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D: Schröder will Arbeitsmarktreform trotzen

Der deutsche Bundeskanzler Schröder hat trotz der Massenproteste der vergangenen Wochen weitere Änderungen an der Arbeitsmarktreform ausgeschlossen. Die Reform Hartz IV werde „ohne Abstriche“ umgesetzt, sagte er vor Journalisten in Berlin.

Die Reform sei notwendig, um Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu geben, sagte Schröder. „Das, was sich mit dem Begriff Hartz IV verbindet, wird so umgesetzt, wie es beschlossen worden ist.“ Wirtschaftsminister Wolfgang Clement kündigte an, die Bundesregierung wolle jedem fünften Langzeitarbeitslosen einen Ein-Euro-Job verschaffen.

„Wir setzen darauf, dass sich am Ende die Einsicht durchsetzen wird, dass die Reform notwendig ist“, sagte Schröder in seiner Zwischenbilanz der Legislaturperiode. Er warf Teilen der Union und der PDS wegen ihrer Kritik an der Reform verantwortungsloses Handeln vor und nannte beide Parteien ein „Verhinderungsbündnis“.

Die Hartz-Reform sei die „wichtigste und komplexeste Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik“. Es werde eine „koordinierte Informationskampagne“ geben, um die Bürger aufzuklären. Das Reformpaket der Regierung Agenda 2010, von dem die Arbeitsmarktreform ein essentieller Bestandteil sei, zeige in einzelnen Punkten – etwa der Gesundheitsreform – schon Wirkung. Schröder sagte, wenn sich CDU-Politiker von der Hartz-Reform distanzierten, dann lähme dies die Reformbereitschaft in Deutschland. „Ich bedaure sehr, dass es in der Union eine Diskussion gibt, die den Anschein erweckt … als wolle man sich aus der Verantwortung schleichen.“

Schröder sagte, er habe zwar Verständnis dafür, wenn seine Sozialreform – aus seiner Sicht unberechtigte – Ängste bei den Menschen hervorrufe und diese ihr Recht wahrnähmen, dagegen zu demonstrieren. Er fügte allerdings hinzu: „Das sollte nicht in eine Parallele gebracht werden zu dem Widerstand gegen ein diktatorisches Regime.“ Die zunehmenden Proteste gegen die Hartz-Reform laufen vor allem in Ostdeutschland unter dem Begriff „Montagsdemonstration“. Unter dem selben Namen hatte es im Herbst 1989 Protestmärsche gegeben, die dazu beitrugen, das DDR-Regime zu stürzen.

Nach den Vorstellungen von Clement sollen mindestens 600.000 Langzeitarbeitslose mit Ein- bis Zwei-Euro-Jobs pro Stunde zusätzlich gefördert werden, um so ein Nettoeinkommen zwischen 850 und 1.000 Euro pro Monat erzielen zu können. Der Minister sagte in der Tageszeitung „Die Welt“, er rechne im Jahr der nächsten Bundestagswahl, 2006, mit Erfolgen der Reformen und sinkenden Arbeitslosenzahlen. Der Minister betonte, jedem Jugendlichen werde ab 2005 ein Angebot für einen Ausbildungsplatz oder eine Qualifizierungsmaßnahme unterbreitet. CDU-Vorsitzende Angela Merkel kritisierte die Pläne von Clement. „Wir brauchen Arbeitsplätze, die dauerhaft sind und keine Konkurrenz für den Mittelstand“, sagte Merkel am Mittwoch bei einem Wahlkreisbesuch in Ribnitz-Damgarten.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) rückte im Wirtschaftsmagazin „Focus-Money“ weiter von Hartz IV ab und bot der Bundesregierung Zusammenarbeit bei Korrekturen an. Die Kürzungen für Bezieher von Arbeitslosenhilfe wären dann berechtigt, „wenn es für alle eine Beschäftigung im ersten oder zweiten Arbeitsmarkt, ein Qualifizierungsangebot oder gemeinnützige Arbeit“ gebe.

Dagegen sprach sich FDP-Chef Guido Westerwelle für weitergehende Reformen aus. Notwendig seien auch Änderungen bei den Steuer-, Renten- und Gesundheitssystemen sowie in der Bildung, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Wer glaube, dass Hartz IV das Ende der Reformpolitik sei, „verkennt die dramatische Lage Deutschlands im internationalen Wettbewerb“.

Die Hartz-Reform sieht in Kern die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe vor – auf dem Niveau der Sozialhilfe (345 Euro monatlich). Von der Reform ist insbesondere der Osten Deutschlands betroffen, weil es dort im Verhältnis deutlich mehr Arbeitslosen- als Sozialhilfeempfänger gibt als im Westen.

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