler hat bis 22. Juli Zeit, den Antrag auf seine Verfassungsmäßigkeit zu prüfen und über eine Neuwahl am 18. September zu entscheiden.

Der Chef der deutschen Grünen, Reinhard Bütikofer, sieht nach der Vertrauensabstimmung im Bundestag gute Chancen für Neuwahlen. „Die Entscheidung war ein klares Signal, dass jetzt die Wählerinnen und Wähler darüber bestimmen sollen, welche Politik in den kommenden vier Jahren gemacht wird“, sagte Bütikofer in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die SPD will im Fall eines Wahlsieges die Leistungen für Familien ausbauen und das Gesundheitssystem durch eine Bürgerversicherung für alle bezahlbar machen. Um Lohndumping zu verhindern, wird ein gesetzlicher Mindestlohn angestrebt. Spitzenverdiener sollen einen dreiprozentigen Aufschlag auf die Einkommenssteuer zahlen. Dies sind die Schwerpunkte des SPD-Wahlprogrammes, das der dpa vorliegt. Der Parteivorstand will das 37 Seiten lange Wahlmanifest am Montag verabschieden.

Die sächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Jelena Hoffmann will unterdessen an ihrer Ankündigung festhalten, wegen des Verfahrens zur Vertrauensfrage in Karlsruhe zu klagen. Der Bundeskanzler habe sie mit seinem Auftritt nicht überzeugen können, sagte Hoffmann gegenüber der Chemnitzer „Freien Presse“ (Samstag-Ausgabe). Auch der Grün-Abgeordnete Werner Schulz hatte zuvor bekräftigt, im Fall einer Auflösung des Bundestages nach Karlsruhe ziehen zu wollen.

Laut „Bild am Sonntag“ planen Hoffmann und Schulz, gemeinsam Klage beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Außerdem würden noch weitere Abgeordnete überlegen, sich anzuschließen, berichtet die Zeitung. Hoffmann habe von zwei, Schulz von „etlichen Abgeordneten“ gesprochen, die einen solchen Schritt in Erwägung zögen.

Sollte es im Herbst zu Neuwahlen kommen, will FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt ein zweistelliges Ergebnis für die Liberalen erzielen. Vom so genannten Spaßwahlkampf der vergangenen Bundestagswahl distanzierte sich Gerhardt in der „Welt am Sonntag“. Die FDP werde sich ernsthaft dem Prinzip „Vorfahrt für Arbeit“ widmen. „Das Projekt 18 hat mir nie gefallen“, sagte der Fraktionschef wörtlich.

Der ehemalige PDS-Vorsitzende Gregor Gysi, der gemeinsam mit Oskar Lafontaine die neu gegründete Linkspartei/PDS in die Bundestagswahl führen will, schloss eine mögliche Koalition mit der SPD kategorisch aus. „Schröder betreibt eine schleichende Entsozialdemokratisierung der Sozialdemokratie. Deshalb können wir auch mit ihm nie zusammengehen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Dagegen schloss der Vorsitzende der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), Klaus Ernst, eine Zusammenarbeit mit der SPD auf mittlere Sicht nicht aus. Wenn sich die SPD „regeneriert und von den Leuten trennt, die sie auf den falschen Weg gebracht haben, wenn sie also wieder sozialdemokratisch wird, warum sollte man dann nicht zusammenarbeiten“, meinte Ernst in einem Interview mit dem Berliner „Tagesspiegel“. Allerdings sehe auch er dafür kurzfristig keine Chance.

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