Zuerst die schlechte Nachricht für alle, die glauben, alles zu wissen: Der Weihnachtsmann stammt nicht aus der Werbeabteilung von Coca Cola. Sorry, hier ist kein subtiler US-Kulturimperialismus am Werk.
Der Weihnachtsmann ist eigentlich der Nikolaus
Der Ursprung des Weihnachtsmanns liegt viel weiter in der Vergangenheit, nämlich beim Nikolaus — jener der Santa zum Verwechseln ähnlich sehenden Figur, die den Bischof Nikolaus von Myra darstellt. Selbiger wirkte im römisch besetzten Griechenland rund um 270 n. Chr. und sorgte neben ein paar Wundern vor allem dafür, dass die alten Götter ausgetrieben wurden. Solch brachiale Missionsarbeit qualifizierte ihn zum Heiligen.
Dieser Bischof jedenfalls starb am 6. Dezember, das Jahr weiß man nicht genau, es war jedenfalls nach 300. Der Mann wurde also relativ alt, daher vielleicht die Darstellung mit weißem Rauschebart. Seitdem ist er ein Popstar unter den katholischen Heiligen und brachte ab dem Mittelalter den Kindern Geschenke, die er anfangs in ihre Schuhe legte (der US-Santa stopft sie heute noch in aufgehängte Socken) und zwar am 6. Dezember und hin und wieder auch am 28. (Tag der unschuldigen Kinder). Das mittelalterliche Weihnachtsfest verlief hingegen geschenkelos und unspektakulär.
Martin Luther, der Heilige und das Christkind
Das änderte sich, als Martin Luther ab 1517 zum Gründervater des Protestantismus wurde, der ja Heiligenverehrung ablehnt. Der (heilige) Nikolaus wurde durch die Fantasiefigur Christkind – den ‘heiligen Christus’, nicht wie oft angenommen den neu geborenen – ersetzt, die Geschenke auf Weihnachten oder auch Neujahr vertagt. Mit dem Lutheranismus setzte es zum Siegeszug durch das deutschsprachige Europa an und verdrängte den Nikolaus auf die Nebenbühne.
Interessanter Weise tat Luther damit, was eigentlich seiner Reformationslehre grundlegend widersprach und folgerichtig bis heute falsch verstanden wird: Er ersetzte eine an– und begreifbare Gestalt durch ein spirituelles Wesen, das in seiner absoluten Glaubensabhängigkeit zutiefst katholisch ist. Anders gesagt — den Nikolaus/Weihnachtsmann kann man sehen, er stapft durch den Schnee und wenn das Kind ganz mutig ist, kann es ihm auch schon mal die Meinung sagen. Das Christkind? Braucht keine Rechenschaft abzulegen, sich nicht um seine Schäfchen kümmern, es existiert nicht einmal außerhalb des Zeitfensters von 23. bis 25. Dezember. Dann kommt es von oben herab angeschwebt und beschließt je nach finanzieller Lage der Verwandtschaft, ob das Kind im letzten Jahr brav war oder nicht.
Die Geschenkebringer anderswo
In den angelsächsischen Ländern, in Skandinavien und Russland hatte das Christkind nie eine Chance. Von den USA aus startete 400 Jahre später auch ‚Santa’ sein Comeback, und hier kommt Coca Cola endlich ins Spiel. Die Farbe Rot in der Uniform des Weihnachtsmannes ist nämlich seit jeher — zufällig — auch die Markenfarbe des Getränkeherstellers. Seit den 30ern des 20. Jahrhunderts wurde er daher für vorweihnachtliche Werbung eingesetzt. Ob das tatsächlich zu seiner Rückkehr ins katholische Europa führte, ist umstritten. Die Annahme liegt aber doch recht nahe.
Es geht doch eigentlich um was Anderes
Realistisch betrachtet ist es also vollkommen egal, welche Fantasiefigur die Geschenkeberge aufstapelt und bleibt auch rein kulturell betrachtet eine Geschmacksfrage. Sicher ist, der Weihnachtsmann lässt sich besser vermarkten. Das Christkind ist ein bisschen mysteriöser und kann von Kindern nicht in jedem Einkaufszentrum mit Wünschen bombardiert werden. Aus der Geschichte spricht eigentlich nichts für eine friedliche Koexistenz der beiden Figuren. Also, wie wär’s mit ein bisschen Weihnachtsfrieden statt Kulturkampf zwischen Christkind und Weihnachtsmann!
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