Deutliche Mehrheit für Minarett-Verbot in der Schweiz erwartet
Die Initiative “Gegen den Bau von Minaretten” erhielt nach einer vorläufigen Hochrechnung des Rundfunksenders SRG einen Stimmenanteil von 59 Prozent und offenbar auch die erforderliche Mehrheit der Kantone. Obwohl noch nicht alle Stimmen ausgezählt waren, galt der Trend am Nachmittag als unumkehrbar.
Noch Mitte November hatte es in Umfragen eine relativ deutliche Mehrheit für die Gegner der Initiative gegeben. Nach ersten Ergebnissen errangen nun aber die Befürworter des Minarett-Verbots in den französischsprachigen Kantonen Genf und Jura 40,3 und 51,2 Prozent. In Basel-Stadt waren es 48,4 Prozent, im Kanton Freiburg 55,9 Prozent, in Graubünden 58,6 Prozent und in Uri 63,8 Prozent. In Appenzell-Innerrhoden kamen die Minarett-Gegner auf 71,4 Prozent.
Hinter der Initiative stehen die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU), die ein Verbot zur Errichtung von Moscheen mit Gebetstürmen in der Schweizer Verfassung verankern wollen. Der Politikwissenschaftler Claude Longchamp sagte dem Radiosender DRS, für das sich abzeichnende Ja seien in erster Linie parteiunabhängige Wähler ausschlaggebend gewesen.
Vertreter vieler Parteien sprachen im Fernsehen von einer politischen Abstimmung. Es sei auch um die Angst vor einem militanten Islam gegangen. Die SVP und ihre Mitstreiter hätten die Sorgen der Bevölkerung, die zu einer unerwartet hohen Stimmbeteiligung führten, mit ihrer Initiative richtig eingeschätzt. Dagegen hatten sich die anderen bürgerlichen Parteien sowie Sozialdemokraten und Grüne zusammen mit der Regierung vehement gegen das Bauverbot ausgesprochen.
Die Regierung in Bern hatte empfohlen, mit Nein zu votieren. Sie befürchtete, ein Minarett-Verbot werde “im Ausland auf Unverständnis stoßen und dem Ansehen der Schweiz schaden”. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, bis zum Sommer 2008 selbst noch SVP-Mitglied, hatte gesagt, ein Minarett-Verbot stehe im Widerspruch zu den Menschenrechten und gefährde den religiösen Frieden.
Die Initiatoren hatten mehr als 100.000 Unterschriften gesammelt und so die Volksabstimmung durchgesetzt. Sie betonten, dass sich das Referendum nicht gegen den Islam als Religion wende. Für den SVP-Politiker Ulrich Schlüer, einen der Wortführer der Initiative, ist das Minarett vielmehr ein “politisches Symbol eines Machtanspruchs”.
Für landesweite Aufregung sorgten vor allem die provokativen Plakate der Anti-Minarett-Initiative, die in mehreren Städten verboten wurden. Auf einem Poster ist eine Frau im schwarzen Tschador vor einer Schweizer Fahne mit raketenähnlichen Minaretten zu sehen. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) wertete das Plakat als eine Bedrohung des öffentlichen Friedens, auch Menschenrechtsexperten der UNO zeigten sich besorgt.
Von den 7,5 Millionen Einwohnern der Schweiz sind rund 400.000 muslimischen Glaubens, etwa 50.000 bezeichnen sich als praktizierende Muslime. Bisher gibt es im ganzen Land lediglich vier Moscheen mit Minaretten. Die Mehrheit der Muslime in der Schweiz stammt aus dem Balkanraum oder der Türkei.
Die Schweizer stimmten am Sonntag auch über die Initiative “Für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten” ab, die Waffenexporte vollständig verbieten will. Nach Auszählung von elf Vollkantonen und vier Halbkantonen hat jedoch kein einziger Kanton mit Ja gestimmt. Damit ist die Initiative der “Gruppe Schweiz ohne Armee” (GSoA) am Ständemehr (Kantonsmehrheit) gescheitert. Gleichzeitig zeichnete sich ab, dass die Initiative auch das Volksmehr deutlich verpassen würde. Hochrechnungen prognostizierten einen Nein-Stimmen-Anteil von 68 Prozent.
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