AA

Chinesischer Online-Riese übernimmt MediaMarkt: Was das für den Handel bedeutet

JD.com übernimmt MediaMarkt: Auswirkungen auf Elektronikhandel, Arbeitsplätze und Omnichannel-Strategien in Europa.
JD.com übernimmt MediaMarkt: Auswirkungen auf Elektronikhandel, Arbeitsplätze und Omnichannel-Strategien in Europa. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Der europäische Einzelhandel erlebt einen Paukenschlag: Der chinesische Online-Riese JD.com sichert sich die Mehrheit an Ceconomy, der Muttergesellschaft von MediaMarkt und Saturn. Dieser Schritt ist weit mehr als nur eine finanzielle Transaktion; er signalisiert eine tiefgreifende Transformation im Elektronikhandel und wirft wichtige Fragen über die Zukunft der traditionsreichen Marken, die Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Sicherung tausender Arbeitsplätze auf.

Die Nachricht kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel, doch sie hatte sich angebahnt: JD.com, Chinas umsatzstärkstes Privatunternehmen und ein Gigant im E-Commerce, unterbreitet den Aktionären von Ceconomy ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot. Der gebotene Preis von 4,60 Euro je Aktie liegt ganze 43 Prozent über dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor Bekanntwerden der Gespräche, was die Entschlossenheit der Chinesen unterstreicht, sich diese strategische Position zu sichern. Mit einem Gesamtvolumen von 4,4 Milliarden Euro wird Ceconomy, ein Unternehmen mit über 22 Milliarden Euro Jahresumsatz und rund 50.000 Mitarbeitern in elf Ländern, neu bewertet.

JD.com hat sich bereits die Unterstützung wichtiger Großaktionäre gesichert, darunter die Familie Kellerhals (Gründer von MediaMarkt), Haniel, Freenet und die Beisheim-Stiftung, wodurch sie direkt 31,7 Prozent der Anteile halten werden. Diese Aktionärsvereinbarungen, insbesondere mit Convergenta (Kellerhals-Familie), sollen Kontinuität gewährleisten und das „Erbe der Familie“ fortführen. Dies deutet auf den Wunsch nach einer kooperativen, nicht-feindlichen Übernahme hin, die Stabilität im Wandel verspricht.

Zukunft des Elektronikhandels: Hybride Modelle und digitale Power

Ceconomy, mit seinen mehr als 1000 Märkten, ist traditionell stark im stationären Handel verwurzelt, auch wenn fast ein Viertel der Umsätze bereits online erzielt wird. Der bisherige Interims-Chef Kai-Ulrich Deissner betonte, dass Stillstand in Anbetracht der sich wandelnden Kundenbedürfnisse und Marktdynamiken keine Option sei. Hier kommt JD.com ins Spiel: Der chinesische Riese, der sich im Heimatland bewusst als Gegenpol zu Billiganbietern wie Temu positioniert, bringt nicht nur Kapital, sondern vor allem weitreichende Expertise in Technologie, Logistik und Lagerhaltung mit.

Die Partnerschaft soll die Marktposition von Ceconomy in Europa ausbauen und dessen Transformation vorantreiben. JD.coms Stärke im digitalen Bereich und in der effizienten Lieferkette könnte Ceconomy helfen, ein leistungsfähigeres Omnichannel-Modell zu entwickeln, das die Stärken des stationären Handels mit den Vorteilen des Online-Shoppings optimal verbindet. Dies ist entscheidend in einer Zeit, in der Kunden zunehmend nahtlose Einkaufserlebnisse über alle Kanäle hinweg erwarten.

Mitarbeiter und Standorte: Zusagen und gewerkschaftliche Forderungen

Ein zentraler Punkt des Deals sind die Zusagen von JD.com an die Belegschaft: Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Standortschließungen geben – zumindest für einen Zeitraum von drei Jahren. Auch bestehende Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und die Unternehmensmitbestimmung im Aufsichtsrat sollen gewahrt bleiben. Sandy Xu, die Vorstandsvorsitzende von JD.com, versicherte, man sei "fest entschlossen", in die Mitarbeiter und die "einzigartige Kultur des Unternehmens zu investieren".

Die Gewerkschaft Verdi hat diese Zusagen zwar zur Kenntnis genommen, fordert jedoch eine langfristige soziale Verantwortung und die Sicherung der Arbeitsplätze über die dreijährige Frist hinaus. Verdi-Bundesfachgruppenleiterin Corinna Groß machte klar: "Gegen die Beschäftigten kann sich der Konzern für die Zukunft nicht gut aufstellen." Sie fordert ein tragfähiges Zukunftskonzept und Investitionszusagen für den Erhalt der Filialen und des stationären Handels, um eine nachhaltige Perspektive für die Mitarbeiter zu schaffen.

Die Transaktion, die durch liquide Mittel von JD.com und ein Darlehen finanziert wird, soll vorbehaltlich aller Genehmigungen in der ersten Jahreshälfte 2026 abgeschlossen werden. Nach Abschluss des Angebots ist geplant, Ceconomy von der Börse zu nehmen.

  • Was bedeutet die Übernahme für Kunden von MediaMarkt und Saturn?

Kurzfristig sind keine drastischen Änderungen für Kunden zu erwarten. Langfristig könnten die Kunden von einer verbesserten digitalen Infrastruktur, schnelleren Lieferungen und einem breiteren Produktangebot profitieren, da JD.com seine Technologie- und Logistikexpertise einbringt und das Online-Geschäft stärken möchte.

  • Welche Rolle spielt JD.com im globalen E-Commerce?

JD.com ist eines der größten Online-Handelsunternehmen weltweit und gilt als das umsatzstärkste Privatunternehmen Chinas. Es ist bekannt für seine fortschrittliche Logistik, den direkten Warenbezug von Herstellern und den Fokus auf Qualität und Markenprodukte, im Gegensatz zu reinen Billiganbietern.

  • Sind die Arbeitsplätze bei MediaMarkt und Saturn langfristig sicher?

JD.com hat zugesichert, für drei Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und keine Standorte zu schließen. Die Gewerkschaft Verdi fordert jedoch darüber hinausgehende, langfristige Zusagen und ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Erhalt der Arbeitsplätze im stationären Handel, was auf Unsicherheit über die Zeit nach der dreijährigen Frist hindeutet.

  • VOL.AT
  • Welt
  • Chinesischer Online-Riese übernimmt MediaMarkt: Was das für den Handel bedeutet