Nun präsentiert er mit “Der Schaum der Tage” (ab 1. November im Kino) einen sehr französischen Stoff: die Verfilmung von Boris Vians gleichnamigen Roman von 1946. In der Tradition des Surrealismus erzählt das Drama von einem Pariser Pärchen, das sich verliebt und dann gemeinsam zugrunde geht. Frankreichs Vorzeige-Strahlefrau Audrey Tautou (“Amelie”) darf zunächst breit lächeln und muss dann rehäugig den Leinwand-Tod sterben.
Der Schaum der Tage: Die Geschichte
Der Franzose Gondry kennt sich aus in der visuellen Darstellung von skurrilen Einfällen. Im oscarprämierten “Vergiss mein nicht!” (2004) wurden den Figuren ihre schmerzlichen Erinnerungen wegoperiert, in “The Science of Sleep – Anleitung zum Träumen” (2006) vermischten sich Traum und Realität.
In seiner Verweigerung der schnöden Wirklichkeit geht Gondry nun einen Schritt weiter: Er verzichtet weitgehend auf realen Bezug und erklärt eine skurrile Traumwelt kurzerhand zur Normalität. Klaviere werden zu Cocktail-Mischmaschinen, Mäuse zu Küchengehilfen und Seerosen zu todbringenden Geschwüren. Spielzeugwürfel dienen als Terminkalender, Schuhe bekommen ein Eigenleben und laufen von dannen. Ein an Fantasie prall besetztes Bild reiht sich an das andere. Wolken werden zu Luftschiffen, Beine wachsen im Tanzrhythmus nach.
Der Schaum der Tage: Die Kritik
Der Bilderreigen bewegt sich hart an der Grenze zur visuellen Überdosis. Einen schlüssigen Plot gibt es nicht. Das steht im Einklang mit den Traumwelten des Surrealismus, die der rationalen Logik den Kampf ansagten. Im Film verändert sich die Grundstimmung allmählich. Der Wechsel von illustren Fantasiefreuden zum hoffnungslosen Leiden einer Sterbenden korrespondiert letztlich mit Frankreichs Literaturszene der 1940er Jahre, die nach dem Weltkriegs-Trauma vom Existentialismus und von dessen ängstlich-verzweifelter Sinnsuche erfasst wurde. Jean-Paul Sartre darf karikaturesk als eine Art Sonnenkönig ein Bad in der Menge nehmen.
Regisseur Gondry reiht einen schrägen Einfall an den anderen. Wer als Zuschauer staunen will über eine bizarre Sicht auf die wundersame Welt, sollte ein Bad im “Schaum der Tage” nehmen. Wer hingegen lieber prosaisch auf dem Boden der Tatsachen bleibt, dem dürfte in dem Skurrilitätenkabinett doch etwas schwindelig werden.
(APA)
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