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„Der Rückhalt gibt neuen Mut“

Florian Kohler spielt mit offenen Karten und spricht über seinen Konkurs.
Florian Kohler spielt mit offenen Karten und spricht über seinen Konkurs. ©WANN & WO/MJ
Die Insolvenz von Anziehbar/Kantine-Betreiber Florian Kohler (35) kam wie aus dem Nichts. Gegenüber "Wann & Wo" wagt der Dornbirner Gastronom den Schritt an die Öffentlichkeit.

Anfang Jänner wurdfe das Konkursverfahren gegen den Betreiber der Anziehbar und der Spielboden-Kantine eröffnet. Für Florian Kohler kam die Meldung ebenso überraschend, wie für viele seiner Gäste, Kollegen und Freunde. Nach dem ersten Schock tritt der Vollblut-Gastronom nun an die Öffentlichkeit.

WANN & WO: Wie hast du auf die plötzliche Insolvenz-Meldung reagiert?

Florian Kohler: Ich war wie vom Donner gerührt, als mich mein Anwalt angerufen hat. Fünf Minuten später kam dann die Info aus den Medien – der nächste große Schock. Mein Telefon lief heiß, es nahm mir zunächst den Boden unter den Füßen. Wirklich realisiert habe ich es dann beim Blick auf mein Konto, das sofort eingefroren wurde. Ich wusste nicht mehr weiter, und wie ich mit der Situation umgehen sollte. Ein erster Anker war das Telefonat mit Spielboden-Geschäftsführer Peter Hörburger, der mir trotzdem sein Vertrauen ausgesprochen hat. Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen hatte, kam es dann noch dicker. Schon beim morgendlichen Brötchenkauf habe ich mir überlegt, welcher Bäcker mich am wenigsten kennt. Am schlimmsten für mich war, dass ich mein Team nicht wirklich informieren konnte, da ich selber nicht wusste, wie es weitergeht.

WANN & WO: Wie hast du dann reagiert?

Florian Kohler: Nach Gesprächen mit Anwalt und Masseverwalter folgte die Abwicklung des Konkursverfahrens. Wir waren bereits im Herbst des Vorjahres beim Finanzamt und hatten Pläne präsentiert, wie beide Unternehmen geführt würden. Umso heftiger war dann für mich der Entscheid, trotz unseres Sanierungskonzepts das Konkursverfahren zu eröffnen.

WANN & WO: Worin liegen die Gründe für deine Insolvenz?

Florian Kohler: Bei einer rückwirkenden Betriebsprüfung sind einige Fragen offen geblieben, als ich damals mit meinen Betrieben weiter gezogen bin. Ich konnte aber alles argumentieren, auch die Abzahlung der Verbindlichkeiten. Mit der Übernahme der Kantine im Sommer kam ich dann ins Straucheln. Aber ohne Risiko geht es in unserer Branche nicht.

WANN & WO: Wie hat dein Team reagiert?

Florian Kohler: Nachdem es öffentlich wurde, hat sich alles überschlagen. Mir war wichtig, die Betriebe und meine Mitarbeiter zu schützen, und dass es mehr um meine Person geht. Außerdem habe ich immer mit offenen Karten gespielt. Neuen Mut habe ich aus dem Rückhalt geschöpft, den mir mein Team gegeben hat. Sie haben mir von Anfang an ihre vollste Unterstützung versichert. Keiner verlässt das Schiff, bevor es nicht im Hafen ist. Deshalb folgte auch das Facebook-Posting. Ich wollte einfach, dass die Leute die Hintergründe kennen. Das Feedback war enorm. Egal ob Anwälte, Freunde, Stammgäste, Gastronomen oder sogar Sohm-Gründer Hannes Rothmeyer haben mir den Rücken gestärkt.

WANN & WO: Wie schwierig ist die Fortführung des Betriebes jetzt?

Florian Kohler: Alles läuft über den Masseverwalter, meine Konten sind gesperrt. Das bedeutet, wöchentlich genaue Kalkulation und viel Bürokratie, was es nicht einfach macht. Jede Bestellung wird abgeklärt und hinterfragt, bevor sie freigeben wird. Zumindest bis zum 15. März, dem Tag der Schlussverhandlung.

WANN & WO: Wie sieht deine Zukunft aus?

Florian Kohler: Es wird zu strukturellen Veränderungen kommen. Mein Baby Anziehbar wird aber weiter gedeihen, vielleicht unter neuer Führung, aber mit derselben Philosophie. Für die Gäste wird sich nichts ändern, beide Betriebe laufen weiter. Dafür kämpfen wir bis zum Umfallen!

Statements aus der Dornbirner Nightlife-Szene

„Die richtige Wahl“

Peter Hörburger, GF Spielboden: „Eine Insolvenz ist eine unangenehme Erfahrung. Wie Flo damit umgeht, finde ich selbstbewusst und gut. Es bestätigt mich wiederholt darin, dass wir mit Flo, Alex und dem Kantineteam die richtige Wahl getroffen haben. Ich bin mir sicher, es wird noch viele positive Kantinenentwicklungen in den nächsten Jahren geben. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.“

„Wir stehen  alle hinter Flo“

Sigi Innauer: „Ich war schockiert von der öffentlichen Zurschaustellung. In der Gastronomie ist man ständig mit dem Gästen konfrontiert, was es nicht einfacher macht. Ich schätze Flo sehr, er hat immer weiter gemacht und wird auch diese Situation lösen. Wir stehen alle geschlossen hinter ihm.

„Gute Freundschaft“

Hannes Hagen, Conrad Sohm: „Mit Flo besteht seit vielen Jahren eine wirklich gute Freundschaft. Er bespielt viele Genres abseits des Mainstreams, die auch bei uns auf den Plattenteller kommen. Es gibt kaum Stammgäste vom Sohm, die nicht auch in der Anziehbar anzutreffen sind. Wir wünschen dem Team alles Gute. Es braucht einen Club wie die Anziehbar in der Stadt!“

(WANN & WO)

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