Lange war die Schweiz als Hafen für Fluchtgelder korrupter Machthaber aus aller Welt verschrien. Inzwischen leistet sie jedoch Pionierarbeit bei der Rückgabe solcher Vermögen. Die Wende wurde vor 20 Jahren eingeleitet: Am 24. März 1986 verfügte die Regierung in Bern in einem damals beispiellosen Beschluss, die Millionen einzufrieren, die der ein Jahr zuvor gestürzte philippinische Ex-Machthaber Ferdinand Marcos in der Schweiz geparkt hatte.
Sowohl in der eidgenössischen Finanzwelt, die damals noch gegen die Maßnahme protestierte, als auch bei den Behörden hat sich seither vieles geändert. Mehr als eineinhalb Milliarden Dollar (1,240 Mrd. Euro) sind von Schweizer Bankkonten in die Heimatstaaten gestürzter Machthaber zurückgeflossen. Die Schweiz leert ihre Tresore, stellte die französische Zeitung Le Monde kürzlich fest.
Beispielhaft für den neuen Umgang der Schweiz mit den Vermögen ist der Fall des verstorbenen nigerianischen Alleinherrschers Sani Abacha. Nach jahrelangem Tauziehen wurden die rund 700 Mio. Dollar, die der Ex-Diktator in der Schweiz deponiert hatte, mittlerweile größtenteils an Nigeria zurücküberwiesen.
Nach Einschätzung des Chefs der Direktion für Völkerrecht im Schweizer Außenministerium, Paul Seger, leistete das Land in diesem Fall Pionierarbeit. Zum einen wurde auf Grund eines Urteils des Bundesgerichts erstmals eine große Geldsumme ohne Vorliegen eines Gerichtsentscheids im Herkunftsland zurückerstattet. Zum anderen soll ein Monitoring der Weltbank für größtmögliche Transparenz über die Verwendung dieser Gelder in Nigeria sorgen.
Die Schweiz bringt ihre Erfahrungen auch aktiv auf internationaler Ebene ein. Im kommenden Oktober wird laut Seger in Lausanne ein drittes informelles Treffen über den Umgang mit Potentaten-Geldern stattfinden. Erstmals sollen dabei auch Länder einbezogen werden, die um die Restitution von Geldern ersuchen, sagte Seger.
Allerdings hat jeder Fall seine Besonderheiten. So sind in der Schweiz noch immer Gelder des gestürzten haitianischen Ex-Präsidenten Jean-Claude Duvalier und des verstorbenen zairischen Machthabers Mobutu Sese Seko blockiert. Hier geht es aber um kleinere Summen von sieben beziehungsweise zehn Mio. Dollar. Im Falle Haitis stehe schon im Grundsatz eine Lösung, sagte Seger. Bei Mobutu erhebe ein Drittgläubiger Anspruch auf das Geld und nutze alle rechtlichen Möglichkeiten.
Noch komplizierter ist die Lage im Falle von mehr als 130 Mio. Dollar aus Kasachstan, die auf Schweizer Bankkonten liegen. Es handelt sich vermutlich um Bestechungsgelder von US-Ölkonzernen an Regierungsbeamte in Kasachstan. Hier unterstützt die Schweiz laut Seger einen Vergleich aller Beteiligten, muss zurzeit aber den Ausgang eines Gerichtsverfahrens in den USA abwarten.
Seger ist überzeugt, dass die Anstrengungen der Regierung auch dem Finanzplatz Schweiz dienen. Kritik aus Bankkreisen, wonach die Schweiz bei der Rechtshilfe inzwischen vorauseilenden Gehorsam leistet, teilt der Völkerrechtsexperte nicht. Die rasche, effiziente und kooperationsfreudige Rechtshilfe sei auf internationaler Ebene ein Trumpf und gewissermaßen ein Korrelat zum Schutz des Bankgeheimnisses im Steuerbereich.
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