AA

Das "Bähnle" ist ab Sonntag Legende

54 Jahre lang gehörten die Bergbahnen Bezau zu den touristischen Anziehungspunkten im Bregenzerwald.
54 Jahre lang gehörten die Bergbahnen Bezau zu den touristischen Anziehungspunkten im Bregenzerwald. ©Alfons J. Kopf
Neue Seilbahn für Bezau

Nach 54 Betriebsjahren erhält Bezau im Oktober eine neue Seilbahn

Ein Bericht von Alfons J. Kopf

Bezau. Um die 2,3 Millionen Fahrgäste haben die Bergbahnen Bezau in den vergangenen 54 Jahren Richtung Sonderdach und Baumgarten befördert. Am Sonntag, 11. Juli 2010, geht es letztmals bergauf: Die beiden Sektionen der Bahn werden stillgelegt und bereits im Oktober können Bergfreunde die neue Seilbahn benutzen – anstelle von bisher 8 Personen fahren dann bis zu 60 mit.

“Eine Seilbahn ist das sicherste Verkehrsmittel. Seit der Eröffnung der ersten Sektion im Jahr 1956 gab es keinen einzigen Unfall.” Betriebsleiter Rudolf Eberle ist zwar stolz auf “seine” Bahn, die noch mit dem gleichen Antrieb fährt wie vor 55 Jahren, er freut sich aber auch auf die Neuerung. “Im Herbst beim größten Andrang mussten die Gäste eine Stunde oder länger warten.” Zudem hat die alte Bahn ein Ablaufdatum: 2015 läuft die seilbahnrechtliche Konzession aus und eine Verlängerung war unwahrscheinlich.

Neubau seit März

Weder die Marktgemeinde Bezau noch die Tourismusbetriebe der Region wollten aber auf eine Bergbahn verzichten. Deshalb erfolgte der Beschluss zum Neubau und nach etwa fünf Jahren Planungsarbeit begannen die Bauarbeiten im März. Sie liegen trotz des ungünstigen Frühjahrswetters gut im Plan, beeindruckenden Herbstwanderungen Richtung Winterstaude oder Niedere steht also nichts im Weg.

Restaurant mit Sonnenterrasse

Die künftige Seilbahn Bezau führt über 2 km und 900 Höhenmeter zur neuen Bergstation, am Sonderdach ist ein Zwischenhalt eingeplant, allerdings muss nicht mehr umgestiegen werden. Hersteller Doppelmayr stattet die große Kabine mit zwei Tragseilen aus, Windsicherheit ist damit garantiert. Die bis zu 60 Fahrgäste pro Fahrt (300 bis 350 in der Stunde) werden von einem Wagenführer begleitet, Mittel- und Bergstation müssen nicht mehr besetzt werden. Und gleich zwei ausgebildete Maschinistinnen sorgen auch künftig für den tadellosen Betrieb.

Völlig neu ist das Bergrestaurant bei der Bergstation auf 1645 m Seehöhe. Es bietet ab November insgesamt 400 Sitzplätze, davon 250 auf der Sonnenterrasse. Beeindruckend ist der grandiose Weitblick vom Hinterwald bis ins Allgäu, von der Schweiz bis zum Bodensee.

Niedere eingebunden

Auf Baumgarten sind nicht nur Bergstation und Restaurant neu, die gesamte Umgebung ist erheblich besser erschlossen. Bewirtschaftete Alpen laden zum Zukehren ein, das Netz an Wanderwegen ist erheblich verbessert. Das kommt auch Wanderern zugute, die lieber gemütlich unterwegs sind und keine steilen Anstiege wünschen, es gibt aber auch herausfordernde Touren.

Rodelbahn

Natürlich profitieren auch die Wintersportler. Die ausgebaute Rodelbahn zur Mittelstation Sonderdach bietet besonderen Rodelspaß. Skifahrer, die ins nahe Skigebiet Niedere / Andelsbuch wechseln möchten, müssen keine steilen Tiefschneehänge mehr queren, es besteht eine komfortable Verbindung sowohl zu den Liftanlagen als auch zurück zur Seilbahn Bezau. Die Niedere samt den beliebten Startplätzen der Flugsportler ist also bestens eingebunden.

Bestens gewartet

Selbstverständlich war den Betreibern immer die sorgfältige Wartung der gesamten Anlage. “Und bestens gewartet wird die Bahn natürlich bis zur letzten Fahrt am 11. Juli”, unterstreicht Betriebsleiter Rudolf Eberle. Danach wird rasch abgebaut, damit die Seile für die künftige “Seilbahn Bezau” eingezogen werden können, mit denen die bisherige Trasse gequert wird. Statt der bisher zwei getrennten Bahnen mit je zwei Kabinen, die im Pendelverkehr laufen, wird nur mehr eine Kabine verkehren.

Die Talstation der neuen Seilbahn liegt nahe der bisherigen Station, auch die Mittelstation Sonderdach ist kaum verschoben. Lediglich die Bergstation liegt 71 Höhenmeter über dem jetzigen Endpunkt der Bahn, oberhalb der Niedere. Seilbahn und Restaurant erfordern Investitionen von rund 10 Mio. Euro, eingebracht von einer Reihe von Investoren, die Gemeinde Bezau ist mit 1 Mio. Euro beteiligt. AJK

Faktbox:
Aus Bergbahnen Bezau wird Seilbahn Bezau

“Nicht nur für den Fremdenverkehr ist diese Seilbahn gebaut, sie dient nicht minder auch der Berg-Landwirtschaft.” Das war im Jänner 1956 über die “1. Personenseilbahn des Bregenzerwaldes in Bezau” in der Tageszeitung zu lesen. Vier Jahre später ging die zweite Teilstrecke zwischen Sonderdach und Baumgarten in Betrieb. Auf beiden Sektionen der Bergbahnen Bezau sind bis heute zwei Kabinen unterwegs, die Platz für 8 bzw. 6 Personen bieten, pro Jahren wurden ca. 55.000 Personen befördert. Und die 1956 ebenfalls neu eröffnete Gastwirtschaft ist bis heute beliebt und bekannt durch die Wirtefamilie Innauer.

Noch heute beeindruckt die technische Ausstattung. Auf der oberen Sektion verkehren bis zum 11. Juli noch die gleichen Kabinen, mit denen 1960 der Betrieb aufgenommen worden war. Auch der Antrieb läuft seit 50 Jahren klaglos. Der spezielle Riemenantrieb hat sich offenbar bewährt, der kleine benzinbetriebene Hilfsmotor kam nur bei Übungen zum Einsatz. Auch die Hinweis- und Warnschilder im Maschinenraum haben die Jahrzehnte überdauert. Lediglich die elektronische Steuerung der Bergbahn musste vor 13 Jahren an aktuelle Anforderungen angepasst werden.

Weil künftig die gesamte Strecke nur noch mit einer Kabine befahren wird, heißt die Bahn künftig “Seilbahn Bezau”.

  • VOL.AT
  • Bezau
  • Das "Bähnle" ist ab Sonntag Legende