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D: Ausweitung des Entsendegesetzes

Gegen heftigen Widerstand von Wirtschaft und Opposition hat die rot-grüne deutsche Regierung die Ausweitung des Entsendegesetzes beschlossen. Das Kabinett billigte am Mittwoch die Eckpunkte der Novelle.

Mit dieser soll die Bekämpfung von Lohndumping weiter voran getrieben werden. Mitte Mai soll das Gesetzgebungsverfahren beginnen. Nach den Plänen der Regierung sollen künftig in allen Branchen Mindestlöhne vereinbart werden können, die dann auch für ausländische Arbeitnehmer gelten müssen.

„Ich glaube, dass das ein richtiger Weg ist“, sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Er zeigte sich zuversichtlich, dass auch der Bundesrat dem Vorhaben zustimmen wird. Bisher habe er aus der Opposition „diffuse Stellungnahmen“ vernommen, sagte der SPD-Politiker.

Bisher gilt das Entsendegesetz nur für die Bauwirtschaft und wenige andere Branchen. Es verpflichtet ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, bestimmte Arbeitsbedingungen wie Mindestlöhne und Urlaubsregelungen einzuhalten. Anlass für das Gesetz sind ausländische Unternehmer, die ihre Dienste mit eigenem Personal in Deutschland zu Dumpingpreisen anbieten und die einheimische Konkurrenz damit verdrängen.

Nach der Neuregelung sollen die Tarifpartner auch in anderen Branchen als dem Baugewerbe Mindestlöhne vereinbaren können. Dafür sind aber einheitliche Tarifvereinbarungen notwendig. Falls nur ein Tarifpartner einen solchen Schritt wünscht, kann die Bundesregierung dies per Verordnung durchsetzen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums haben sich bisher nur die Gebäudereiniger entschieden, das Entsendegesetz zu nutzen. „Wir haben kein Interesse daran, irgendjemanden zu seinem Glück zu zwingen“, sagte Staatssekretär Gerd Andres. Er zeigte sich aber „hoffnungsvoll“, dass die Neuregelung auch in anderen Branchen im Kampf gegen Lohndumping helfen kann.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt machte verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Gesetz geltend, weil Mindestlöhne ohne einen Konsens der Tarifparteien eingeführt werden könnten. Die Neuregelung sei kontraproduktiv und schaffe mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit. „Arbeitsplätze werden ins Ausland und in Schwarzarbeit verdrängt oder fallen ganz weg.“

Auch die Opposition lehnte das Gesetz ab. „Dies würde die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns durch die Hintertür bedeuten“, erklärte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ronald Pofalla. „Damit würde der Arbeitsmarkt betoniert statt flexibilisiert.“ Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sprach von einem „Programm für Schwarzarbeit und noch mehr Arbeitslosigkeit“. Durch Mindestlöhne werde kein einziger Arbeitsplatz gerettet.

SPD-Chef Franz Müntefering verlangte europaweite Mindeststandards bei den Steuern, um einheitliche Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass Billigarbeiter aus Osteuropa als Scheinselbstständige für Hungerlöhne auf deutschen Schlachthöfen arbeiten“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Gegen solche Auswüchse muss der Staat mit aller Härte vorgehen und auch das Strafrecht anwenden.“ Viele Dinge ließen sich aber nicht im Alleingang machen. „Deshalb dringen wir darauf, möglichst in ganz Europa Mindeststandards bei den Steuern einzuführen“, sagte der SPD-Vorsitzende.

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