Die Österreichische Notariatskammer hat im Frühjahr 2017 den Wissenstand der Österreicher erhoben: Nur jeder achte Befragte schätzt seine Kenntnisse „gut“ ein. Die Reform brachte grundlegende Änderungen bei zahlreichen erbrechtlichen Bestimmungen, z. B. die Formvorschriften für fremdhändig bzw. am Computer verfasste Testamente.
Die Änderungen
- Mit einem Testament kann die gesetzliche Erbfolge geändert und klar bestimmt werden, wer Erbe wird. Es kann auch eine Erbaufteilung angeordnet werden, damit jeder bekommt, was er bekommen soll. Das gesetzliche Pflichtteilsrecht, das den Nachkommen, dem Ehegatten oder eingetragenen Partner des Verstorbenen zusteht, setzt dem Testament allerdings inhaltliche Schranken. Künftige Auseinandersetzungen zwischen den testamentarischen Erben und den Pflichtteilsberechtigten können durch notarielle Pflichtteilsverzichtsverträge vermieden werden.
- Mit dem neuen Erbrecht gelten neue Formvorschriften für fremdhändig bzw. am Computer verfasste Testamente, um diese fälschungssicher zu machen. Wird gegen diese Formvorschriften verstoßen, ist das Testament ungültig.
Ein Überblick
- Die letztwillige Verfügung muss vom Verfügenden in Gegenwart von drei gleichzeitig anwesenden Zeugen eigenhändig unterschrieben und mit einem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen werden, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Neben der eigenhändigen Unterschrift könnte der eigenhändig zu schreibende Zusatz beispielsweise wie folgt lauten: „Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen“ oder „Mein Wille“, „Das will ich“ oder „So soll es sein“. Ein Zusatz wie beispielsweise „ok“ wäre hingegen unzureichend.
- Die Identität der Zeugen muss aus der letztwilligen Verfügung hervorgehen. Dafür sind der Vor- und Familienname sowie das Geburtsdatum oder die Adresse der Zeugen erforderlich. Diese Angaben können auch fremdhändig geschrieben werden. Sie müssen somit nicht vom Zeugen eigenhändig verfasst werden. Hingegen muss der Zeuge unterschreiben und unbedingt einen eigenhändigen Zusatz hinzufügen, der auf seine Zeugeneigenschaft hinweist (z. B. „als Zeuge der letztwilligen Verfügung“ oder „als Testamentszeuge“). In allen Fällen ist es zusätzlich ratsam, Ort und Datum der Unterfertigung hinzuzufügen. Dies muss nicht eigenhändig geschehen. Fehlen Ort und/oder Datum, ist die letztwillige Verfügung trotzdem wirksam.
- Neben der fremdhändigen letztwilligen Verfügung gibt es wie bisher die eigenhändige letztwillige Verfügung, die vom Verstorbenen zur Gänze eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. Zeugen werden bei dieser Testamentsform nicht benötigt.
- Alle bei einem Notar errichteten oder hinterlegten letztwilligen Verfügungen werden im Österreichischen Zentralen Testamentsregister registriert. Damit ist Rechtssicherheit verbunden. Nach dem Ableben einer Person muss ein Notar als Gerichtskommissär nachforschen, ob eine letztwillige Verfügung registriert ist. Derzeit sind im Österreichischen Zentralen Testamentsregister über 2,2 Mill. letztwillige Verfügungen registriert.
- Gemeinsam mit einem Rechtsexperten wie dem Notar kann ein Testament erstellt werden, das dem Willen des Erblassers entspricht und Streit unter den Hinterbliebenen vorbeugen kann. Der Notar hilft nicht nur, alle Fragen zu beantworten, sondern auch die richtigen Fragen zu stellen. Derzeit haben rund 20 Prozent der Österreicher ihren letzten Willen testamentarisch verfasst. Österreichweit sind über 500 Notarinnen und Notare tätig. Eine erste Rechtsauskunft ist kostenlos und unverbindlich. www.notar.at

Fragen an Mag. Thomas Huf, öffentlicher Notar in Götzis:
Grundsätzlich kann man ein Testament auch selbst verfassen. In welchen Fällen sollte man sich an einen Rechtsexperten wie den Notar wenden?
Bei der Errichtung eines Testamentes ist neben der bloßen Formfrage eine Vielzahl weiterer Rechtsfragen zu berücksichtigen, welche Einfluss auf die ideale Gestaltung des Testamentes haben können. So ist etwa auch das Vorhandensein pflichtteilsberechtigter Personen, allfällige lebzeitige Schenkungen, die Art und der Umfang des vorhandenen Vermögens sowie nicht zuletzt auch steuerliche Gesichtspunkte bei der Testamentsgestaltung zu berücksichtigen. Bei diesbezüglichen Unsicherheiten empfiehlt es sich daher, sich an einen Experten wie den Notar zu wenden.
Viele Österreicher denken, dass sie kein Testament benötigen und verlassen sich auf das gesetzliche Erbrecht. Ist das empfehlenswert?
Das gesetzliche Erbrecht stellt oftmals nicht die gewünschte und/oder ideale Erbfolge dar. Zudem können sich auch im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Erbrecht ergänzende Fragestellungen – insbesondere im Zusammenhang mit der Pflichtteilsberechtigung und anrechnungspflichtigen lebzeitigen Schenkungen – ergeben, welche eine Beurteilung durch einen Rechtsexperten erfordern. Wer auch hier auf Nummer sicher gehen will, sollte den Rat eines Experten einholen, ob die gesetzliche Erbfolge im konkreten Einzelfall auch wirklich den eigenen Vorstellungen entspricht.
In welchem Alter bzw. in welchen Fällen sollte man über eine letztwillige Verfügung nachdenken?
Mit der Errichtung Ihres Testamentes sollten Sie nicht bis zum letzten Moment warten. Wenden Sie sich vielmehr möglichst rechtzeitig an einen Rechtsexperten wie den Notar, da ansonsten ein überraschendes Ableben oder ein unvorhergesehener Verlust der Testierfähigkeit die Errichtung eines Testamentes verunmöglichen können.
Ist es ratsam, bestehende Testamente immer wieder einer Kontrolle zu unterziehen? Welcher Rhythmus ist sinnvoll?
Vermögensverhältnisse und Lebenssituationen können sich ändern und eine Anpassung eines bereits erstellten Testamentes bedingen. Insbesondere im Falle der Gründung von Unternehmen, Heirat bzw. Eingehen einer Lebensgemeinschaft oder der Geburt bzw. dem Ableben von Kindern sollte ein vorhandenes Testament auf dessen Stimmigkeit überprüft werden. Aber auch ohne solch markanten Ereignisse empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen – etwa alle zwei bis vier Jahre – das eigene Testament durchzusehen und sich selbst die Frage nach einer erforderlichen Änderung zu stellen.
Verlieren fremdhändige Testamente, die vor dem 1. Jänner 2017 erstellt wurden, auch ihre Gültigkeit, wenn sie nicht den neuen strengen Formvorschriften entsprechen?
Die neuen strengen Formvorschriften gelten erst für ab dem 1. Jänner 2017 errichtete Testamente. Früher errichtete Testamente verlieren daher nicht ihre Gültigkeit.
Viel zum Vererben
- Die Österreicher besitzen Vermögen in Höhe von rund 1,3 Billionen Euro.
- In den nächsten drei Jahrzehnten werden jährlich rund 17 Milliarden reines Geldvermögen vererbt. Die Anzahl der Erbschaften soll von derzeit 40.000 auf über 60.000 im Jahr 2030 ansteigen.
- Durchschnittlich erhält jeder Österreicher ein Erbe von 80.000 Euro.
- Zwei Drittel der Österreicher haben laut einer marketagent-Studie im Auftrag der Österreichischen Notariatskammer kein Testament.
Das neue Erbrecht im Überblick:
Die wesentlichen Neuerungen
- Änderungen im gesetzlichen Erbrecht: Die Stellung des Ehegatten bzw. des eingetragenen Partners gegenüber Seitenverwandten des Verstorbenen (Geschwister, Neffen und Nichten) wurde verbessert. Lebensgefährten, die bisher leer ausgegangen sind, wenn es kein Testament gibt, bekommen ein außerordentliches Erbrecht.
- Das Pflichtteilsrecht wurde in wesentlichen Punkten geändert: Der Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen wurde neu definiert. So steht den Vorfahren des Verstorbenen (Eltern und Großeltern) kein Pflichtteil mehr zu. Die Erfüllung des Pflichtteilsanspruches kann gestundet werden. Das Pflichtteil kann auf die Hälfte reduziert werden, wenn über einen längeren Zeitraum (etwa 20 Jahre) kein familiärer Kontakt bestanden hat.
- Die Formvorschriften bei fremdhändigen bzw. am Computer verfassten Testamenten wurden neu geregelt, um sie fälschungssicherer zu machen.
- Erstmals gibt es einen Anspruch auf Abgeltung der Pflege des Verstorbenen durch Angehörige. (gesetzliches „Pflegevermächtnis“) Quelle: ÖGIZIN GmbH
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