AA

Der Schmäh mit der Pensionierung

Bregenz/Wien/VN - Den Pensionsbescheid in Händen zu halten, muss nicht bedeuten, dass man auch in Pension gehen kann.
Nicht in Pension und auch keinen Job mehr

Herr Mayer* aus Sulzberg wirkte in den 60er-Jahren in der elterlichen Landwirtschaft mit – und erwarb sich so Versichertenzeiten, die nach einem Nationalratsbeschluss 2008 als leistungswirksam galten. Im November 2011 bekam er von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) auch den positiven Bescheid, dass er am 1. Februar 2011 in Pension gehen könne.

Doch wie schnell sich in Österreichs Politik bisweilen Sachen ändern können, musste Herr Mayer nun am eigenen Leib schmerzhaft erfahren. Denn der Nationalrat macht seinen eigenen Beschluss einfach wieder rückgängig. Und beschloss im Zuge des Sparpakets Ende 2010 unter anderem, dass Zeiten, die Kinder in der elterlichen Landwirtschaft mitversichert verbrachten, bei der Hacklerregelung nun doch nicht mehr als Ersatzzeiten berücksichtigt werden. Ab 1. Jänner 2011 ist dies geltendes Recht. Und wer büßt das? Richtig. Die Betroffenen.

Namhafte Beträge nachzahlen

So erhielt Herr Mayer, der die schriftliche Pensions-Zusicherung ja bereits in Händen hielt, am 14. Jänner 2011 einen folgenschweren Anruf von der PVA. In diesem Telefonat wurde ihm mitgeteilt, dass er zwar in Pension gehen könne, dafür aber einen namhaften Betrag in vierstelliger Höhe zahlen müsse – weil die damals erworbenen Zeiten nun eben doch nicht anerkannt werden. Ansonsten verschiebe sich sein Pensionsantrittsalter einfach nach hinten. Auch Herr Grabher* aus Hörbranz – er wirkte zwischen 1966 und 1969 ebenfalls in der elterlichen Landwirtschaft mit – bekam an diesem 14. Jänner 2011 einen solchen Anruf der PVA. Herr Grabher – zuvor ebenfalls mit einer Pensionszusicherung ausgestattet – müsste, um in Pension gehen zu können, nun rund 6000 Euro zahlen. Der freiheitliche Betriebsrat Günther Baur schüttelt den Kopf. „Wenn das durchgeht, dann ist entweder die halbe Abfertigung futsch, oder sie müssen sich mit 60 beim AMS melden und sich arbeitsbereit erklären.“ Und beide wüssten bis heute nicht, ob sie nun in Pension seien oder nicht.

Der Überbringer der Nachricht

Die Pensionsversicherungsanstalt ist zwar für das Überbringen der schlechten Nachrichten zuständig, nicht aber für die geänderte Gesetzeslage verantwortlich. Die PVA ist nur die durchführende Stelle. „Der Gesetzgeber hat das sehr kurzfristig eingeführt“, sagt Johannes Pundy, PVA-Pressesprecher in Wien. Man sei nun dabei, alle diese Fälle herauszufiltern und mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen. Hat man seitens der Behörde Verständnis für die Wut der Betroffenen?

Pundy sagt: „Natürlich verstehen wir den Unmut. Ich glaube, dass die Bestimmung selbst vielleicht aus budgetären Gründen in Ordnung ist – aber man hätte sich eine längere Übergangsregelung erwartet.“ Er wisse allerdings, dass Interessensvereinigungen tätig seien; er höre, dass die Einbringung einer Klage geplant sei. Nur dauern Verhandlungen und Klagen ihre Zeit, und das hilft den aktuell Betroffenen damit herzlich wenig. Die haben nur zwei Möglichkeiten, wie Pundy bestätigt: „Entweder die Zeiten nachzukaufen, was im Einzelfall ein paar Tausend Euro ausmachen kann.“ Oder, was noch unangenehmer für die Betroffenen sei: „Länger zu arbeiten, weil diese Zeiten nicht mehr ohne Beitragsleistung angerechnet werden können.“ Mit satten 156 Euro pro Monat können die Beiträge nachgekauft werden.

Die FPÖ will das so nicht hinnehmen. „Die Vorgangsweise der Bundesregierung widerspricht ganz eindeutig dem verfassungsrechtlichen Grundsatz“, empört sich FPÖ-Chef Dieter Egger. In einem Antrag fordert er die Landesregierung auf, bei der Bundesregierung gegen dieses Gesetz und gegen diese Vorgangsweise vorzugehen, „und notfalls eine Verfassungsklage einzubringen.“ Laut „vorsichtigen, unverbindlichen“ Schätzungen der PVA sind österreichweit 1000 Menschen betroffen.

* Namen von der Redaktion geändert

  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Der Schmäh mit der Pensionierung