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Deutsche Arbeitslosenzahl auf 24-Jahres-Tief gefallen

Merkel darf sich über gut Arbeitsmarktzahlen freuen
Merkel darf sich über gut Arbeitsmarktzahlen freuen ©APA
Dank der Herbstbelebung ist die Zahl der Jobsucher in Deutschland weiter zurückgegangen. Doch auch saisonbereinigt entwickelt sich der Arbeitsmarkt positiv. Und die Nachfrage nach Fachkräften ist ungebrochen.

Zuletzt waren 2,649 Millionen Menschen ohne Job, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Das waren um 59.000 Erwerbslose weniger als im September und um 83.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,2 Punkte auf 6,0 Prozent. Niedriger lag die Arbeitslosigkeit in einem Oktober zuletzt vor 24 Jahren. Behördenchef Frank-Jürgen Weise sagte: “Die günstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hält weiter an.”

Auch saisonbereinigt seien Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung leicht gesunken: Die um jahreszeitliche Einflüsse bereinigte Erwerbslosenzahl ging um rund 5.000 auf 2,788 Millionen zurück, in Westdeutschland um 2.000, im Osten um 3.000.

Zahl der offenen Stellen gestiegen

“Auch die Arbeitskräftenachfrage hat nochmals zugelegt”, sagte Weise. Die Zahl der offenen Stellen stieg im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 95.000 auf 612.000. Besonders gesucht waren laut BA Arbeitskräfte in Verkehr und Logistik, Verkauf sowie Metallerzeugung, -bearbeitung und Metallbau. Auch in den Berufsfeldern Maschinen- und Fahrzeugtechnik, Mechatronik, Energie- und Elektrotechnik suchen die Firmen weiter nach Fachkräften.

Bei der Beschäftigung sei das kräftige Wachstum ungebrochen, sagte Weise. Erwerbstätigkeit und die Zahl der Menschen mit regulärem Job sind weiter gewachsen. Nach den jüngsten Daten vom September stieg die Zahl der Erwerbstätigen saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 50.000 auf 43,40 Millionen. Das waren um 381.000 mehr als im Vorjahr. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung legte von Juli auf August um 59.000 auf 31 Millionen zu. Das waren um 691.000 mehr Menschen mit regulärer Beschäftigung als vor einem Jahr.

Arbeitsmarkt in guter Verfassung

Hauptursache für den Rückgang der Arbeitslosenzahl im Oktober ist der Schul-, Ausbildungs- und Semesterbeginn. Dadurch melden sich weniger junge Menschen arbeitslos. Auch die Unternehmen stellen nach der Sommerpause vermehrt neue Mitarbeiter ein.

Die Zahl der offenen Stellen auf dem deutschen Arbeitsmarkt macht nach Einschätzung von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) den Bedarf von weiteren Qualifizierungsmaßnahmen deutlich. Die Arbeitslosenzahlen zeigten deutlich, dass sich der Arbeitsmarkt in einer guten Verfassung befinde, sagte Nahles am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Waiblingen zu dem Thema.

Bei der Bundesagentur seien noch 600.000 freie Stellen gemeldet, sagte Nahles. Tatsächlich liege die Zahl wohl eher bei einer Million. Deshalb müsse die Frage der Qualifizierung von An- und Ungelernten in Tarifverträgen, Betrieben, aber auch arbeitspolitischen Maßnahmen angegangen werde

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Quelle: Spiegel.de

 

“Ein paar Bremseffekte” erwartet

Doch die Zeiten stagnierender oder gar sinkender Arbeitslosigkeit gehen nach ihrer Einschätzung allmählich zu Ende. “Ein paar Bremseffekte werden in den nächsten Monaten zu sehen sein”, sagte etwa der Ökonom Stefan Kipar von der Bayerischen Landesbank.Für das kommende Jahr rechnen die meisten Volkswirte mit leicht steigenden Arbeitslosenzahlen. Sie führen dies auf die Konjunkturabkühlung in Schwellenländern wie etwa in China zurück, aber auch auf die große Zahl von Flüchtlingen, die nicht sofort in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Auch der VW-Abgasskandal könnte den Jobmarkt treffen, befürchten einzelne Volkswirte. “Den VW-Effekt wird man sehen, aber das wird kein sehr starker Effekt sein”, sagte etwa Kipar.

Stellenboom setzt sich fort

Unterdessen setzt sich der seit Monaten anhaltende Stellenboom fort: Trotz ungewisser Konjunkturaussichten sucht die deutsche Wirtschaft nach Bundesagentur-Angaben derzeit so viele Arbeitskräfte wie nie zuvor. Der Stellenindex BA-X der Bundesagentur kletterte im Oktober mit 202 Punkten (plus 5 Punkte zum Vormonat) erstmals in seiner Geschichte über die 200er-Marke und erreichte damit ein neues Rekordniveau, teilte die Nürnberger Behörde am Mittwoch mit.

Eine ähnliche Entwicklung beobachtet auch das Münchner Ifo Institut. Dessen Beschäftigungsbarometer, das auf den Personalplanungen von 9.500 befragten Unternehmen beruht, stieg im Oktober auf den höchsten Wert seit Jänner 2012, wie das Institut mitteilte. Insgesamt habe sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nach Volkswirte-Prognosen im Oktober verbessert. Die offiziellen Oktober-Arbeitslosenzahlen will die Nürnberger Bundesbehörde an diesem Donnerstag veröffentlichen.

Die Bundesagentur führt den anhaltenden Aufwärtstrend auf die ihrer Ansicht nach andauernde “positive konjunkturelle Grundtendenz” zurück. Nach BA-Beobachtungen gibt es praktisch in allen Branchen mehr unbesetzte Stellen als vor einem Jahr. Am stärksten stieg die Arbeitskräftenachfrage im Vergleich zum Oktober 2014 im Handel. Aber auch viele Pflegeheime, Kliniken, Kindertagesstätten und andere Sozialeinrichtungen hätten im Oktober nach qualifizierten Mitarbeitern gesucht. Ein Drittel aller offenen Stellen stamme von Leiharbeitsunternehmen. Eine Rolle spiele auch, dass viele Stellen wegen des Kräfteengpasses oft länger als früher unbesetzt blieben.

AMS-Chef schließt heuer im Winter 500.000 Arbeitslose nicht aus

Anders die Situation in Österreich: Die Arbeitslosigkeit hierzulande steigt weiter. Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), hält 500.000 Arbeitslose im Winter für durchaus realistisch, wie er im “Kurier” sagt.

“Das entscheidet Frau Holle. Bei einem harten Winter mit viel Schnee könnten wir im Jänner dort sein”, meinte Kopf in der Zeitung.

Zum Vergleich: Heuer im Jänner (2015) waren in Österreich inklusive Schulungen 472.539 Personen ohne Job.

Gründe für die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit: Die schlechte Konjunktur und der starke Zustrom auf den Arbeitsmarkt. Durch Zuwanderung, Frauen und Auswirkungen der Pensionsreform kommen dem Bericht zufolge zwischen 40.000 und 60.000 Menschen hinzu.
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