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Das bisher wärmste Jahr geht zu Ende

Das zu Ende gehende Jahr 2007 war nicht nur das Jahr heftiger Debatten über den Klimawandel, es war auch das wärmste seit Beginn regelmäßiger Messungen im 19. Jahrhundert.

In Mitteleuropa ist vor allem der ungewöhnlich sommerliche und trockene April im Gedächtnis geblieben – „dieser Frühling spiegelt in etwa das wider, was in circa 50 Jahren die Norm sein könnte“, sagte Klimaexperte Gerhard Müller-Westermeier vom Deutschen Wetterdienst.

Dass die Durchschnittswerte immer wieder übertroffen werden, ist nicht mehr ungewöhnlich. Überraschend war 2007 nur noch, wie deutlich sie übertroffen wurden.

Weltweit betrachtet war bereits der Jänner extrem warm – um 1,89 Grad über dem sogenannten Normalwert. Es war das erste Mal seit Beginn der weltweiten Messungen im Jahr 1880, dass irgendein Monat so stark vom Durchschnitt abwich. Im April waren es 1,37 Grad, die weltweit über dem Mittelwert gemessen wurden. Auch wenn die Dezemberwerte noch nicht feststehen, ist bereits klar, dass 2007 das bisher wärmste Jahr der nördlichen Hemisphäre war und deutlich über dem Durchschnittswert von 2005 liegt.

Und es ist nicht nur die Temperatur, die aus der Reihe tanzt. Wirbelstürme tauchen an Orten auf, wo sie bisher völlig unbekannt waren – etwa in Oman oder im Iran. In Südafrika hat es zum ersten Mal seit 25 Jahren heftig geschneit. Und auf der Insel Reunion im Indischen Ozean wurden innerhalb von drei Tagen 390 Zentimeter Regen gemessen – ein Weltrekord für diese Zeitspanne.

Auf mehr als 60 Prozent der Fläche der USA war es 2007 ungewöhnlich trocken. Die Großstadt Atlanta stand im November am Rand einer Trinkwasserkrise, weil das wichtigste Reservoir, der Lake Lanier auf einen Tiefststand sank. Ähnlich erging es im August und September dem Lake Superior, dem größten und tiefsten der Großen Seen. Auch Los Angeles erlebte das bisher trockenste Jahr seiner Geschichte.

In Australien gab es die schlimmste Dürre seit einem Jahrhundert, die drohende Klimakatastrophe entschied im November die Parlamentswahl. Trockenheit und Hitze verursachten in Südeuropa wieder zahllose Wald- und Buschbrände, am schlimmsten war Griechenland betroffen. Regen in Rekordmengen fiel hingegen in China, England und Wales. Und zum ersten Mal erlebte die Karibik zwei Hurrikane der höchsten Kategorie 5. Die Tropensturmsaison reichte mit „Olga“ bis in den Dezember hinein.

Örtliche Wetterextreme können nicht auf die globale Erwärmung zurückgeführt werden, sagen viele Wissenschafter. Aber die Häufung solcher vereinzelten Wetterextreme trage das Zeichen des von Menschen verursachten Klimawandels, sagt der britische Klimaexperte Phil Jones von der University of East Anglia. Nach den vier Berichten des Weltklimarats in diesem Jahr kann niemand mehr sagen, dass der Klimawandel nichts mit der Lebensweise der Planetenbewohner zu tun hat. Entsprechend massiv war im Dezember der Druck auf die Teilnehmer der Weltklimakonferenz auf Bali, zügig und entschlossen die Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll vorzubereiten. Der zähe Verlauf der Konferenz aber wollte nicht so recht zur gefühlten Dringlichkeit passen.

In der Arktis ist das Eis auf dem Rückzug. Die Nordwestpassage war noch nie so gut beschiffbar wie in diesem Jahr. Auf Grönland, einem der Reiseziele von Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesem Jahr, schmelzen die Gletscher. Und Russland meldete schon mal seine territorialen Ansprüche auf den Nordpol an.

Die Meteorologen haben seit mehr als einem Jahrzehnt viele merkwürdige Wetterjahre festgehalten. Aber noch nie war es so extrem wie 2007. Daran wird man sich gewöhnen müssen, sagen Forscher wie Michael McCracken vom Klimainstitut in Washington: „Wir haben einen zunehmenden Trend mit seltsamen Jahren. Ziemlich bald werden die seltsamen Jahre die Norm sein.“

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