Beck bekannte sich auf dem Sonderparteitag in Berlin zur Großen Koalition mit der Union. Bei der Wahl zum Parteivorsitzenden erhielt Beck 95,07 Prozent der Stimmen. Er erhielt damit ein gutes Ergebnis, blieb aber unter dem Ergebnis seines Vorgängers Matthias Platzeck. Dieser hatte bei seiner Wahl am 15. November 2005 ein Rekordresultat von 99,4 Prozent erzielt, war aber am 10. April nach nur 146 Tagen im Amt aus Gesundheitsgründen zurückgetreten.
Der neue Vorsitzende rief seine Partei auf, sich wieder stärker auf die Wurzeln der Sozialdemokratie zu besinnen. Die SPD müsse ihr klares Profil als linke Volkspartei wieder erkennbarer machen, sagte er beim Parteitag. Gleichzeitig versprach er, dass die Handschrift der SPD in der Großen Koalition weiter sichtbar bleibe. Freiheit und Gerechtigkeit seien keine Gegensätze und dürften nicht in ein schiefes Bild gesetzt werden, betonte Beck.
In der Steuerdiskussion und in der Debatte um eine Reform der sozialen Sicherungssysteme bekannte sich Beck dazu, dass starke Schultern mehr tragen müssten. So müssten auch Spitzeneinkommen mit der so genannten Reichensteuer einen Beitrag zur Konsolidierung leisten. Das hat überhaupt nichts mit Neid zu tun. Der Sozialstaat brauche eine angemessene Finanzierung. Wir plädieren nicht für einen üppigen oder alles beherrschenden Staat, aber wir werden für ein handlungsfähiges Gemeinwesen eintreten, unterstrich Beck. Dazu gehöre auch, die öffentlichen Haushalte in Ordnung zu bringen. Er versprach zugleich eine vernünftige und verantwortliche Unternehmenssteuerreform.
Wir sind die Partei der sozialen Marktwirtschaft, sagte Beck. Uns wächst die Aufgabe zu, die soziale Dimension in unserer Gesellschaft lebendig zu halten. Klar bekannte sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident in seiner knapp 90-minütigen Rede zur Tarifautonomie und zum Kündigungsschutz. Wir werden keine Strategie mitmachen, die die Gewerkschaften in die Knie zwingt, sagte er. Wir werden nicht zulassen, dass alles, was uns in dieser Gesellschaft wichtig ist, der Ökonomie untergeordnet wird.
Platzeck verabschiedete sich mit einer kämpferischen Rede als SPD-Parteichef. Mit bewegter Stimme und Tränen in den Augen betonte noch einmal, wie schwer ihm die Entscheidung zum Rücktritt gefallen sei. Er warnte die Sozialdemokraten vor Mutlosigkeit und Verzagtheit. Er wünschte sich, dass die SPD weiter die Kraft der Erneuerung ist. Dazu gehöre auch die von ihm eingeleitete Erarbeitung eines neuen Parteiprogrammes.
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, kritisierte in einem Grußwort scharf die Politik der Großen Koalition. Er wandte sich gegen die geplante Anhebung der Mehrwertsteuer und eine Senkung von Unternehmenssteuern. Sommer rügte die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre und lehnte strikt eine Lockerung des Kündigungsschutzes ab. Er mahnte die SPD, die Partei der kleinen Leute zu bleiben und deren Interessen nicht zu vergessen.
Eine Kontroverse mit dem linken Parteiflügel um die Steuerpolitik der Großen Koalition ist unmittelbar vor dem Parteitag beigelegt worden. Im Leitantrag heißt es jetzt, die geplante Reform der Unternehmenssteuern solle weitgehend aufkommens-neutral sein. Die Linke wandte sich gegen Entlastungen für die Unternehmen angesichts von Mehrbelastungen für die Bürger. Die SPD ist und bleibt die Partei der sozialen Gerechtigkeit, heiß es in dem zehnseitigen Leitantrag ferner. Die Große Koalition hat Chancen, und wir wollen ihren Erfolg.
Zum Nachfolger Becks als SPD-Vizechef wurde beim Parteitag der Finanzminister des ostdeutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn, gewählt. Bullerjahn erhielt 84,79 Prozent der Stimmen. Der 43-Jährige ist einer von fünf stellvertretenden Vorsitzenden.
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