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"Christmas in Vienna" mehr Show als Tradition

"Christmas in VIenna" ist dieses Jahr mehr Show als Tradition.
"Christmas in VIenna" ist dieses Jahr mehr Show als Tradition. ©APA/HANS PUNZ
Dirigent Sascha Goetzel bot beim Traditionsevent "Christmas in Vienna" im Wiener Konzerthaus mehr Show als Tradition. Besinnliche Weihnachtsstimmung kam dabei selten auf.

"Christmas in Vienna" oder nicht doch "Hollywood in Vienna"? Bei der 26. Auflage des Traditionsevents konnte man gestern, Samstag, im Wiener Konzerthaus nie ganz sicher sein. Von besinnlichem, weihnachtlichem Charme war jedenfalls weniger zu spüren als von bunter, lauter Knalligkeit. Zu überprüfen ist dieser Live-Eindruck heute um 22.15 Uhr in ORF 2 und am Heiligen Abend ab 18.45 Uhr auf ORF III.

Bühnenkulisse der Superlative

Auf der Konzerthaus-Bühne stehen gleich sechs Weihnachtsbäume, deren Schmuck grotesk groß wirkt. Sie und der Rest der Bühne werden im Lauf der zwei Konzertstunden in allen Bonbonfarben angestrahlt. Doch nicht nur die Äußerlichkeiten sind dick aufgetragen: Was Sascha Goetzel mit großer Geste dirigiert, ist von ihm und Karl Scheibmaier zusammengestellt sowie von Christian Kolonovits, Johnny Bertl, Gerald Wirth und Walter Lochmann arrangiert, als gelte es, die Weihnachtsfeier der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Hollywood zu bestreiten. "Still, still, still" ist an diesem Abend bloß der Titel einer intonierten Salzburger Volksweise, nicht aber die Devise auf der Bühne. Dort gibt Goetzel dem Affen Zucker bzw. Windbäckerei und lässt das ORF Radio-Symphonieorchester Wien aufspielen, als wäre Weihnachten ein Blockbuster, dessen bombastische Special Effects (Erscheinen des Christkinds, Materialisierung von Geschenken, Ausbrechen von Frieden und Besinnlichkeit) nur den entsprechenden Soundtrack benötigen, um voll zur Wirkung zu kommen.

Weihnachtsstimmung war nur selten

Das ist schade bzw. wäre nicht nötig gewesen. Denn mit Marianne Crebassa, Beate Ritter (sie sprang für die erkrankte Genia Kühmeier ein), Michael Schade und Bo Skovhus war ein Quartett hervorragender Solisten aufgeboten. Ihre Ausnahmequalitäten durften sie an diesem Abend jedoch nur in Ausnahmefällen unter Beweis stellen - etwa in Cesar Francks "Panis Angelicus", dem Crebassa mit den Wiener Sängerknaben große Innigkeit verlieh. Ansonsten regierte im geistlichen Auftakt-Teil und im traditionellen Mittel-Block die Devise "mehr ist mehr", fuhr im polyglotten Teil, in dem traditionell die Herkunftsländer der Protagonisten im Zentrum stehen, der "Gospel Train" durch den Weihnachtswald wie ein Steam Train durch Disneyland, und dröhnte im Weihnachtsliedermedley "Feliz Navidad" durch den Saal, als gäbe es nach dem Heiligen Abend kein Morgen mehr.

Weihnachtsstimmung und ein Gefühl für den Zauber des besonderen Anlasses kam nur selten auf. Etwa bei Barbara Laister-Ebners Zitherspiel mit den Sängerknaben. Oder bei der Zugabe. Johnny Bertl begleitete da die vier Spitzensänger zu "Stille Nacht" ganz alleine auf der Gitarre, ehe leise und zurückhaltend das RSO einsetzte. So geht das mit der Besinnlichkeit und Weihnachten. Der Rest ist Show. Und nicht Tradition.

(APA/red)

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