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"Das Positive geht verloren"

Wolfurt - Burnout war das aktuelle Thema beim Mini Med-Abend im Wolfurter Cubus.
Der Abend als Video

Primar Dr. Peter König, der Leiter der Abteilung Psychiatrie I am LKH Rankweil, begann das Thema Burnout mit der Depersonalisierung oder Dehumanisierung in unserer Gesellschaft: „Es kommt zu einem Verlust der Menschlichkeit, des humanen Aufeinander-Zugehen-Könnens.“ Anzeichen sind etwa eine negative, zynische Einstellung zu Kollegen, und das nicht nur im Sinne eines bösen Witzes, sondern durch eine dauerhafte Haltung.

Am Anfang positiv

König betonte dabei, dass dies kein genereller Wesenszug der Betroffenen ist: „Charakteristisch ist, dass der Patient am Anfang sehr positiv eingestellt ist, was aber immer mehr verloren geht.“ Es folgt ein sozialer Rückzug, weil die negative Einstellung zum Überwiegen kommt, bis hin zu völliger Isolation. Es kommt zu einem Vermeidungsverhalten, dem Reduzieren der Arbeit, einer generellen Leistungsunzufriedenheit. König: „Dieses Gefühl der Erfolg- und Machtlosigkeit, die fehlende Anerkennung und chronische Überforderung führen zum Burnout.“

Die „Einengung“ geschieht auch im Gefühlsleben – sehr stark im privaten Bereich: „Gedanken werden nur noch in eine Richtung zugelassen, und zwar ins Negative. Die Wertwelt wird reduziert – was am Anfang als erstrebenswert empfunden wurde, wird abgewertet und letzten Endes gleichgültig.“

Die depressive Grundstimmung – vermischt mit Zynismus und der Abwertung anderer Personen – führt zu einer Aggressionsbildung, die nicht nach außen abgebaut werden kann. Dies kann sich gegen die eigene Person richten – bis hin zu Selbstmordphantasien.

Depressive Stimmung

Für Außenstehende gilt: „Erste Warnzeichen sind, dass jemand nur ganz schwer abschalten kann.“ Primar König betonte, dass diese Situationen beileibe nicht nur in einem klassischen Managerjob, sondern etwa auch bei der Pflegesituation einer schwerkranken Angehörigen auftreten kann: „Für viele Frauen ist das eine klassische Burn-out-Situation.“

Die Betroffenen ziehen sich vermehrt zurück, nehmen oft Arbeitsprobleme mit in die Freizeit. Die Freude an der Arbeit geht mit der Zeit völlig verloren – Konzentrationsschwächen und Vergesslichkeit sind die Folge. Ein Alarmzeichen: „Man braucht viel mehr Erholungszeit, fühlt sich seit Monaten matt, ausgelaugt und erschöpft.“ Der Primar warnte auch Helfer oder Freunde: „Beim Eingreifen ist Vorsicht angebracht, um nicht selbst überfordert zu werden.“ Verständnisvoll und geduldig zuhören ist eine große Hilfe, aber auch hier darf man die eigene Belastbarkeit nicht überschätzen. Wichtig ist: Man soll nicht zu lange warten, wenn man etwas bemerkt, um selbst aktiv zu werden.

Entlastung suchen

König rät, zuerst eine momentane Entlastung zu suchen, um dann gleich mit professio-nellen Kräften zusammenzuarbeiten. Später sind auch unterstützende Maßnahmen, etwa eine Supervision (auch in Gruppen, Bsp. Selbsterfahrung) zu empfehlen.

Zu den Burnout-Risikofaktoren zählt das Arbeitsumfeld – wobei Arbeit in dem Sinn jede Tätigkeit sein kann, die jemand ausübt, aber nicht mehr gern macht. Dr. König erklärte in diesem Zusammenhang, was ein „gutes Arbeitsklima“ ausmacht.

Wie vermeiden?

Wie man ein Burnout vermeiden kann? Zum Thema „persönlichen Lebensstil“ nannte der Primar das Beispiel Deutschland, wo laut einer Studie Erwachsene im Durchschnitt 30 Stunden pro Woche vor dem Fernseher sitzen! Den Erholungswert, vor allem bei den vielen Werbepausen, sieht der Experte gleich null: „Die Informatio-nen bieten keinerlei Erholung oder Rekreation.“ Auch der Arbeitsstil – dabei geht es um organisatorische Maßnahmen im Arbeitsalltag wie Zeitmanagement, realistische Zielsetzungen, und nicht zuletzt die notwendigen Pausen – spielt eine große Rolle. Zu den am höchsten Burnout-gefährdeten Berufsgruppen gehören Lehrberufe oder Jobs in der industriellen Fertigung. Am unteren Ende stehen Bauern und Gärtner – König sieht einen Grund darin, dass sich diese ihre Tätigkeit zu großen Teilen selbst gestalten bzw. einteilen können.

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