Rund 100 Mediziner haben mit von der Merkur Versicherung angebotenem Hotline-Service Geld verloren. Für vier Stunden Telefondienst im Monat für ratsuchende Patienten sollten sie rund 840 Euro erhalten, dafür musste eine rund 40.000 teure Anlage geleast werden.
Angepriesen wurde das ganze als “Nullsummenspiel”, das den Ärzten dazu dienen sollte, Privatpatienten zu akquirieren. Die Mediziner blieben aber großteils auf Leasingraten sitzen und sollen noch weiter zahlen. Der prominente Wiener Chirurg Josef Funovics zieht nun vor Gericht.
Ermittlungen wegen Betrugsverdacht
Beklagt sind sowohl die Leasingfirma Leasfinanz als auch der Vermittler sowie die Tecomedica GmbH, Nachfolgerin der deutschen Medic Info Center (MIC), die bereits 2008 selbst einen Insolvenzantrag gestellt hatte. Gegen die MIC bzw. die beiden Geschäftsführer der Tecomedica laufen sowohl in Österreich als auch in Deutschland Ermittlungen wegen Betrugsverdachts.
Im Februar 2007 ist der mitbeklagte Vermittler an Funovics herangetreten und stellte dieser das MIC vor, heißt es in der Ende Juli eingebrachten Klage, die der Austria Presse Agentur vorliegt. Finanziert werden sollte die Computeranlage (“Praxismanager”) folgendermaßen: Am 1. jeden Monats sollte die Tecomedica dem Arzt eine Vergütung von mindestens 822 Euro bezahlen, am 15. jeden Monats sollte dieser dann 815 Euro an die Leasfinanz weiterleiten – vermeintlich ein “Nullsummenspiel” ohne Risiko. Der Arzt unterschrieb, im Mai 2007 wurde der “Praxismanager” in Betrieb genommen.
Für kurze Zeit habe das angepriesene Finanzierungsmodell funktioniert, “jedoch kam es in der Folge zu Zahlungsverzögerungen und schließlich zum Ausbleiben der ‘Vergütungen’ auf Basis des Kooperationsvertrages mit der zweitbeklagten Partei (Tecomedica, Anm.)”, führt Funovics’ Anwalt Eric Breiteneder aus. Dies, obwohl der Mediziner die für den Krankenversicherer zugesagten Telefondienste für Patienten erbracht habe. Ab 2008 habe sein Mandant kein Geld mehr von Tecomedica erhalten, dennoch habe er – “im Vertrauen auf die Vertragstreue” – der zum UniCredit-Leasing-Konzern gehörenden Leasfinanz noch bis Mitte 2009 monatlich 815 Euro überwiesen.
Im Februar diesen Jahres flatterte Funovics dann ein Schreiben von Leasfinanz ins Haus, wonach Leasingraten von knapp 20.000 Euro offen seien. “Komischerweise zog die Leasfinanz nicht einfach das Leasingobjekt ein, wie es etwa bei Autos gang und gäbe ist”, so Anwalt Breiteneder.
Sein Mandant will die 20.000 Euro jedenfalls nicht zahlen und verlangt auch seine bereits überwiesenen Leasingraten über fast 13.000 Euro zurück. Breiteneder behauptet in der Klage, dass es nie zu der im Vertrag geforderten Form der Übergabe des “Praxismanagers” gekommen sei, daher könnten die Leasingraten noch nicht fällig sein. Eigentliche Leasingnehmerin sei die Tecomedica, die Ärzte hätten das Geld quasi nur weitergeleitet. Insofern ortet der Anwalt einen Verstoß gegen vorvertragliche Aufklärungspflichten: Wären Funovics die “wirtschaftlichen Eigeninteressen” der beteiligten Unternehmen offengelegt worden, hätte er sich nie auf das Geschäft eingelassen. Vor allem nicht, wenn ihm der Vermittler gesagt hätte, dass er “selbst irgendwann für die Leasingraten aufzukommen hat”.
“Muster-Leasingverträge” benutzt
Auch die Leasfinanz sieht Josef Funovics’ Rechtsvertreter Eric Breiteneder in der Haftung: Sie hätte wissen müssen, dass der Vermittler “Muster-Leasingverträge” benutzt habe, da dieser der Leasfinanz zuvor bereits “gleichlautende” Verträge mit anderen Ärzten übermittelt habe. Den Berater habe der Chirurg Funovics als “verlängerten Arm” der Leasfinanz bzw. Tecomedica erlebt, somit seien dessen Aussagen den beiden Firmen zuzurechnen. Zudem habe der Vermittler von der Leasfinanz vermutlich Provisionen kassiert.
Leasfinanz wollte sich zu der Klage nicht äußern, “da es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren handelt”, wie der für Leasing zuständige Pressesprecher in der Bank Austria (UniCredit-Konzern), Martin Kammerer, auf Anfrage mitteilte. Auch die Tecomedica-Geschäftsführung in Wien ließ der APA über ihren Steuerberater Wolfgang Dietrich ausrichten, dass wegen des offenen Verfahrens kein Kommentar abgegeben werde.
Josef Funovics ist nicht der einzige Arzt, der sich in Österreich von den Versprechungen des Beratungsnetzwerks locken ließ. “Ich habe mit zirka 30 Ärzten gesprochen, und keinem war bewusst, dass er ein Leasinggeschäft eingeht und am Ende eventuell selbst zahlen muss”, sagte Breiteneder. “Bestenfalls hat es acht bis zehn Monate funktioniert, dann stellte die MIC die Zahlungen ein.” Was den Juristen weiters stutzig macht: Die Leasfinanz habe bereits im Sommer 2008 gewusst, dass die MIC die “Vergütungen” nicht mehr zahle, “trotzdem wurde noch im August/September Leasingverträge gegengezeichnet”.
Mit der Causa MIC muss sich nicht nur das Wiener Handelsgericht herumschlagen. Auch die Leipziger Staatsanwaltschaft ermittelt seit geraumer Zeit wegen Betrugsverdachts, als Beschuldigte werden die beiden Geschäftsführer der Tecomedica und weitere Personen geführt.
(apa)
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