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Datenspeicherung: Kritik von Experten

Österreich - Das Europäische Zentrum für e-commerce und Internetrecht hat die geplante Umsetzung der EU-Richtlinie zur so genannten Vorratsdatenspeicherung als "bedenklich" qualifiziert.

Nach dieser Richtlinie müssen die EU-Mitgliedstaaten Netzbetreiber und Access Provider dazu verpflichten, in den Bereichen Mobilfunk, Festnetztelefonie, E-Mail und Internettelefonie flächendeckend und verdachtsunabhängig sechs Monate lang zu speichern, wer wann mit wem und von welchem Ort aus kommuniziert. Die Begutachtungsfrist für die von Österreich dazu geplante Novelle des Telekommunikationsgesetzes ist am gestrigen Montag ausgelaufen.

Für das Europäische Zentrum für e-commerce und Internetrecht weist die in Österreich geplante Vorratsdatenspeicherung „ein beträchtliches Eingriffspotenzial“ auf, „das aus grundrechtlichen Erwägungen höchst problematisch ist. Der österreichische Gesetzgeber sollte daher bei der Umsetzung der Richtlinie mit großer Zurückhaltung verfahren“, raten die europäischen Experten.

Problematisch ist für sie auch, dass der Entwurf „schwere Straftaten“, zu deren Verfolgung die Vorratsdatenspeicherung erfolgen soll, als gerichtlich strafbare Handlungen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, definiert. Davon seien aber grundsätzlich auch Fahrlässigkeitsdelikte erfasst und die Auswertung der Daten würden keinem allgemeinen Richtervorbehalt unterliegen. Außerdem enthalte der Entwurf keinerlei Regelung über die Tragung der durch die Vorratsdatenspeicherung entstehenden Kosten. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu den vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Grundsätzen der Kostentragung im Zusammenhang mit der Überwachung der Telekommunikation.

Das Europäische Zentrum für e-commerce und Internetrecht verweist auch darauf, dass eine derartige flächendeckende verdachtsunabhängige Überwachung der gesamten Bevölkerung einen „schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention“ darstelle. Ein solcher Eingriff könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn die gewählte Maßnahme überhaupt geeignet sei, dem öffentlichen Interesse der Verfolgung von „schweren Straftaten“ zu dienen. Tatsächlich gebe es jedoch zahlreiche Möglichkeiten die Vorratsdatenspeicherung zu umgehen, z. B. durch die Verwendung von Wertkarten-Handys. Mitglieder krimineller bzw. terroristischer Organisationen würden sich der Vorratsdatenspeicherung daher leicht entziehen können, weshalb tatsächlich nur jene Personen von der Überwachung betroffen wären, die eigentlich gar nicht Ziel der Überwachung seien.

Das Europäische Zentrum für e-commerce und Internetrecht bezeichnet sich selbst als „größte europäische Plattform für Rechtssicherheit im E-Commerce und Mobile Business“. Es steht unter der Leitung des Wiener Zivilrechtlers Wolfgang Zankl, hat seinen Sitz in Wien sowie Niederlassungen in London, Leipzig, Prag, Budapest und Brüssel.

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