Das Corona-Management der Schulen aus Sicht der Lehrervertreter

"Schulschließungen soll es nicht mehr geben, aber reicht das?" - Mit diesem Aufhänger stellen Vorarlberger Lehrervertreter infrage, dass Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink grundlegend zufrieden mit dem aktuellen Corona-Management in den Schulen ist.
Die Frage sei vielmehr: "Sind die Schulen und Lehrer mit dem Krisenmanagement der Politikerin einverstanden?"
Eindrücke aus dem Schulverbund zeigten eher Gegenteiliges. Unter den Lehrervertretern macht sich Unmut breit. Große Klassen, lange Wartezeiten bis die Test-Teams an den Schulen auftauchen, widersprüchliche Vorgaben, berichten die Vorarlberger LehrerInneninitiative (VLI) und Unabhängige Bildungsgewerkschaft (UBG) am Dienstag in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
"Ganze Regionen sind ampelmäßig auf ‚Orange’ und in den Schulen soll man so tun, als wäre alles ‚normal’. Mit Worten ist die Ausbreitung des Coronavirus an Schulen leider nicht aufzuhalten", kritisieren die
parteiunabhängige LehrerInnenvertretung (VLI) und die Interessensvertretung für PädagogInnen (UBG) unisono.
Regierende lassen die Lehrer im Stich
„Die Regierenden lassen die Lehrer im Stich, das wird immer deutlicher. Für die einzelnen Ampelphasen sind keine angemessenen Maßnahmen vorgesehen. Wir wissen, dass man mit Hygiene, mit Abstandhalten und regelmäßigem Lüften sich und andere schützen kann. Wirksam sind diese Regeln aber nur dann, wenn sie auch umsetzbar sind. Bis heute haben Land und Ministerium das nicht überprüft", lautet ein Vorwurf aus den Reihen der Lehrervertreter.
Gerhard Pušnik (AHS) ist überzeugt: "In den AHS in Vorarlberg sitzen in fast der Hälfte der Klassen über 25 Schülerinnen. Konkret heißt das, dass jeden Vormittag mindestens 5 Stunden lang 25, 26, 27, 28 oder 29 Schülerinnen Schulter an Schulter in einem Raum von gut 60 m2 sitzen. Von Abstand halten kann da keine Rede sein."
"Es braucht einen Plan B"
Katharina Bachmann (BMHS) sieht das ebenso: „Es braucht einen Mix an Maßnahmen, damit Prävention wirksam wird. Dazu gehören einfach auch kleinere Klassen und Gruppen, um den empfohlenen Mindestabstand eingehalten zu können. Und es braucht einen Plan B für den Fall, dass die Zahlen weiter steigen. Hybrid-Unterricht - eine Mischung aus digitalem und analogem Unterricht, das wird in anderen Ländern und auch an den Unis schon jetzt gemacht - dies sollte auf jeden Fall für die Oberstufenklassen überlegt werden."
Die Vorgaben aus Wien kämen oft zu spät, seien unpräzise und nicht immer praxistauglich, kritisieren die Lehrervertreter.
Gerhard Pušnik findet: „Es sollte endlich das Prinzip durchgängig umgesetzt werden, dass die Schulen, d.h. das Krisenteam mit Eltern- und Lehrervertreterinnen vor Ort, entscheiden können, wie Unterricht und Schule im Covid-19-Zeitalter möglich ist. Wir können und wollen nicht immer darauf warten, wie dem Ministerium gerade der Sinn steht und ob am Freitag noch eine Information aus Wien kommt, die dann am Dienstag noch präzisiert werden muss."
Zentrale Forderungen
„Wir sind dafür, dass Schulen offen bleiben. Doch um das zu ermöglichen, muss das Vorgehen mit den Schulen und den Lehrerinnen vor Ort abgestimmt werden. Wir brauchen eine Verdünnung, kleinere Klassen und zusätzliche personelle Unterstützung. Appelle sind gut gemeint, verbessern aber die Situation nicht.“
Die Lehrervertreter Bachmann und Pušnik sehen Schulschließungen nur als allerletzten Schritt, gerade deshalb treten sie für eine rasche Verbesserung der Arbeits- und Lernbedingungen ein.
Schöbi-Fink will keine weiteren Schulschließungen mehr
Die Entwicklung der Coronazahlen kennt in Österreich seit Wochen nur eine Richtung. Im VN.at-Interview begründete die Vorarlberger Schullandesrätin vor ein paar Tagen, warum Schulschließungen ihrer Meinung nach kontraproduktiv wären. „Das wäre gegen den Hausverstand“, wird Schöbi-Fink deutlich. Die Schüler wären zu Hause jeglicher Kontrolle entzogen, viele Eltern mit der Betreuung überfordert." Bildungsminister Heinz Faßmann ist wie die Vorarlberger Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink strikt gegen eine solche Maßnahme.
Die Schulen seien auf die Situation bestens eingestellt, versichert Schöbi-Fink. Am meisten Sorgen bereite ihr nicht das, was in den Schulen passiert: "Die größte Sorge bereitet mir das Verhalten der Menschen in ihrer Freizeit. Dort, wo wir nichts steuern können."
(Red.)