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D: Alle Augen auf Merkel gerichtet

Allmählich dürfte Angela Merkel dieses Gefühl als selbstverständlich nehmen: Am Wochenende werden wieder alle Augen neugierig auf die deutsche Bundeskanzlerin gerichtet sein.

Nach ihren Antrittsbesuchen in Paris, Brüssel, London, Warschau, Washington, Moskau und jetzt in Nahost sowie ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos blicken diesmal führende Außen- und Verteidigungspolitiker aus aller Welt auf die neue deutsche Regierungschefin. Sie erwarten Auskunft von Merkel über die künftige deutsche Militärstrategie. Vor über 40 Ministern wird die Kanzlerin am Samstag die 42. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik eröffnen. Das Treffen ist vom Rang her inoffiziell – in den vergangenen Jahren steckte es aber voller Brisanz. Vor allem das Vorgehen der USA im Irak bestimmte die jüngsten Sicherheitskonferenzen. „I am not convinced“ – ich bin nicht überzeugt – schmetterte der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor drei Jahren kurz vor Beginn des Irak-Kriegs entgegen. Die Beziehungen Deutschlands zu den USA befanden sich in ihrer schwierigsten Phase. Die Erholung leiteten noch Fischer und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ein, bei Merkels Washington-Besuch Mitte Jänner war das Verhältnis schon wieder normalisiert. Umso spannender ist, wie Merkel die Rolle der deutschen Bundeswehr im internationalen Verbund definieren wird.

Traditionell ist München der Ort fürs Grundsätzliche, vor einem Jahr etwa ließ der erkrankte Schröder in einer vom damaligen Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) vorgelesenen forschen Rede eine Neuausrichtung der NATO fordern. Selbstbewusste Töne werden diesmal auch von Merkel erwartet, die in den vergangenen Jahren als Oppositionsführerin mit zurückhaltenden Statements kaum auffiel.

Konferenzleiter Horst Teltschik sieht nun aber bei Merkel die führende Rolle unter den großen europäischen Ländern: Da in Frankreich praktisch schon der Wahlkampf um die Nachfolge von Staatspräsident Jaques Chirac laufe, Großbritanniens Premierminister Tony Blair umstritten sei und in Italien Wahlen unmittelbar bevor stehen sei sie als starke Kraft auf dem internationalen Parkett gefragt.

Zumindest vom Rang ihrer Teilnehmer zeigt die deutsche Regierung in München Stärke: Außer Merkel werden auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) an der Konferenz teilnehmen. Aus Russland, England und Frankreich kommen die Verteidigungsminister Sergej Iwanow, John Reid und Michele Alliot-Marie und natürlich Rumsfeld. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer wird ebenso in der bayerischen Landeshauptstadt sein wie der Chef-Außenpolitiker der EU, Javier Solana.

Die offizielle Tagesordnung der am Sonntag endenden Sicherheitskonferenz wird dabei diktiert von der aktuellen Außenpolitik. Außer dem Dauerbrenner Zukunft der NATO wird es damit in diesem Jahr vor allem um den Iran und dessen Atompolitik gehen, die Sicherheitslage in Israel nach dem Erfolg der Hamas, sowie die Zukunft des Kosovo.

Es wird eine iranische Delegation erwartet wird. Ihr gehören unter anderem der stellvertretende Außenminister für juristische und internationale Angelegenheiten, Abbas Araghchi, und der Chefunterhändler bei den Nuklearverhandlungen, Javad Vaeidi, an.

Dass in München praktisch zwischen Tür und Angel Weltpolitik gemacht wird – parallel zur Konferenz finden in den Zimmern des Nobelhotels Bayerischer Hof traditionell informelle Gespräche statt -, ruft auch Kritiker auf den Plan. Der Bundesausschuss Friedensratschlag aus Kassel kritisiert, dass sich „Oberbefehlshaber von Armeen ein Stelldichein geben, die zur Zeit völkerrechtswidrig den Irak besetzt halten und dort immer noch Krieg führen“.

Doch während sich in den Vorjahren tausende in München auf die Seite der Kritiker schlugen und die Konferenzen mit lautstarkem Protest begleiteten, stellt sich die Polizei diesmal auf ein vergleichsweise ruhiges Wochenende ein. Wegen der „allgemeinen Großwetterlage“ in der Politik werde nur ein kleines Aufgebot an Protestierenden erwartet, sagt ein Polizeisprecher. Mit 4000 Einsatzkräften wird die Polizei aber dennoch das Hotel hermetisch abriegeln und sowohl in der Innenstadt als auch auf den Zubringerstraßen nach München kontrollieren.

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