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Der Kadaver

19. Oktober 2016. Alte Hatlerstraße. Die Ruine des auseinandergebrochenen Gasthauses Rose ragt in den Himmel. Unmittelbar davor vergammelt das zum Wohnsilo heruntergewirtschaftete ehemalige Gasthaus Löwen. Man holt raus, was geht, investiert wird nichts. Unansehnliche Ödnis, lieblose Gebäudeansammlungen: das Hatler Zentrum. Das sterbende Viertel ergraut zum Friedhof hin. Schaufensterlöcher, Geschäfte- und Gasthaussterben. Ergebnis des jahrzehntelangen Versagens der Stadtgestaltung. Zentralisierung degradierte den historischen Bezirk zum Zubringer. Statt Geist und Geschichte der Stadt (der Dörfer) durch kluge Planung zu beleben, wird dilettiert. Zuletzt erfolgte die Flucht in eine ebenso dilettantische Bürgermitsprache: Städtische Farce vor kaputtem Hintergrund.

Am Rosenkadaver verbeißt sich grad die Baggerschaufel – das Löwenmaul des Konzerns? Auch der zieht heraus, was geht. Hier herrscht der Dummglaube, dass Zerstörung des Alten Bedingung des Neuen sei. Ein Kabel verheddert sich an der Schaufel. Kaputte Fenster, zerbrochene Glasscherben. Schmutzige Teppichfetzen. Zerrissene Wände. Stiegen führen ins Nichts, unten wie oben. Unter dem abgerissenen Dach kommt eine tote Antriebsmaschine ans Tageslicht. Ziegel häufen sich am Boden. Holztrümmer, zerschmetterte Betonteile. Schmutz. Blechhaufen im zerstörten Gasthausgarten. Müll, Holzabfälle, Rigipsbrocken. Verbogene Drähte. Tote Lichtschalter. Ein zerfetzter Sicherungskasten. Abgebrochene Röhren. Graue Himmelslöcher statt Türen. Fensterläden wackeln im Wind, bevor sie vom Bagger heruntergerissen werden. Das Löwenmaul zieht ein Waschbecken aus den Trümmern. In der durchlöcherten Garage lehnt eine Tafel mit aufgemalten Wappen. Ein Arbeiter sortiert Kaputtes. Die Bäume wurden umgelegt, der Garten mutwillig zerstört. Das Monstrum ist implodiert.

RAPS, der Löwe hat weit mehr Hunger, jetzt darf er endlich öffentlich seine Fangzähne in die noch vor kurzem atmende Gestalt hauen. Die gewählten Sklaven der SPARstadt halten sich fern vom toten Rosenhaufen und quaken ihr falsches Hyänengebell in die Pressefresse, mit Tatsachenverdrehung auf den eigenen Vorteil aus. Plappernde Stadtäte suchen ihr Versagen hinter Totloben zu verstecken. Das Dröhnen des rasant wachsenden LKW-Verkehrs der Arlbergstraße übertönt ihr Zukunftsgeschwätz. Von der Sägerbrücke her werden jetzt junge breite Straßen lebendig. Frisch asphaltiert machen sie sich bereit, in vier Spuren Richtung Wallenmahd zu ziehen. Hinter dem Rosenkadaver verkommt der erst neu errichtete Kindergarten zum Autoabgasspielplatz, der Hintern des EKZ.

Der Schlafvorort wird nur am Abend belebt. Dann lugen viele Hatler Tatort und Bingo. Das und ein paar Henneleknochen zum Abnagen ist den meisten Leben genug am „Garten“-Stadt-Zubringer.

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