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Das Beste vom Besten: Das Konzertprogramm

Meister der Musik von Nikolaus Harnoncourt über Christophe Rousset und Adam Fischer, Sir Colin Davis und Jordi Savall bis zu Annette Dasch und Thomas Quasthoff sowie Spitzenorchestern zu Gast.

Es kommt nicht oft vor, dass ein einzelner Ort für einen historischen Komponisten von so großer Bedeutung ist, wie Eisenstadt für Joseph Haydn. Genauer: Schloss Esterházy in Eisenstadt. Ein guter Teil des Haydn’schen OEuvres kam hier zur Uraufführung. Wenn der Meister im HAYDNJAHR 2009 umfassend geehrt wird, kommt dem Schloss abermals eine zentrale Rolle zu. Nicht nur als Aufführungsort und Originalschauplatz, sondern als Zentrum der Haydn-Welt, dessen genius loci die Musiker inspiriert – und auch jene, die sich konzeptionell der Haydn-Pflege widmen.

In Eisenstadt blicken die Haydn- Festspiele auf eine 20-jährige Tradition zurück, zwei Jahrzehnte, in denen das Werk des Komponisten mit all seinen Tiefenschichten musikalisch, wissenschaftlich und kuratorisch im Mittelpunkt stand. Die Festspiel-Büros finden sich ebenfalls hier im Schloss. Und sie atmen Haydn. Das ganze Konzertprogramm zum HAYDN-JAHR 2009 ist so zu einer großen dramaturgischen Komposition gewachsen, in der jeder Teil für sich (be)stehen kann – nicht zuletzt aufgrund der über Jahre gewachsenen Kontakte zu den großen und größten Haydn-Interpreten. Doch „das Gesamte“, so Festspielintendant Walter Reicher, „ist weit mehr als die Summe der einzelnen Teile“. So wird etwa Haydn als Vater der klassischen Symphonie ein ehrgeiziger programmatischer Schwerpunkt gewidmet: Über das Jahr verteilt kommen alle Haydn-Symphonien zur Aufführung. Titel des Projekts: „100&7 Haydn- Symphonien“.

Den Start macht Nikolaus Harnoncourt, der mit seinem Concentus Musicus zur Eröffnung am 31. März (Haydns Geburtstag) im Haydnsaal auf Schloss Esterházy gleich vier Symphonien zur Aufführung bringt: Eröffnet wird das Jubeljahr nicht mit dem berühmten Paukenschlag, nein, sondern mit der Symphonie Nr. 1. Es folgen drei der „großen“ Orchesterwerke – jedes aus einer anderen Schaffensphase Haydns: die „Feuersymphonie“ (Nr. 59), die Symphonie Nr. 95 und Haydns 100ste mit dem Titel „Militärsymphonie“.

Rund um Ostern ist „Haydn Sakral“ zu erleben, ein thematischer Schwerpunkt, der sich hier sehr sinnvoll bündeln lässt. Mit „Haydn Sakral“ wird geradezu exemplarisch sichtbar, wie in Eisenstadt die Liebe zu Haydn gelebt wird. Und wie sie sich in musikalischen Traditionen manifestiert. So sind Haydns Messen in den Kirchen der Stadt seit ihrer Uraufführung in ununterbrochener Kontinuität immer wieder zu hören – als Bestandteil und festliche Höhepunkte des kirchlichen Lebens. 2009 sind über das Jahr verteilt alle 12 vollendeten Haydn-Messen an Originalschauplätzen mit originalen Haydn- Orgeln zu erleben, zwei davon zu Ostern. Und zwar als Gottesdienste bei freiem Eintritt. Am Karfreitag werden seit über 100 Jahren Haydns „Sieben Worte“ in Streichquartettfassung gegeben. Das soll auch im HAYDN-JAHR 2009 nicht anders sein. Eingebettet ist all das in ein umsichtig ausgewähltes Sakral-Programm mit einer opulenten Aufführung von Haydns Oratorium „Stabat Mater“ als Höhepunkt.

Ganz im Gegensatz zu den „100&7 Haydn- Symphonien“ steht ein kleines, aber feines Festival rund um den 1. Mai 2009: Unter dem Titel „TRIOthlon“ wird hier Kammermusik gefeiert,genauer: das Trio und seine mannigfachen Erscheinungsformen im Werk Joseph Haydns. Neben den – teilweise ungewöhnlich besetzten – Klavier- und Streichtrios sind beim „TRIOthlon“ auch die wunderschönenBaryton-Trios zu hören, die Haydn für seinen Dienstherrn Fürst Nikolaus I. (den „Prachtliebenden“) schrieb, weil dieser das seltene Streichinstrument besonders liebte. Im Verein mit den zuletzt bei Brilliant Classic eingespielten Klaviertrio-Bearbeitungen schottischer Volkslieder entsteht so ein Programm, das sich nicht nur bekennenden Kammermusik- Junkies als faszinierendes „Schmuckkästchen“ präsentiert. Haydns OEuvre ist eben weit mehr als eine „Schöpfung mit Paukenschlag“. Und im HAYDN-JAHR 2009 wird klar, welch musikalisches Universalgenie Joseph Haydn war. Es gibt in Haydns kompositorischem Werk eine Menge zu entdecken.

Ein Festival im Festival im Festival ist der TRIOthlon-Schwerpunkt „dedicated2haydn“, in dessen Rahmen vom Haydn Trio Eisenstadt (das zahlreiche TRIOthlon-Konzerte bestreitet) Auftragsarbeiten zeitgenössischer Komponisten zur Uraufführung gebracht werden. Jeder der geladenen Komponisten – sechs stammen aus Österreich, sechs aus dem übrigen Europa und sechs aus anderen Kontinenten – soll dabei dem Genie Haydns auf seine ganz persönliche Art und Weise begegnen. Mit an Bord ist die argentinische Komponistenlegende Lalo Schifrin, bekannt nicht zuletzt durch seine Filmmusik, wie zum Beispiel für „Mission Impossible“.

„Jeder Komponist hat seine eigene Fangemeinde“, so Haydn-Spezialist Walter Reicher, „und jede Fangemeinde hat eine ganz eigene Beziehung zu ,ihrem’ Komponisten: Für Wagnerianer ist Wagner eine Religion, für Haydnverehrer ist Haydn ein Lebensgefühl.“ Ein positives. Denn Haydn, so Reicher, ist hoffnungslos positiv. Und dies selbst im Angesicht des Todes. Rund um des Meisters 200. Todestag am 31. Mai 2009 wird daher ein Programm geboten, das nicht nur durch seine illustre Besetzung besticht, sondern auch durch seine leuchtend positive Gestimmtheit: Das Freiburger Barockorchester, ein „Weltmeister der Alten Musik“ (Reicher), bringt jene vier berühmt-berüchtigten Symphonien, bei denen Haydn anspruchsvollste Partien für Naturhornvirtuosen untergebracht hat (darunter die Nr. 31 „Mit dem Hornsignal“). Die Academy of Ancient Music unter Paul Goodwin spielt am 30. Mai vier tragische und dabei durch und durch positive Symphonien: Die wunderschöne „Alleluja“ (Nr. 30), „La Passione“ (Nr. 49), die „Lamentatione“ (Nr. 26) und last but not least: die „Trauersymphonie“ (Nr. 44), deren langsamen Satz sich Haydn selbst zu seinem Requiem wünschte.

Joseph Haydn verstarb in der Nacht von 30. auf 31. Mai des Jahres 1809 in Wien, das zu diesem Zeitpunkt gerade von der Französischen Armee besetzt war. Napoleon ließ, so heißt es, zwei Ehrenwachen vor dem Haus des dahinscheidenden Meisters aufstellen. Der 31. Mai 2009 wird mit Haydns „Schöpfung“ begangen: Adam Fischer dirigiert die Österreichisch-Ungarische Haydn Philharmonie, als Solisten wirken u. a. Annette Dasch, Christoph Strehl und Thomas Quasthoff.

Im Jahre 1762 trat Fürst Nikolaus I., Haydns großer Gönner, seine Herrschaft an, vier Jahre später übernahm der Komponist die volle musikalische Verantwortung am Hause Esterházy. „Mein Fürst war mit allen meinen Arbeiten zufrieden, ich erhielt Beyfall (…) ich war von der Welt abgesondert (…) und so musste ich original werden.“ Mit diesen Worten beschreibt Haydn selbst jene Zeit. Und tatsächlich: Innerhalb von nur vier Jahren (ca. 1768–1772) schuf der Meister eine ganze Reihe von Experimenten – unerhörte Kompositionen, mit denen er nicht nur das innovative Fundament für sein eigenes Lebenswerk, sondern für die gesamte Klassik schuf. In diesen Jahren seines „Sturm und Drang“ begegnet uns Joseph Haydn als junges musikalisches Genie – ganz anders also als jener väterliche Freund Mozarts und Beethovens, den die musikhistorische Rezeption ins Zentrum gerückt hat.

Unter dem Titel „Sturm & Drang“ wird im Juni des HAYDN-JAHRS 2009 dieser junge Haydn vorgestellt. Spitzenorchester und -musiker wie The English Concert unter Harry Bicket oder Christophe Rousset mit Les Talens Lyriques bringen Ausnahmewerke, darunter Haydns Symphonie Nr. 45 (die sogenannte „Abschiedssymphonie“, bei der die Orchestermitglieder nach und nach einzeln abtreten) oder die als Theatermusik konzipierte Symphonie Nr. 60 („Il distratto“, zu Deutsch: Der Zerstreute).

Mit stolzen 19 Tagen und einer Vielzahl an musikalischen Angeboten sind die „Internationalen Haydn-Tage“ 2009 so umfangreich wie noch nie. Und erneut liest sich die Liste der beteiligten Klangkörper und Künstler wie das „Who is Who“ der Interpreten der Wiener Klassik. Mit dabei sind u. a. The Orchestra of the Age of Enlightenment, Ton Koopman mit seinem Amsterdam Baroque Orchestra und noch einmal das Freiburger Barockorchester, die Academy of Ancient Music und Adam Fischer mit der Österreichisch-Ungarischen Haydn Philharmonie. Außerdem: Jordi Savall, Christophe Rousset, Sir Colin Davis und die Dirigentin Michi Gaigg mit ihrem L’Orfeo Barockorchester.

Im Mittelpunkt stehen alle Londoner und Pariser Symphonien, darunter die berühmte „Symphonie mit dem Paukenschlag“ (Nr. 94, auch: „The Surprise“). Neben Orchesterwerken, Oratorien, Messen und Kammermusik ist zudem die konzertante Aufführung von Haydns letzter Oper zu erleben: „L’anima del filosofo”, so der offizielle Titel des auch als „Orfeo ed Euridice“ bekannten Werks.

Zum Abschluss des HAYDN-JAHRS 2009 wird also mit Orpheus’ Ausflug in die Unterwelt noch einmal eine dramaturgische Verlinkung hergestellt: zwischen dem Tod und der Macht der Musik.

Highlights:
Eröffnung: 31. März 2009
Haydn Sakral: 9.-13. April 2009
TRIOthlon / dedicated2haydn: 30. April-3. Mai 2009
Haydn-Gedenktage: 29. Mai-1. Juni 2009
Sturm & Drang 18.-21. Juni 2009
Internationale Haydn-Tage: Haydn: London & Paris, 9.-27. September 2009
Zyklus: Die Haydn-Akademie
9. Mai 2009, 6. Juni 2009
5. September 2009, 3. Oktober 2009

Das komplette Programm auf der Haydn-Homepage

 

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