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Der Frage der Mitschuld kann sich kaum jemand entziehen

Innsbruck - Die Flatz-Performance "Schuldig - nicht schuldig" lotete Engagiertheit und Zivilcourage des Publikums aus.
"Schuldig - nicht schuldig"

Schon in den 1970er- und 1980er-Jahren, als der Vorarlberger Künstler Wolfgang Flatz die meisten seiner Performances und Demontagen realisierte, hatte das Publikum die Möglichkeit vom passiven Zuschauer zum Akteur zu werden. Etwa um dem Künstler für Geld Verletzungen zuzufügen oder um eine für den Künstler schmerzhafte Konfrontation zu beenden. In einem der bekanntesten Stücke, der in der Sylvesternacht 1990 in der alten Synagoge in Tiflis uraufgeführten „Demontage IX“, ließ er sich kopfüber hängend zwischen Stahlplatten hin- und herbewegen. An diese Arbeiten schloss nun die aktuelle Performance „Schuldig – nicht schuldig“ an, die Flatz am Wochenende im Kunstraum Innsbruck aufführte. Als „Hardcore“-Finalakt zu seinem „Cella“-Projekt in Rom angekündigt stand fest, dass hier auch die Inhaftierungs-Thematik zum Tragen kommen sollte.

Die Mitschuld

„Schuldig – nicht schuldig“ vereint viele Aspekte der Arbeiten von Flatz. In jeder Ecke eines Raumes waren Metallplatten angebracht. Der in seiner eigens entworfenen Sträflingskluft hereingeführte Künstler wurde rasiert und mit Handschellen versehen. Nach diesem in einigen Strafsystemen üblichen Akt (der Demütigung) begann er in immer gleichem Tempo den Raum abzuschreiten. Beim jeweils akustisch verstärkten Schlag mit dem Kopf auf eine Platte wurden die Wörter „schuldig“ und „nicht schuldig“ ausgesprochen. Nach einiger Zeit versuchten einzelne Besucher den an der Stirn bereits heftig blutenden Künstler von seinem Tun abzuhalten, erst nach weit über zwei Stunden wurde die Aufführung gestoppt. Zu einer echten Auseinandersetzung unter den Zuschauern darüber, wie denn die Aktion zu beenden sei (etwa durch Verlassen), kam es nicht. Der Umgang mit Betroffenheit, das Betroffensein überhaupt, die Frage nach einer Mitschuld – all das sind Themen, die Flatz hier anspricht.

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