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"Das freundliche Gesicht der FPÖ": Hofer hat genug

Für Norbert Hofer war es nach zwei Jahren Zeit zu gehen.
Für Norbert Hofer war es nach zwei Jahren Zeit zu gehen. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer schmiss die FPÖ-Obmannschaft nach zwei Jahren und einem Konflikt mit Herbert Kickl. Er galt als "das freundliche Gesicht der FPÖ".
Hofer tritt zurück

Die FPÖ steht nach zwei Jahren wieder ohne Parteichef da. Norbert Hofer, der nach dem Ibiza-bedingten Aus von Heinz-Christian Strache die am Boden liegende Partei übernommen hatte, schmiss nach einem offen ausgetragenen Konflikt mit Klubobmann Herbert Kickl hin. Ob der als "verbindliche Blaue" geltende Hofer damit auch seine wiederholt geäußerten Ambitionen auf eine neuerliche Bundespräsidentschaftskandidatur begräbt, ist offen. Dritter Nationalratspräsident will er bleiben.

Hofer, der sich auch gerne selbst als "das freundliche Gesicht der FPÖ" bezeichnete, galt stets als loyaler Parteiarbeiter, der seinen Platz dort fand, wo ihm die Partei diesen zuwies. So fügte sich der gelernte Flugzeugtechniker auch dem Wunsch Straches, 2016 als Spitzenkandidat in die Bundespräsidentschaftswahl zu gehen, bei der er zu Überraschung vieler die größten blauen Stimmengewinne aller Zeiten einfuhr. Nach klarem Sieg in Runde eins folgte das epische Stichwahl-Duell gegen Alexander Van der Bellen, der ihm im dritten Anlauf doch noch den Weg in die Präsidentschaftskanzlei versperrte.

Hofer als Dritter Nationalratspräsident

Um den freundlichen Stil bemühte sich Hofer auch stets in seiner Rolle als Dritter Nationalratspräsident - was ihm Anerkennung auch über die Parteigrenzen hinweg einbrachte, obwohl der Fan des umstrittenen Malers Odin Wiesinger einer der Chefideologen der FPÖ und keinesfalls deren liberalerem Lager zuzuordnen ist. Auch pflegt Hofer Verbindungen zu konservativen Kreisen wie dem elitären St. Georgs-Orden, bei dem er Ehrenritter ist. Bei der Schülerverbindung Marko-Germania zu Pinkafeld ist er Ehrenmitglied.

Nach dem Ibiza-bedingten Aus Straches war das Hofer als "seriöses Gesicht der FPÖ" der logische Nachfolger. Er selbst bezeichnet sich oft gerne als jener Mann, der in der FPÖ dann zum Einsatz kommt, "wenn es schwierig wird". Zwei Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos und einen Tag nach dem Rücktritt Straches wurde Hofer vom Parteipräsidium am 19. Mai 2019 als neuer Parteichef designiert. Bei seiner dann im September erfolgten offizielle Wahl am Parteitag in Graz erreicht Hofer satte 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen.

Konflikt zwischen Hofer und Kickl

Freundlich blieb Hofer auch lange, was den Konflikt mit Herbert Kickl betraf. Zwar gab es auch bereits unmittelbar nach Straches Aus bereits Gerüchte, dass neben Hofer auch andere - darunter der nunmehrige Klubobmann - Interesse am Obmann-Job haben könnten. Nach Hofers Designierung und der folgenden Konsolidierung der Partei nach dem Ibiza-Desaster wurde es dann aber um die Führungsfrage ruhiger, auch wenn bei Wahlkampfauftritten oft klar wurde, dass Kickl und nicht Hofers rhetorisches Talent die Parteigänger fesseln konnte.

Immer offensichtlicher wurde der Graben zuwischen den beiden FPÖ-Spitzenfunktionären dann während der Corona-Pandemie. Während Kickl bald auf einen harten Anti-Regierungs-Kurs gegen den "Corona-Wahnsinns" einschlug, inklusive Ablehnung von Testpflichten und demonstrativer Sympathie für die Corona-Demonstranten, blieb Hofer bei deutlich milderen Tönen. Er zog die Sinnhaftigkeit der Impfung nicht infrage und stand auch öffentlich zu seiner persönlichen Immunisierung.

Streit über Maskenpflicht im Parlament

Der Konflikt gipfelte dann im April im Streit um die Maskenpflicht im Parlament. Während Kickl diese kategorisch ablehnte, warf Hofer seinem Gegenpart "Selbstüberhöhung" vor. Der freiheitliche Bundesrat Johannes Hübner kritisierte Hofer sogar offen stellt gar eine "Trennung im Vernünftigen" in den Raum.

Mitte April sorgte dann ein Beschluss des eigenen Parlamentsklubs gegen einen "fliegenden Wechsel" in die Bundesregierung für Aufsehen. Zwar dementierte Hofer Spekulationen, wonach dies geplant gewesen sein könnte, und rief zudem seine Partei via Aussendung "zu Ruhe und Einigkeit" auf. Berichte, er habe sich bereits mehrmals mit Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz getroffen, um einen Regierungswechsel zu planen, dementierte Hofer entschieden.

Kickl legte während Hofers Reha nach

Dass Kickl dann ausgerechnet während eines Rehabilitations-Aufenthalts seines Parteichefs weiter an dessen Stuhl sägte - und das auch noch öffentlich - brachte das Fass für Hofer wohl zum Überlaufen. Erstmals hatte der blaue Klubobmann schon im Februar die Obmannschaft als "reizvolle Überlegung" bezeichnet. Mitte Mai erklärte er dann, er würde als FPÖ-Spitzenkandidat bei einer Nationalratswahl zur Verfügung stehen, um Hofer nur kurz darauf auszurichten, dass dieser bei einer etwaigen Anklage im Zuge der Asfinag-Causa als Dritter Nationalratspräsident zurücktreten müsste. Auch inhaltlich ging der Zweikampf weiter, Hofer lehnte eine von Kickl ins Spiel gebrachte Zusammenarbeit mit SPÖ, Grünen und NEOS gegen die ÖVP dezidiert ab.

Schlussendlich kam es Ende Mai dann auch zum verbalen Showdown: "Wenn die Katze aus dem Haus ist, feiern die Mäuse Kirtag", meinte Hofer zu Kickls Ambitionen. "Mir fällt dann immer Tom& Jerry ein - und das ist für die Katze wenig schmeichelhaft", konterte Kickl. Hofers Abgang kam dennoch überraschend.

Privat pflegt Hofer das auch öffentliche gezeigte biedere Bild. Er lebt nach wie vor in seiner Heimatgemeinde Pinkafeld im Burgenland in einem einfachen Haus mit seiner zweiten Frau und einer Tochter. Drei weitere Kinder hat er aus einer früheren Beziehung. Hofers Hobby ist das Fliegen, was keine Selbstverständlichkeit ist. Denn als junger Mann erlitt er bei einem Paragleiter-Absturz schwerste Verletzungen und ist auch heute noch teilweise auf den Stock angewiesen. Dass er überhaupt so mobil ist, ist auf eiserne Selbstdisziplin zurückzuführen.

2 Jahre im Amt reichen für Rang 6 der 14 Parteichefs

Nur wenig mehr als zwei Jahre hat sich Norbert Hofer an der Spitze der FPÖ gehalten, ehe er sich nach einem Konflikt mit Herbert Kickl geschlagen gab. Für einen FPÖ-Parteivorsitzenden ist das aber keine so kurze Verweildauer: Hofer brachte es unter den bisher 14 Parteichefs immerhin auf Rang 6 - knapp hinter Susanne Riess-Passer, die 2002 die Konsequenzen aus den damaligen schweren Richtungsstreitereien zog.

Wien. In dieser ersten ÖVP-FPÖ-Regierungszusammenarbeit von 2000 bis 2006 war der Verschleiß an Parteichefs beim ständig zerstrittenen kleinen Koalitionspartner groß - und einige blieben nur wenige Wochen: Herbert Scheibner, damals Verteidigungsminister, sprang 2002 nur für 13 Tage (0,04 Jahre) ein. Auch nur interimistisch übernahm Hilmar Kabas 2005 (nach dem Rückzug Ursula Haubners) für 14 Tage das Ruder. Matthias Reichhold, der "wirkliche" Nachfolger Riess-Passers, hätte es eigentlich für länger angelegt gehabt - trat aber schon nach 40 Tagen, mitten im Nationalratswahlkampf, aus Gesundheitsgründen zurück.

Sein Nachfolger Herbert Haupt hielt sich vergleichsweise lang, nämlich ein Jahr und acht Monate (bis Juli 2004) im Sattel. Auf kein ganzes Jahr brachte es danach Ursula Haubner - weil sie am 4. April 2005 mit ihrem Bruder Jörg Haider das BZÖ mitbegründete. Noch einen fünften mit weniger als einem Jahr Verweildauer gibt es auf der Liste: Horst Schender, der 1989 interimistisch nach Alexander Götz einsprang.

Götz hielt sich 1978/79 ein Jahr und zwei Monate - und war somit, ebenso wie Haupt und auch schon der erste FPÖ-Chef Anton Reinthaller (1956-1958) keine zwei Jahre im Amt.

(APA/red)

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