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Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist Tradition

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Im Jahr 1939 begann die Geschichte des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker - Rund ein Dreivierteljahr nach dem Anschluss an Hitler-Deutschland und ein Dreivierteljahr vor dem Ausbruch de Zweiten Weltkrieges.
Festspiel-Auffahrt zu Wiener Philharmoniker
Depardieu und die Wiener Philharmoniker

Clemens Krauss leitete am 31. Dezember im Großen Musikvereinssaal ein “Außerordentliches Konzert”, das Johann Strauß gewidmet war. Erst unter Krauss wurde der Grundstein für die Strauß-Tradition des 1842 gegründeten Orchesters gelegt. Bis dahin hatte man sich der Werke des Walzerkönigs nur zu Ausnahmsfällen wie großen Jubiläen angenommen. Erst nach dem Ende der Monarchie hatten die Philharmoniker begonnen, den Donauwalzer als Zugabe bei Auslandstourneen zu spielen.

Die Neujahrskonzerte begannen also an einem Silvester und erst das nächste Konzert war für einen Neujahrstag angesetzt: Am 1. Jänner 1941 hatte wiederum Krauss die Leitung inne, der über alle Kriegsjahre bis einschließlich 1945 zu Neujahr wienerisch aufspielte. Der Donauwalzer wurde erstmals 1945 als Zugabe gespielt. 1946 und 1947 leitete schließlich Josef Krips die Neujahrskonzerte, wobei 1946 die Veranstaltung – bis dahin unter “Johann-Strauß-Konzert” oder “Philharmonische Akademie” firmierend – erstmals offiziell Neujahrskonzert hieß. Clemens Krauss übernahm nach der Aufhebung des Verbots öffentlicher Auftritte ab 1948 bis zu seinem Tod 1954 wieder die Neujahrskonzerte, denen seit 1952 auch ein Termin am Silvestertag vorangestellt ist.

Nach der Ära Krauss und einigen Kalamitäten in der Nachfolgeregelung wählte man schließlich die Variante, Willi Boskovsky, den ersten Konzertmeister, als Stehgeiger einzusetzen und auf einen Dirigent zu verzichten. So begann 1955 eine 25-jährige Erfolgsgeschichte, die eng mit dem Fernsehen verbunden ist, das am 1. Jänner 1959 erstmals das Neujahrskonzert übertrug und dem Event so zu internationaler Popularität verhalf.

Als Willi Boskovsky nach 1979 krankheitshalber auf die Leitung verzichten musste, griff man wieder zur Variante mit Dirigent. Lorin Maazel übernahm als designierter Direktor der Staatsoper die Leitung des Neujahrskonzerts 1980, die er durchgehend bis 1986 innehatte und dann wieder 1994, 1996, 1999 und 2005. Nach der Auftaktära Maazel wechselten die Maestros zwar häufiger, Zubin Mehta (1990, 1995, 1998 und 2007) sowie Riccardo Muti (1993, 1997, 2000 und 2004) können jedoch ebenfalls einige Neujahrsauftritte vorweisen.

Im “Strauß-Jahr” 1999 war das Thema des Konzerts klar vorgegeben, im Jahr 2000 zeigte man sich europäisch, in dem jene Städte und Länder widergespiegelt wurden, die von der Familie Strauß bereist worden waren. Mit einem Donnerwetter fuhr 2001 “Debütant” Nikolaus Harnoncourt ins Repertoire des Neujahrskonzerts und entschlackte als Originalklangsucher Donauwalzer und Radetzkymarsch.

2002 stand der schnöde Mammon im Mittelpunkt: Unter Seiji Ozawa wurde thematisch die Ankunft des Euros begrüßt. 2003 gratulierte Harnoncourt mit seinem zweiten Auftritt der neuen Kulturhauptstadt Graz. 2004 brachte Muti zurück ans Pult, der den Weltfrieden beschwor und den EU-Ratsvorsitz von Irland mit der angeblich irisch beeinflussten “Zigeunerin-Quadrille” von Strauß würdigte.

Besinnlicher gestaltete sich nach der Tsunami-Katastrophe in Asien das Konzert 2005, als nach Absage der Politprominenz die Karten zugunsten der Opfer versteigert wurden. Nicht ohne Mozart kam dann 2006 aus, läutete es doch das ultimative musikalische Jubeljahr der Zweiten Republik ein. Im Folgejahr stand dann Josef Hellmesberger jun. im Jahr seines 100. Todestags im Mittelpunkt, während 2008 Georges Pretre bei seiner Premiere am Pult das Jahr der Fußball-EM 2008 begrüßte und zur Zugabe pfiff.

2009 schließlich wurde zum Beginn des Haydn-Jahres von Daniel Barenboim der Jubilar und das mit ihm verbundene Nachbarland Ungarn geehrt, während 2010 von Pretre eine “Liebeserklärung an die Welt” zur deftig-schwungvollen Hommage an die französische Heimat des Dirigenten geriet. 2011 steht nun der neuen Generalmusikdirektor der Staatsoper, Franz Welser-Möst, am Pult, der auf Klassiker wie “Reiter-Marsch” und “Donauweibchen” setzen will.

Die Dirigenten der Neujahrskonzerte: Clemens Krauss 1939, 1941-1945, 1948-1954 Josef Krips 1946, 1947 Willi Boskovsky 1955-1979 Lorin Maazel 1980-1986, 1994, 1996, 1999, 2005 Herbert von Karajan 1987 Claudio Abbado 1988, 1991 Carlos Kleiber 1989, 1992 Zubin Mehta 1990, 1995, 1998, 2007 Riccardo Muti 1993, 1997, 2000, 2004 Nikolaus Harnoncourt 2001, 2003 Seiji Ozawa 2002 Mariss Jansons 2006 Georges Pretre 2008, 2010 Daniel Barenboim 2009 Franz Welser-Möst 2011

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